Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
Junge. Schlag Mitternacht. Muss man eine gute Uhr mitnehmen, damit man auch pünktlich ist. Schlag Mitternacht muss man genau in der Mitte von dieser Weggabelung stehen, und man muss seinen Whiskey dabeihaben, den, wo man reingepinkelt hat, natürlich.«
»Und das hat Dandy gemacht?«
»Das sagt man. Er ist da runtergegangen in die Wälder, zum Fluss, mit seinem Whiskey mit Pisse drin und seiner Geige und dem Geigenbogen, und gerade, als er sein Streichholz anmacht, um auf die Uhr zu gucken, klopft ihm wer auf die Schulter. Da fährt er herum, klar, und vor ihm steht der Teufel. Hat ’nen riesigen ollen Kürbiskopf auf’n Schultern und schwarzer Anzug und blitzblanke schwarze Schuhe und auf’m Gesicht ein blitzblankes Lächeln. Er zeigt mit dem Kopf auf die Whiskeyflasche und fragt: Ist die für mich? Und Dandy sagt: Klar ist die für dich, wenn du der Teufel bist. Und der Kürbiskopf sagt: Ich bin dem Teufel sein engster Mitarbeiter, Brezel.«
»Brezel?«
Miss Maggie machte wieder eine Pause, um in ihre Tasse zu spucken. »Ja. Brezel. Das kommt von Brezelbub. Verstehst du? Brezelbub.«
»Natürlich, Ma’am … wer ist Brezelbub?«
»Brezelbub ist nur ein anderer Name für den Teufel, kleiner Mann. Wie Höllenfürst. Wahrscheinlich so’n Name aus’m Norden oder so. Aber der hier, ob der nun der richtige Teufel oder der richtige beste Mitarbeiter vom Teufel war, was weiß ich. Wer immer das war, er hatte jedenfalls die Macht, den Handel zu machen. Er nimmt also den Whiskey mit du weißt schon drin, genehmigt sich einen großen Schluck und fragt Dandy: Was willst du?, und Dandy, der sagt darauf: Ich will die Geige hier besser spielen wie jeder andere sonst. Und Brezel sagt zu ihm, schön, das kannst du, aber vorher muss Dandy noch sein Zeichen auf eine Linie machen.«
»Sein Zeichen?«
»Die könn ihren Namen nicht schreiben, die machen Zeichen.«
»Oh.«
»Also zieht Brezel ein großes langes Papier aus seiner Anzugtasche, so’n Papier, wie die vom Gericht welche haben, die hohen Herren – die, die mit’m Teufel ja auch gern mal was ausbaldowern – also, er zieht ein Papier aus der Tasche, was die beim Gericht einen Verschlag nennen.«
»Verschlag?«
»Ja, kleiner Mann. Einen Verschlag.«
»Oh, einen Vertrag.«
»Na gut, dann eben das. Aber hör auf, mich zu verbessern. Ist nicht gerade höflich.«
»Ja, Ma’am.«
»Also, Brezel schnappt sich den Geigenbogen und sticht Dandy damit in die Fingerkuppe. Dann lässt er Dandy sein Zeichen auf das Papier machen, mit Dandy seinem Blut, und sagt: Da hast du deinen Geigenbogen wieder. Hast mir deine Seele gegeben für das, was ich dir gegeben hab.
Dandy denkt sich, gutes Geschäft, und fängt sofort an mit dem Fiedeln – und der Schlag soll mich treffen, wenn das nicht ein anderer Bogen war als der, wo der Brezel ihm abgenommen hatte, und ne andere Geige. Ich mein, es war natürlich die alte, aber sie war’s nicht. Kannst du mir folgen?«
Das konnte ich nicht wirklich, aber ich sagte Ja.
»Dandy fängt also sofort an mit dem Spielen, und es ist der am meisten wunderschönste Klang, den du je gehört hast. Und als er sich umsieht, nachdem er ein paar Takte gespielt hat, ist Brezel und der blutige Verschlagvertrag verschwunden.
Jetzt ist Dandy natürlich glücklich, klar. Er spielt am besten von allen, und alle Frauen lieben ihn. Er kriegt überall Drinks spendiert und hat lauter Freunde, die ihm sagen, wie toll er ist. Das ist das Leben, wo Dandy immer von geträumt hat. Dann geht er zu diesem Fest in der Scheune drüben in Big Sandy, und er spielt auf seiner Geige, und die Leute tanzen, und als er mal ’ne Pause macht, um sich auszuruhen, kommt dieser Stotterer auf ihn zu und fragt, ob er auch mal was spielen darf und was singen, ein Lied oder zwei oder so.
Da hat Dandy eine Idee, wie er sogar noch besser dastehen kann. Er lässt den Kerl spielen, weil er denkt sich, der Stotterer kommt nie an das dran, was Dandy kann, weil schließlich der Teufel’s ihm geschenkt hat, und wenn der Stotterer jetzt was singt, denkt Dandy, mit dem ganzen Gestotter, dann hört sich das an wie Hühnerpicken auf’m Maiskolben – und dann steht Dandy hinterher noch besser da. Verstehst du?«
»Ja, Ma’am.«
»Also, jetzt geht Dandy, um das Ganze noch doller zu machen, auf die Bühne und sagt, da wär dieser Kerl, und wie der gern mal ein bisschen spielen würde und was singen. Und er sagt, wie er den noch nie singen gehört hat und wie er aber immer jedem mal
Weitere Kostenlose Bücher