Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
nicht auf seinem Unterleib, aber er spürte, wie sie ihn hielt.
»Die Frage, Parzival!«
»NEEEIIIN!« Plötzlich flammte Licht um ihn herum auf, und ihm wurde klar, dass seine Augen nicht geschlossen gewesen waren, sondern dass er sie die ganze Zeit über weit aufgerissen hatte. Er war lediglich in absoluter Schwärze gefangen gewesen. Jetzt konnte er sehen, und er sah die Frau, die nackt auf ihm kniete, ihren perfekten Körper, ihre blonde Mähne, die das Gesicht verbarg. Sie beugte sich zu ihm herab, der Haarvorhang teilte sich, und sie lächelte.
»Frau Polyxena …«
Ihr schönes Gesicht verzerrte sich plötzlich, als wäre es ein Spiegelbild in einem Teich, in den jemand einen Stein geworfen hatte, und am Ende eines atemlosen, horrorhaften Herzschlags war es das Gesicht, das er in der Teufelsbibel gesehen hatte, die grinsende Fratze, aus der eine gespaltene Zunge flackerte. Er zuckte vor Entsetzen, und ihr Schoß zog sich in einer köstlichen, schmerzhaften Bewegung zusammen und zerrte ihn über die Grenze. Er fühlte, wie die Kraft aus seinem Körper herausgepumpt wurde und sein Herz aussetzte. Das Grauen war ebenso gigantisch wie die Lust, und er – war wach.
Ein Echo in seinem Hirn hallte leise ins Vergessen: »Quo vadis, domine?« Das Echo hatte die Stimme der Herrin von Pernstein.
Seine Brust hob und senkte sich krampfhaft. Sein Atem schluchzte. Wild blickte er um sich. Er war allein in der kleinen Kammer, die man ihm zugewiesen hatte. Die Kerze war kaum merklich weitergebrannt; er musste eingenickt sein. Die Erinnerung an Vittoria, auch wenn sie geschändet worden war durch die Entwicklung des Traums, ließ ihn erstmals seit Tagen wieder zweifeln. War tatsächlich alles verloren und die Hand des Teufels die einzige, unter deren Schutz die Menschen noch flüchten konnten? Oder war erst alles verloren, wenn alles wirklich verloren war? Vittoria hätte eine Frage wie diese gestellt. Die Antwort, dessen war Filippo sich sicher, lag in der Teufelsbibel, ebenso wie die Antwort auf die andere Frage, deren Nachhall noch immer in seinem Ohr war.
Er schwang die Beine vom Bett, dann ließ ihn das Gefühl von nassem Leinen innehalten. Zögernd und mit steigendem Entsetzen raffte er die Soutane hoch und starrte auf seinen Schoß. Das Leinenhemd war schwer und nass. Die Restwärme der Ejakulation verwandelte sich an der Luft in kalte Klammheit und klebte sich an seine Haut wie die Berührung einer Amphibie. Er erschauerte. Dann sprang er plötzlich auf und knöpfte mit fliegenden Fingern die Soutane auf, feuerte sie auf das Bett, schlüpfte aus dem Hemd und stöhnte, als der nasse Fleck über seinen Bauch und seine Brust nach obenrutschte und der mehlige Geruch ihm in die Nase stieg. Als er nackt in seiner Kammer stand, begann sein bleicher, magerer Körper, in der Kälte zu zittern. Er ballte das Hemd zusammen und ließ es dann angeekelt fallen, als seine Handflächen sich mit zähkalter Nässe überzogen. Gehetzt sah er sich um. Schließlich riss er das Leinen von der Strohmatratze auf seinem Lager und rieb sich damit ab, ächzend und keuchend, bis seine Haut rot und geschunden war und er das Gefühl hatte, sich die Schamhaare büschelweise ausgerissen zu haben. Er fuhr sich mit der Hand zwischen die Beine und roch daran. Er wandte das Gesicht ab. Der Wasserbottich war sein nächstes Ziel. Er spritzte wild in der Kammer herum und begann zu schlottern, der Kälte des Wassers und der Luft wegen. Das Leintuch trat erneut in Aktion.
Doch so sehr er sich auch wusch und abrubbelte und mit den Zähnen klapperte, das schlimmste Mal ließ sich nicht tilgen: die steinharte Erektion, die nach seinem im Traum erfolgten Erguss geblieben war und weiterpochte, als spürte seine Männlichkeit das Rufen der Teufelsbibel noch immer.
Als man ihn nach Einbruch der Dunkelheit rief, war die Versteifung abgeklungen, nicht aber jene Mischung aus Ekel und Verlangen, die seine albtraumhafte Vereinigung mit einem Wesen hervorgerufen hatte, das mit Vittorias Stimme sprach, Polyxenas Körper besaß und ihn mit der gespaltenen Zunge des Satans angrinste. Er hätte viel darum gegeben, wenigstens die Erinnerung an Vittoria aus dem Nachhall des Traums zu verbannen. Sie war ihm, damals und jetzt, stets als das einzig Gute erschienen, das sein Leben bestimmt hatte, und er fühlte diese Gewissheit nun beschmutzt. Vage stellte er sich die Frage, ob dies das Wesen der Macht war, die ihn angezogen hatte: alles Edle und Gute zu beschmutzen, bis
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