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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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geschmiedet wurden.
    Ich muss mit Cosimo reden, dachte Anselmo und hastete vorwärts. Er stolperte über den Saum seines Mantels, stürzte auf die Straße und schürfte sich dabei Hände und Knie auf, aber er spürte es nicht einmal. Er raffte sich wieder auf und lief weiter, taumelnd wie ein Mensch, der gerade eben mit letzter Kraft den Feuern der Hölle entkommen war. Ich muss mit ihm reden. Und mit Anne und Rashid. Sofort. Vielleicht weiß einer von ihnen, was wir tun können.
    Die Feuer der Hölle
    »Anne? Rashid?« Cosimo klopfte leicht an die Zimmertür.
    Nichts rührte sich. Aber das war eigentlich auch kein Wunder. Es war mitten in der Nacht. Kein Mensch mit Verstand und guten Absichten war jetzt noch wach, und wahrscheinlich lagen auch Anne und Rashid in tiefem Schlaf. Cosimo sah die beiden vor sich, wie sie auf dem Bett lagen, eng aneinander geschmiegt, sodass sie selbst noch im Schlaf die Nähe des anderen spüren konnten. Er schüttelte den Kopf, rieb sich die Stirn und schloss die Augen in dem verzweifelten Versuch, dieses Bild aus seinem Hirn zu verbannen. Doch es blieb haften und beschwor Erinnerungen herauf. Schmerzhafte Erinnerungen an Giovanna, an den Duft ihres schwarzen seidigen Haares und an das Gefühl, sie in seinen Armen zu halten und ihren Atem zu spüren. Und wieder hörte er die Stimme.
    Trink!, flüsterte sie. Trink von dem Elixier der Ewigkeit. Nur ein Schluck. Ein einziges kleines Schlückchen, und du bist wieder bei ihr. Bei Giovanna! Erinnerst du dich noch an den Geschmack des Elixiers? Süß wie Honig mit dem Duft von Mandeln und Veilchen. Na? Nur ein einziger Schluck. Damit schadest du doch niemandem.
    Cosimo fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ja, war es denn wirklich so schlimm, wenn er von dem Elixier der Ewigkeit trank? Nur dieses eine Mal, nur einen einzigen Schluck? Er könnte Giovanna wiedersehen, ihr wunderschönes Gesicht, ihr Lächeln. Er würde ihre Stimme wieder hören. Nichts hatte jemals in seinen Ohren schöner geklungen.
    Er drehte sich um wie ein Schlafwandler. Das Elixier. Er musste es haben, jetzt gleich. In seinem Zimmer bewahrte er noch einen Rest davon auf – eine kleine Phiole, gut versteckt unter einem losen Bodenbrett in seinem Schrank, damit Anselmo es nicht finden konnte. Eine Reserve für den äußersten Notfall. Jetzt war der richtige Zeitpunkt gekommen. Dies war ein Notfall. Er würde …
    Hinter ihm wurde der Riegel zurückgeschoben, und die Tür öffnete sich.
    »Cosimo?«
    Rashid sprach leise, und doch war seine Stimme für Cosimo , als hätte ihm jemand einen Kübel Eiswasser über das Haupt geschüttet. Mit einem Schlag kam er wieder zu sich. Und mit Grausen dachte er daran, was er beinahe getan hätte.
    Er hat mir wahrscheinlich gerade das Leben gerettet, dachte er und sah in das blasse, übernächtigte Gesicht von Rashid.
    »Ihr seht müde aus, Rashid«, sagte Cosimo.
    »Um ehrlich zu sein macht Ihr auf mich auch nicht gerade den Eindruck eines taufrischen Morgens«, entgegnete Rashid. »Was wollt Ihr?«
    Cosimo blinzelte und stellte fest, dass er es tatsächlich für einen Augenblick vergessen hatte. Natürlich fiel es ihm sofort wieder ein. Trotzdem wurde ihm mal wieder bewusst, welche Macht, welche unheilvolle Anziehungskraft das Elixier auf ihn ausübte. Auf jeden, der davon trank. In seinem Leben hatte er viele Männer gekannt, die für einen Becher Wein sogar ihre Seele verkauft hätten und die selbst dann nicht davon lassen konnten, wenn ihre Geschäfte und ihre Familien bereits durch den Wein zerstört waren. Das Elixier der Ewigkeit war weitaus verhängnisvoller. Und dennoch würde er – irgendwann in einer fernen Zukunft – Anne dieser Gefahr aussetzen. Warum? Welchen Grund konnte es geben, ihr das anzutun?
    »Cosimo? Was ist mit Euch los?«
    »Nichts, ich …«, Cosimo schüttelte den Kopf und riss sich von diesen Gedanken los, die letztlich nur einen Haufen neuer Schuldgefühle erzeugten. Und davon schleppte er bereits wahrlich genug mit sich herum. »Ich muss mit Euch sprechen.«
    Rashid nickte und trat zur Seite.
    »Kommt herein«, sagte er.
    »Es tut mir Leid, dass ich Euch wecken musste, aber …«
    »Ist schon in Ordnung, ich konnte ohnehin nicht schlafen«, sagte Rashid, deutete auf eines der Sitzpolster und zündete dann eine kleine Lampe an. »Setzt Euch doch. Soll ich Anne wecken?«
    »Nein«, antwortete Cosimo und warf einen kurzen Blick auf das Bett. Anne drehte ihnen den Rücken zu. Doch unter dem dünnen Laken

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