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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Dein Daddy und Red. Red kannte sie zuerst, und sie meinten es ziemlich ernst miteinander.«
    »So richtig ernst?«
    »Ja, schon. Aber Red war seltsam. Er war immer ein bisschen neben der Mütze. Die Leute sagten, er hätte schon mal Tiere gequält, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Die Leute reden gern, besonders, wenn sie einen nicht mögen. Eins ist sicher: Er kam aus keinem guten Haus. Nicht, weil es arme Leute waren. Wir waren schließlich alle arm – und viele sind jetzt noch ärmer. Aber sein Vater hat ihn verprügelt, und seine Mutter hatte andere Männer.«
    »Mama sagt, Miss Maggie hat ihn aufgezogen.«
    »Das bisschen Erziehung, was er hat, hat er ihr zu verdanken, aber viel war’s nicht. Sie hatte nicht die Stellung, um ihn erziehen zu können, allein schon, weil sie farbig war. Red hat sich hauptsächlich selbst erzogen. Und dabei war er nicht besonders erfolgreich.«
    »Mama sagt, zwei Söhne von Miss Maggie sind seine Halbbrüder.«
    »So sagt man. Ob’s wahr ist, weiß ich nicht.«
    »Als Mama Daddy kennen gelernt hat, hat sie da aufgehört, sich mit Red zu treffen?«
    »Wie gesagt, sie waren beide verrückt nach ihr. Aber bei Jakob und ihr war es Liebe auf den ersten Blick, es hatte was Magisches. Dann machten sie eine Bootstour, die ich deiner Mutter eigentlich verboten hatte, aber sie hörte nicht auf mich. Irgendwie ist Red ins Wasser gefallen, geriet in einen Strudel, und dein Daddy rettete ihn. Danach haben dein Daddy und Red kein Wort mehr miteinander gesprochen – obwohl sie vorher beste Freunde gewesen waren. Und deine Mutter hat jedes Interesse an Red verloren. Er wurde ein ziemlich rauer Bursche. Vielleicht aber auch nur ein Angeber. Er fing an, sich die Namen der Frauen auf den Arm zu tätowieren, die er erobert hatte.«
    »Erobert?«
    »Denen er näher gekommen war. Verstehst du, Harry?«
    »Ja, Ma’am. Ich glaube schon … und er hat das selbst gemacht? Das Tätowieren, meine ich.«
    »Ja. Mit Kohle und irgendeinem spitzen Gegenstand. Er hat den Namen tätowiert und das Datum, an dem er … du weißt schon. Es war geschmacklos. Er trug seine Ärmel immer hochgerollt, damit jeder sehen konnte, welche Namen auf seinem Arm standen, und wann er getan hatte, was er getan hatte.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frauen mit solchen Männern was zu tun haben wollen«, sagte ich.
    »Männer und Frauen sind nicht immer leicht zu verstehen, Harry.«
    »Er trägt seine Ärmel jetzt immer heruntergerollt, sogar, wenn’s heiß ist.«
    »Gut. Wahrscheinlich ist er jetzt nicht mehr so stolz drauf.«
    »Glaubst du, er war so, weil er nicht gut erzogen war?«
    »Auf jeden Fall hat es was damit zu tun. Aber lass mich dir was erzählen: Dein Daddy und seine Familie, das war auch nicht besonders harmonisch. Jakob ist trotzdem gut geraten. Das ist also keine Entschuldigung für Red. Die Mutter deines Daddys starb, als er acht Jahre alt war. Als sie starb, nahm sein Vater ihn aus der Schule – was man so Schule nannte – und ließ ihn auf den Baumwollfeldern arbeiten. Viele Leute machten das damals, die Kinder auf die Felder schicken, und viele halten es immer noch so. Man musste irgendwie auskommen. Den Lebensunterhalt verdienen. Es war eine Überlebensstrategie. Aber der alte Mann fing an, deinen Daddy zu prügeln, und zwar hart. Einmal hat dein Daddy sich während der Arbeit auf dem Feld verletzt – ist unglücklich gestürzt, fiel mit dem Kopf auf einen Stein, und Blut floss ihm aus den Ohren. Ich war damals eine junge Frau, frisch verheiratet mit deinem Grandpa, so hab ich davon gehört. Ich hab’s nicht gesehen, aber ich wusste, viele hatten es gesehen, es war vor den Augen der anderen Arbeiter passiert.
    Dein Daddy hatte ein geschecktes Pony. Ich erinnere mich daran, als wär’s gestern gewesen. Er ritt heim auf seinem Pony, und im Hof fiel er ohnmächtig herunter; er war ziemlich schwer verletzt. Jakobs Vater nahm eine Peitsche, und er schlug seinen Jungen, als hätte er etwas gestohlen, und scheuchte ihn zurück aufs Feld, den ganzen Weg lang scheuchte er ihn. Und er ließ Jakob den ganzen Tag arbeiten.
    Der Daddy deines Daddys hatte wieder geheiratet. Oder besser gesagt: Er ist mit einer Frau zusammengezogen. Die Frau war Reds Mutter, und so lebte Red eine Zeit lang bei ihnen, und sie waren wie Brüder, dein Daddy und Red.
    Aber nach neun Jahren suchte Reds Mutter sich einen anderen, brannte mit ihm durch und ließ Red bei dem alten Herrn und Jakob. Nicht, dass sie sich jemals

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