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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Reverend wechselte das Thema.
    Später am Tag kam Daddy. Als Cecil ihn auf den Mord ansprach, warf Daddy mir einen Blick zu, und ich wusste, dass ich besser meinen Mund gehalten hätte.
    Daddy brachte keine neuen Informationen in der Sache. »Ich glaube, so was habe ich noch nicht gesehen«, sagte er, »und ich hasse den Gedanken, dass Harry und Tom es auch gesehen haben.«
    »Ich hab im Krieg so einiges gesehen«, sagte Cecil. »Aber es war Krieg, kein Verbrechen. Ich war erst fünfzehn. Ich hatte mich für älter ausgegeben und kam damit durch, weil ich so groß war. Sie schickten mich nach Frankreich. Ich hätt’s besser gelassen.«
    Cecil sagte nichts mehr, nahm einen Kamm aus dem Regal und kämmte meine Haare.

4.
    Ich blieb noch eine Weile, aber Daddy bekam keinen einzigen Kunden ab, und niemand redete über etwas, das mich interessiert hätte. Es gab auch keine neuen Magazine, also ging ich, nachdem ich den Boden gewischt und Daddy mir ein paar Pennies zugesteckt hatte.
    Ich ging rüber in den Gemischtwarenladen und guckte mir ausführlich verschiedenfarbige Stoffballen und Mauleselgeschirre an – es gab hier alle erdenklichen Artikel und ziemlich viel Schnickschnack. Schließlich musste ich mich zwischen einer eisgekühlten Limonade und Pfefferminzstangen entscheiden. Ich entschied mich für das Pfefferminz – meine zwei Cents reichten für vier Stangen. Der Eigentümer, Mr. Groon, kahl, rosa im Gesicht und großzügig, zwinkerte mir zu und packte sechs Stangen in die Tüte. Ich brachte die Tüte in den Friseurladen, für später, und weil es nichts zu tun und keine Haare aufzufegen gab, lief ich durch die Stadt.
    Manchmal besuchte ich Miss Maggie. Wir nannten sie immer Miss Maggie, niemals Maggie oder Tantchen, wie viele ältere farbige Frauen genannt wurden, einfach nur Miss Maggie.
    Man sagte, sie sei hundert Jahre alt. Sie arbeitete hart und schaffte es irgendwie, mit Hilfe eines Maultiers namens Matt eine kleine Ernte einzufahren. Matt war das bravste Maultier, das je einen Pflug durch ein Feld gezogen hat, er war sogar braver als Sally Redback. Maggie sagte, das Schwerste am Pflügen sei, Matt das Geschirr anzulegen – den Rest erledigte das Maultier allein. Wenn man bedenkt, dass die Morgen Land, die sie bestellte, aus tiefem Sand bestanden, Miss Maggies Beine ungefähr so lang waren wie der Griff einer Spitzhacke und sie sowieso nicht größer war als ein großes Kind, ist das wirklich beachtlich.
    Sie war schwarz wie die Nacht, zerfurcht wie überflutetes Land, und ihre drahtigen Locken waren dünn geworden. Sie trug Baumwollkleider, die sie aus Kartoffel- und Futtersäcken nähte, Herrensocken und billige schwarze Schuhe, die sie sich aus dem Sears & Roebuck -Katalog bestellte. Draußen trug sie einen großen schwarzen Hut mit herunterhängender Krempe und zerknittertem Deckel. Es hieß, er habe ihrem Ehemann gehört, der sie geschlagen hatte und mit einer Frau aus Tyler durchgebrannt war.
    Miss Maggies Land hatte einmal dem Vater vom alten Mr. Flyer gehört. Nach dem Bürgerkrieg und der Abschaffung der Sklaverei hatte er Miss Maggie als Bedienstete beschäftigt und sie in seinem Testament mit fünfundzwanzig Morgen seines Landes bedacht. Fünf Morgen reservierte sie für ihr Haus, eine Scheune und ein kleines Feld, den Rest verkaufte sie der Stadt Marvel Creek. Man sagte, sie habe das Geld aus dem Verkauf in ein Einmachglas gesteckt und im Hof vergraben. Ein paar Möchtergern-Banditen hatten hier und da Löcher in den Hof gegraben – ein paar Gewehrschüsse knapp über ihre Köpfe setzten diesen nächtlichen Grabungen ein Ende, und jetzt hieß es, Miss Maggie habe das ganze Geld verprasst.
    Vor dem Haus gab es einen viereckigen Verschlag für Matt, er bestand aus vier Pflöcken, um die ein Seil gespannt war. Innerhalb der Pflöcke war ein kleiner Unterstand, darunter befand sich immer reichlich frisches Wasser, Heu, Maishülsen und Ähnliches. Matt verhielt sich nach dem Prinzip des gegebenen Ehrenworts und blieb innerhalb seiner Seile. Er fuhr nicht schlecht dabei, und das wusste er auch.
    Es gab einen weiteren Verschlag für die Schweine, in dem ein Ferkel sich in knöcheltiefem, stinkendem Schlamm tummelte und die Nase in eine leere Öltonne steckte.
    Zwischen dem Haus und einem Paternosterbaum – alle, die ich kannte, nannten ihn immer Pattie-Oster-Baum – war eine Wäscheleine gespannt, auf der Laken hingen und das, was die Frauen »das Unaussprechliche« nannten, also

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