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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dunklen Himmel abhoben. Die hallenden Trommeln schlugen mit monotoner, die Sinne reizender Ausdauer, und ihr dumpfes Pulsieren klang wie Donnergrollen. Auf dem Festplatz wetteiferten die jungen Männer darin, ihre Fackeln möglichst hoch in die Luft zu schleudern.
    Könige und Soldaten mochten kommen und gehen, aber der wahre Kampf - und Eilan hatte manchmal den Eindruck, es sei der einzige Kampf, auf den es im Grunde ankam - war das Ringen der Männer und Frauen, die Jahr um Jahr ihre Felder bestellen und die heranwachsende Ernte pflegen und schützen mußten.
    Das Vieh brüllte noch aufgeregt, denn man hatte die Herden wie in jedem Jahr zwischen den reinigenden Feuern hindurchgetrieben. Eilan roch den Rauch der Kochfeuer, den Duft von gebratenem Fleisch und der vielen anderen Köstlichkeiten, die bei diesem Fest verzehrt wurden, und dazwischen den schweren Duft von Wermut und den Hyazinthen der Girlande, die sie trug.
    »Sieh nur«, sagte Senara an ihrer Seite, »sieh nur, wie hoch sie die Fackeln werfen, so hoch wie Sternschnuppen!«
    »Möge das Getreide so hoch wachsen, wie die Fackeln in die Luft steigen… «, antwortete Caillean ernst.
    Nicht nur das Getreide wächst, dachte Eilan, als sie Cailleans Bemerkung hörte und lächelnd Senara ansah. Aus dem schüchternen achtjährigen Mädchen war inzwischen eine langbeinige junge Frau geworden, die mit ihren schlanken Gliedern und dem bernsteinfarbenen Haar schon bald eine Schönheit zu werden versprach.
    Die Trommeln und das Rufen der silbernen Glöckchen wurde immer lauter und kündigte den Menschen die Ankunft der Priesterinnen an.
    Die jungen Männer rissen brennende Äste aus dem Feuer und rannten in jede Richtung den Hügel hinunter, um das schützende Licht des Feuers, die Kraft der Sonne, den Feldern zu bringen.
    Für Eilan klangen die Trommeln wie das Schlagen unzähliger Herzen, und sie spürte das erste Zeichen der nahenden Göttin.
    Es ist bald soweit, und was auch immer aus den Worten dieser Nacht entstehen mag, es muß geschehen, wie SIE es will.
    Zum ersten Mal in all den Jahren hatte Eilan die stärksten Kräuter in den Trank gemischt, da sie fürchtete, ohne die Hilfe der heiligen Pflanzen nicht in der Lage sein zu können, der Göttin rückhaltlos als Stimme zu dienen.
    Eilan wußte, auch Ardanos erwartete das Orakel mit größter Spannung, obwohl ihm äußerlich nichts anzusehen war.
    Er wirkt wie eine tönerne Statue, wie ein sprödes Gefäß, in dem sich der Geist unruhig und wie ein Gefangener wehrt.
    Sie sah, daß der höchste Druide sich schwer auf den Eichenstab stützte. Eines Tages würde auch er nicht mehr da sein. Manchmal haßte sie ihn, aber sie hatten in den vergangenen Jahren eine stillschweigende Übereinkunft gefunden. Er hatte mit ihr jedoch nie darüber gesprochen, wer sein Nachfolger sein werde. Der Frage konnte sie sich vielleicht zuwenden, wenn diese Nacht vorüber war.
    Die Prozession hatte den Platz vor dem Erdhügel erreicht, den Eilan wie immer mit der goldenen Schale in den Händen ohne Hilfe von Caillean oder Senara langsam hinaufstieg.
    Die Druiden begannen zu singen, und ihre tiefen Stimmen hallten weit durch die warme Nacht.
    » Seht, die heilige Priesterin naht
    mit dem geweihten Trank göttlicher Klarheit.
    Sie hebt die goldene Schale
    Und trinkt, damit wir die Göttin zu uns rufen… «

    Selbst nach vier Jahren kam immer der Augenblick der Überraschung, wenn Eilan sich langsam umdrehte und ihr die erste Welle der Erwartung entgegenschlug.
    Die versammelten Menschen verstummten und blickten wie gebannt auf die Hohepriesterin, die das Ritual begann.
    Es fiel ihr inzwischen leichter, die Übelkeit und das würgende Aufbegehren ihres Bewußtseins zu überwinden, das sich gegen die Wirkung des Tranks wehrte.
    Aber nun packte sie die Trance wie eine zornige Hand, und Eilan kämpfte gegen das Gefühl der Panik, als die Welt wie ein Strudel zu kreisen begann. Sie hatte es gewollt. Und diesmal sollte es so sein, daß die Welt schnell von ihr abfiel, denn der Augenblick der Wahrheit war gekommen.
    Göttin des Lebens, DIR vertraue ich mich an! Mutter, erbarme DICH aller DEINER Kinder!
    Eilan besaß inzwischen die Erfahrung und kannte die Methoden, um sich richtig zu konzentrieren und den Atem so zu lenken, daß sich ihr Geist vom Körper lösen konnte. Unterstützt durch die Wirkung der Kräuter vollzog sich der Vorgang noch schneller, als sie erwartet hatte. Ihr Kopf schien wie ein tönernes Gefäß zerschlagen zu

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