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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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hatte.
    »Also«, sagte Grandma, »ich glaube ja nicht, dass da einer zufällig genau da aus dem Zug gesprungen ist. Es muss jemand gewesen sein, der in der Nähe wohnt und den Zug genommen hat, um dorthin zu kommen, wo er tun kann, was er tun will. Wie viele Landstreicher, meinst du, kommen rein zufällig da vorbei und machen so was?«
    »Ich weiß nicht, ob Daddy das glaubt«, sagte ich. »Die Weißen sind sicher, dass es ein Farbiger war.«
    »Wart mal eine Sekunde. Das ist die Geschichte mit Mose, nicht wahr? Irgendjemand denkt, dass er die Morde begangen hat. Deswegen hüllt dein Daddy sich in Schweigen, was Mose betrifft … das ist es, Harry, nicht wahr?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    »Du lügst verdammt miserabel«, sagte Grandma.
    Ich dachte daran, was sie über Reds Tätowierungen und Mama gesagt hatte. Auch sie log schlecht.
    *
    Als Daddy am späten Nachmittag nach Hause kam, hatte Grandma schon ungeduldig auf ihn gewartet. Sie dirigierte ihn und Mama auf die hintere Veranda, ich stellte mich hinter die Verandatür und lauschte. Einen Moment später entdeckte Tom mich dort und fragte, was ich da tue. Ich legte den Finger auf die Lippen und winkte sie her. Wir pressten unsere Ohren an die Tür.
    Wir konnten nicht alles verstehen, was gesagt wurde, aber ich hörte meinen Namen und wie Grandma sagte, dass ich geschwiegen hätte wie ein Grab und sie einfach nur eins und eins zusammengezählt habe.
    Dann hörte ich, wie sie zur Tür kamen. Tom und ich huschten herüber zum Tisch und setzten uns hin. Als Mama, Daddy und Grandma hereinkamen, saßen wir mit im Schoß gefalteten Händen am Tisch. Daddy sah uns an und fragte: »Und ihr sitzt einfach so da, ja?«
    »Ja, Sir«, sagte Tom. »Wir haben uns unterhalten.«
    »Ach, tatsächlich?«, fragte er, trat an den Tisch und legte eine Hand auf meine Schulter. »Komm mit.«
    Wir gingen aus der Vordertür hinaus und gingen die Straße herunter. Daddy sagte: »Grandma hat gesagt, sie hat das mit Mose herausbekommen.«
    »Ja, Sir.«
    »Sie hat gesagt, dass du ihr nichts darüber erzählt hast.«
    »Nein, Sir.«
    »Ich möchte, dass du weißt, dass ich das glaube. Vor dieser Frau lässt sich nichts verheimlichen. Sie ist einfach zu neugierig. Und zu clever.«
    »Man kann viel Spaß mit ihr haben, Daddy.«
    »Manchmal ja«, sagte Daddy. »Ich rechne es dir an, dass du versucht hast, Grandma nichts davon wissen zu lassen – und ich glaube dir, wenn du sagst, du hast ihr gegenüber den Mund gehalten.«
    »Ja, Sir«, sagte ich und dachte: na ja, meistens jedenfalls.
    »Hunger?«
    »Ja, Sir«, sagte ich, obwohl ich immer noch satt von all dem Kuchen war.
    »Laß uns zurückgehen und sehen, ob wir Mama dazu bringen, uns ein Supper zu zaubern.«

15.
    Es muss zwei Tage später gewesen sein, früh am Morgen, kurz vor der Dämmerung, dass wir auf der Schlaf-Veranda von einem lauten Klopfen an der Tür geweckt wurden. Es klang, als würde jemand mit einem Holzscheit an die Tür schlagen. Tom, die wieder mal schlief wie ein Bär im Winter, rührte sich nicht einmal.
    Ich stand auf, schlüpfte in meinen Overall und rannte in die Küche. Daddy war schon da, den einen Ärmel seines Overalls hatte er angezogen, der andere hing herunter, und er hatte eine Pistole in der Hand. Er ging zum Fenster, schaute hinaus, griff eine Lampe, zündete sie an und ging, die Pistole in der rechten Hosentasche, zur Tür und öffnete sie.
    Wir hörten, wie ein Auto mit quietschenden Reifen die Straße hinunterfuhr. Ich sah aus dem Fenster. Unten auf der Straße sah ich die Rücklichter eines Autos. Eines der Lichter war kaputt, man sah sowohl das zersplitterte rot getönte Glas als auch das farblose Licht dahinter. Das Auto verschwand hinter einer Staubwolke, die getränkt war vom roten und weißen Licht – dann war auch die Staubwolke verschwunden, und nur der Mond war noch da, um den wirbelnden Staub in Licht zu tauchen, der golden und feengleich aussah, bis er sich wieder niederließ.
    Toby, der nicht mehr ganz so wachsam war wie früher, kam ums Haus gehumpelt und bellte so schrill, dass es uns fast das Trommelfell zerriss. Er hoppelte die Straße herunter, in die Richtung, in der das Auto verschwunden war. Dann lief er wieder zurück zum Haus – und sah etwas beschämt aus.
    Jemand hatte ein Taschenmesser mit rotem Griff in unsere Tür gerammt, um eine Notiz zu befestigen. Daddy zog das Messer heraus und ging mit der Notiz hinein. Er legte sie auf den Tisch und schaute sie an, während

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