Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
das kann man ihm nicht an der Hautfarbe ansehen. Verstehst du das, Harry?«
»Ja, Ma’am.«
Wir fischten noch ein wenig, dann wachte Tom auf, schüttelte die Blätter ab, und wir gingen zu einer anderen Stelle.
Ich fürchtete, Grandma würde mit uns zu Moses Hütte gehen wollen. Ich wusste, sie war neugierig, was mit Mose vor sich ging, aber ich täuschte mich. Wir blieben nahe beim Haus, obwohl wir den Platz zwei- oder dreimal wechselten, am Abend hatten wir ein Dutzend Fische gefangen, und Grandma hatte einer weiteren giftigen Schlange den Kopf abgeschossen.
Zur Abendbrotzeit kamen wir wieder zu Hause an. Ich säuberte die Fische, die meisten waren handgroße Barsche, und Grandma briet sie, zusammen mit Maisklößen. Außerdem machte sie einen Kuchen mit eingemachten Feigen, von dem Mama nicht glaubte, dass er gelingen, geschweige denn schmecken würde.
Wir aßen den Fisch – die ganze Zeit über sagten Grandma und Mama, wir sollten auf die Gräten aufpassen –, dann aßen wir den Kuchen, der köstlich war. Danach gingen wir auf die Schlaf-Veranda, um uns hinzusetzen, zu schaukeln oder hinzulegen, bis wir genug verdaut hatten, um uns wieder bewegen zu können.
14.
Am nächsten Tag war Schluss mit dem Schlendrian, und der Alltag hatte uns wieder. Wir machten die Arbeit, die im Haus anfiel, und nach dem Lunch brachte Grandma einen ihrer Pappkoffer herein. Darin befanden sich sechs Bücher. Die Bibel, Ivanhoe , Huckleberry Finn , Der letzte Mohikaner , Das Blutmal und Der Ruf der Wildnis . Sie bat mich, ihr aus Ivanhoe vorzulesen.
Sie hörte nicht auf, davon zu reden, wie sehr sie es liebte, wenn man ihr vorlas.
Wenn ich ein Kapitel beendet hatte, war Tom an der Reihe. Tom hatte einige Schwierigkeiten mit den Wörtern, und am liebsten hätte ich einfach weiter vorgelesen, weil die Geschichte so gut war, aber Grandma bestand darauf, dass Tom vorlas. Tom schaffte ungefähr das halbe Kapitel, dann gab sie auf.
Grandma sagte: »Das war schon sehr gut, Tom. Du brauchst eben ein bisschen länger für die großen Worte.«
Sie gab das Buch an mich zurück, und langsam dämmerte mir, was hier vor sich ging. Wir wurden unterrichtet. Ich sagte nichts Ich las einfach. Ich mochte es zu lesen. Und ich mochte das Buch. Dank Grandma machte das Lernen Spaß. Gegen Nachmittag fragte sie, ob Mama, Tom und ich Lust hätten, in die Stadt zu fahren und Daddy im Friseurladen zu besuchen. Mama wollte nicht mit, weil sie noch Wäsche aufhängen musste, und Grandma bot ihr an, dass wir hierbleiben und ihr helfen könnten, aber Mama beharrte darauf, dass wir ohne sie in die Stadt fahren sollten.
Wir fuhren ziemlich schnell, und die Fenster waren offen. Das Auto war erfüllt vom Geruch der Bäume und der Erde, den der Wind durch die offenen Fenster hereintrug.
Grandma sagte: »Ich liebe den Geruch von Erde; und besonders den, den sie hat, kurz bevor es regnet. Ein Regen, der noch in den Wolken hängt, gibt der Erde einen besonders feinen Geruch. Das ist noch so eine Sache, die in Nord-Texas nicht gestimmt hat. Die Erde, egal, ob sie nass oder trocken war, hat nicht richtig gerochen.«
Wir waren noch nicht lange im Friseurladen, als Grandma schon anfing, sich zu langweilen. Sie fing Diskussionen mit den Kunden über alles Mögliche an – über Religion, über Politik, über Landwirtschaft, über die Depression. Sie schaffte es sogar, Cecil auf die Nerven zu gehen, der ja sonst immer gern über Gott und die Welt plauderte. Sie fand, er schnitte das Haar ein wenig zu kurz, und versuchte sogar, ihm eine angeblich effektivere Drehung des Handgelenks beim Haareschneiden beizubringen.
Als sie genug vom Diskutieren hatte, las sie in einem der Groschenheftchen – und fing prompt an, lauthals den Schreibstil zu kritisieren. Ich merkte, dass alle, Daddy, Cecil und die Kunden, ziemlich erleichtert waren, als sie beschloss, mit uns rüber zum Gemischtwarenladen zu gehen.
Ich war etwas nervös, als wir zu Mr. Groons Geschäft gingen, aber als wir dort ankamen, begrüßte er uns, als sei nichts gewesen. Von unserer letzten Begegnung erwähnte er nichts – außer Mamas Schokoladenkuchen.
»Ja, den macht sie gut«, sagte Grandma und schürzte die Lippen, »aber sie nimmt immer etwas zu viel Zucker, und für den Zuckerguss nimmt sie zu wenig Eier.«
»Oh«, sagte Mr. Groon.
»Ich backe demnächst mal einen und bringe Ihnen ein Stück«, sagte Grandma.
»Das wäre sehr freundlich, Ma’am«, sagte Mr. Groon. »Seit meine Frau gestorben
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