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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dieser Wildnis auch einen Winter überstehen konnten. Die Anlage wirkte um so größer, da kaum jemand zu sehen war.
    »Wo sind alle?« fragte Gaius, als er unter dem wilden Eber, dem Feldzeichen der Legion, durch das Tor ritt und dem diensthabenden Offizier seinen Marschbefehl zeigte.
    »Dort oben… « Der Mann deutete unbestimmt nach Norden. »Es heißt, daß die Stämme sich schließlich unter einem Häuptling der Votadiner vereinigt haben. Sie nennen ihn Calgacus. Der Feldherr hat sie den ganzen Sommer über gejagt; die Marschlager, die er dabei gebaut hat, sind überall im Land verstreut. Du wirst noch eine Woche reiten müssen, um ihn einzuholen. Aber heute nacht kannst du wenigstens wieder einmal unter einem Dach schlafen und bekommst etwas Warmes zu essen. Der Präfekt wird dir morgen bestimmt eine Eskorte geben. Es wäre ein Jammer, wenn du in einen Hinterhalt geraten würdest, nachdem du es soweit geschafft hast.«
    Gaius war weniger an der warmen Mahlzeit interessiert, als an einem Bad. Aber nachdem er sich endlich wieder einmal richtig hatte waschen können, war er auch froh über das Essen. Sein Gastgeber, der Lagerpräfekt, fühlte sich offensichtlich einsam, und ihm war nicht ganz geheuer, mit so wenig Leuten hier ausharren zu müssen. Deshalb schien er sich zu freuen, daß er jemanden hatte, mit dem er sich unterhalten konnte.
    »Hast du von dem Usipiter-Aufstand gehört?« fragte der Präfekt, als die Sklaven die Reste des gebratenen Moorhuhns, das sie gegessen hatten, abräumten. Gaius setzte den Becher mit Wein ab - ein recht guter Falerner - und sah den Mann erwartungsvoll an.
    »Ein Haufen wilder Germanen, die frisch aus ihren Wäldern kamen, waren als Zwangsarbeiter nach Lenacum geschickt worden. Sie rebellierten und stahlen drei Schiffe und, stell dir vor, sie sind an der Westküste nach Norden und an der Ostküste nach Süden beinahe um ganz Britannien gesegelt.«
    Gaius war sprachlos. »Dann ist Britannien mit seinen undurchdringlichen Wäldern also doch eine Insel… «
    Diese Frage hatte die Gemüter beschäftigt, solange er denken konnte.
    »Sieht ganz so aus.« Der Mann nickte und erzählte weiter. »Die Sueben haben die Überlebenden schließlich überwältigt und sie auf der römischen Seite des Rheins als Sklaven verkauft. Auf diese Weise haben wir alles erfahren!«
    »Erstaunlich!« sagte Gaius. Der Wein tat seine Wirkung. Er fühlte sich angenehm betrunken. Das war eine gute Geschichte für Julia, wenn er wieder in Londinium sein würde.
    Überrascht stellte er fest, daß er etwas hatte, worüber er mit ihr sprechen wollte - aber diese Geschichte konnte eben nur jemand richtig verstehen, der aus seiner Welt kam. Eilan hätte für die Ironie, die darin lag, kein Verständnis.

    Am nächsten Tag begann es leicht zu regnen. Gaius lief die Nase und er hustete, als sie durch das nasse Land ritten. Kein Wunder, dachte er, daß man sagt, die Menschen der Stämme können sich jederzeit in Luft auflösen. Es sah an diesem Tag wirklich so aus, als würden die Hügel mit dem Himmel verschmelzen, die Bäume in der Erde und er mit seinem Pferd im Schlamm versinken.
    Gaius konnte zumindest reiten. Er bedauerte den Trupp Legionäre, die mit ihren Waffen und dem Gepäck durch den Schlamm marschieren mußten.
    Aber darin bestand die eine große Leistung von Agricola. In seinem Heer herrschte Disziplin. Die Soldaten fühlten sich durch die Aufgaben, die der Feldherr ihnen stellte, herausgefordert. Sie kämpften für die Ideale, die er ihnen vorlebte. Sie glaubten an die Sache Roms, und wer sich in dieser Wildnis auszeichnete, dessen Leben hatte einen Sinn. Außerdem spürten die Männer, daß dem Feldherrn ihr Leben kostbar war. Er führte sie unter Einsatz einer klugen Strategie von Erfolg zu Erfolg. Und auch wenn sie den großen Sieg bis jetzt nicht hatten erringen können, dann hatte doch jeder unter Agricolas Kommando aus eigener Erfahrung erlebt, daß sie sich mit ihrem militärischen Können auch gegen diese unfaßbaren, fast geisterhaften Feinde behaupten konnten.
    Ihre Mission war der Kampf der von Menschen geschaffenen Kultur gegen die ungebändigte Natur. In Londinium saß der Kopf dieser von Römern geschaffenen Zivilisation. Das hatte Gaius auf eindrucksvolle Weise erlebt. Aber hier im unbezwungenen Norden würde der Geist der neuen Zeit auf die eigentliche Probe gestellt werden. Daran zweifelte Gaius inzwischen nicht mehr.
    Hin und wieder sahen sie Schafe an einem Hang oder auch die

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