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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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eigene Tochter wäre. Dieda… «
    »Als ob Dieda sich jemals in so eine Lage bringen würde«, unterbrach ihn Caillean kalt. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Dieda überhaupt fähig ist, einen Menschen wirklich zu lieben.«
    »Wir reden hier nicht über Dieda… «, flüsterte Lhiannon und sagte dann etwas lauter: »Aber wir dürfen nicht zulassen, daß Eilan ein Leid geschieht!«
    »Beruhige dich, Mutter, das werden wir nicht«, erklärte Caillean selbstbewußt. »Ardanos weiß so gut wie du oder ich, daß diese Strafe seit vielen Jahren nicht angewandt worden ist. Schließlich ist die Schwangerschaft einer Priesterin nicht Neues.«
    »Also«, fragte Ardanos vorsichtig, »was schlägst du vor. Was sollen wir mit ihr tun?«
    Jetzt sah er mit Genugtuung, daß Caillean unsicher wurde. Vielleicht gelang es ihm diesmal, sich diese unbeugsame Frau zu verpflichten. Dann hätte er in Zukunft bestimmt weniger Schwierigkeiten mit ihr. Der gerissene Diplomat in ihm erwachte, und Ardanos fühlte sich wieder in seinem Element.
    »Miellyn wurde vom Sommerkönig gewählt, und sie hatte eine Fehlgeburt. Aber vor fünf oder sechs Jahren hatten wir einen ähnlichen Fall. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde die Frau ohne großes Aufsehen einfach weggeschickt.«
    »Das ist richtig«, sagte Ardanos. »Aber diese Frau war nicht die Tochter eines einflußreichen Druiden… «
    »Auch nicht die Enkeltochter des höchsten Druiden«, fauchte Caillean. »Jetzt kommen wir langsam an den eigentlichen Punkt. Du hast wohl Angst, daß dein Ansehen bei den Römern leidet!«
    »Mäßige dich, mein Kind«, flüsterte Lhiannon. »Wie könnt ihr beide euch streiten, während die arme Eilan hier sitzt und zuhört.« Sie schwieg und fügte nach einer Weile seufzend hinzu: »Wie könnt ihr nur so grausam sein?«
    Ardanos räusperte sich und fragte: »Wissen… es die anderen Priesterinnen schon?«
    Caillean schüttelte den Kopf.
    »Sorgt dafür, daß niemand es erfährt. Dann sehe ich vielleicht eine Möglichkeit… «
    »Wie gütig!« rief Caillean. »Für seine Enkeltochter sieht der höchste Druide ›vielleicht eine Möglichkeit‹.«
    »Gib Ruhe, mein Kind«, ermahnte sie Lhiannon noch einmal. »In diesem Ton solltest du nicht mit dem höchsten Druiden sprechen.« Sie schwieg erschöpft und sah Caillean bittend an. Dann sagte sie leise: »Ich bin sicher, Ardanos bemüht sich darum, von Eilan… und von uns allen noch mehr Schaden abzuwenden.«
    Caillean schien nicht davon überzeugt zu sein, aber sie schwieg. Ardanos griff nach seinem Umhang. Ihm fiel ein, daß zumindest ein Römer ebensosehr darum bemüht sein würde, diese Sache möglichst diskret zu behandeln.
    »Es geht hier nicht nur um unsere persönlichen Gefühle«, sagte er ernst. »Die Schändung einer geweihten Priesterin… « Als Eilan ihn mit aufgerissenen Augen ansah, hob er streng die Hand und fuhr mit Donnerstimme fort: »Keiner wird mich daran hindern, das zu behaupten! Diese Schändung ist eine Fackel, die ganz Albion in Brand setzen kann.«
    Eilan zuckte zusammen, und Caillean wollte etwas sagen, aber Ardanos drehte sich um und sagte in einem Ton, der keine Widerrede duldete: »Ich gehe sofort nach Deva zurück und spreche mit Macellius. Vielleicht werde ich auch mit dem jungen Römer unter vier Augen reden. Und dann werden wir weitersehen!«

    Im folgenden Monat hörte Eilans Brechreiz auf. Von da an ging es ihr besser als je zuvor. Eilan wußte, daß sie sichtbar aufblühte. Das lose Gewand verhüllte die Veränderung ihrer Brüste. Da es ihr erstes Kind war, würde es länger dauern, bis man an ihrem Leib etwas sah.
    Sie fragte sich, wie Gaius wohl auf die Nachricht von ihrer Schwangerschaft reagiert hatte. Eilan bedauerte nach wie vor nicht, mit ihm geschlafen zu haben, aber sie konnte nicht länger die Augen vor den Tatsachen verschließen.
    Daß Lhiannon so die Beherrschung verloren hatte, war ein sichtbares Zeichen ihrer Schwäche gewesen und hatte wieder etwas mehr von dem hohlen Schein offenbart, den sie als Hohepriesterin mühsam wahrte. Hinter der majestätischen Unnahbarkeit, der Disziplin und der zur Schau getragenen Würde ihres Amtes verbarg sich eine einsame Frau, die ihre Schwächen und Stärken hatte, die Gefühlen, Sorgen und Ängsten unterworfen war. Jetzt, im Alter, wurde sie zunehmend unsicher und dadurch streitsüchtig. Sie nutzte ihre schwache Gesundheit nicht selten aus, um Caillean und auch die anderen Priesterinnen des Orakels zu

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