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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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plötzlich entfaltet hatte, auf sich zu lenken.
    »Gewiß, du hast MIR gedient… «
    IHRE Stimme durchbrach die Stille wie ein Peitschenknall.
    »Abgeschlagene Köpfe und entseelte Leiber sind deine Opfergaben, das Blut der Gefallenen der Trank, den du der Erde anbietest. Die Klagen der Frauen und das Stöhnen der Sterbenden sind dir heilige Musik! Deine rituellen Feuer werden genährt von den Leichen der Männer… Du hast MICH gerufen, Rabe! Was möchtest du jetzt von MIR, da ICH gekommen bin?«
    Sie lächelte furchterregend, und obwohl es eine warme Nacht war, ließ der plötzliche eiskalte Wind alle erschauern. Es schien, als habe Cathubodvas Dunkelheit das Licht von Sonne und Mond für immer ausgelöscht. Die Menschen wichen schaudernd zurück, nur Cynric, Ardanos und die beiden Priesterinnen, verharrten auf ihren Plätzen.
    »Vernichte unsere Feinde! Bestrafe die Römer, die uns das Land genommen haben! Wir fordern den Sieg, große Göttin!«
    »Sieg?«
    Die Göttin begann, schauerlich zu lachen.
    »ICH schenke nicht den Sieg… ICH bin die Braut der blutigen Kämpfe. ICH bin die allesverschlingende Mutter! Tod ist der einzige Sieg, den du in MEINEN Armen findest!«
    Sie hob die Arme, und der weite Umhang flatterte im Wind wie dunkle Schwingen. Jetzt wich auch Cynric vor der Göttin zurück.
    »Hab Erbarmen, wir kämpfen für eine gerechte Sache… «, stieß er mühsam hervor.
    »Gerechtigkeit! Wie kann es bei den Kriegen der Menschen jemals Gerechtigkeit geben?«
    IHRE Stimme klang wie ein Unwetter, das über das Land brauste.
    »Alles, was die Römer euch antun, das haben sich Männer eures Blutes gegenseitig angetan und den Völkern, die vor ihnen hier waren! Euer Blut nährt die Erde, ganz gleich, ob ihr im Stroh oder auf dem Schlachtfeld sterben müßt… ICH sehe darin keinen Unterschied!«
    Cynric zitterte am ganzen Leib, aber er blieb mutig stehen und schüttelte heftig den Kopf.
    »Aber ich habe für mein Volk gekämpft… Sag mir wenigstens, daß unsere Feinde eines Tages… auch so leiden müssen wie wir… «
    Die Göttin beugte sich vor und starrte ihn mit glühenden Augen an. Er war wie gebannt und konnte den Blick nicht von ihr wenden.
    »ICH sehe… «
    Die gespenstisch hallende Stimme klang jetzt heiser und sank fast zu einem Flüstern herab.
    »Die Raben fliegen auf und verlassen ihren Platz auf der Schulter des strahlenden Gottes… Sie werden ihm in Zukunft keinen Rat mehr geben. An ihrer Stelle schenkt er seine Gunst einem Adler.«
    SIE lachte hämisch.
    »Er soll fallen, stürzen, sinken, alles verlieren, was er gewonnen hat, und zu einem Adler werden. Man wird ihn verraten und betrügen, so wie er alle verrät und betrügt. Er wird in den Ästen der Eiche leiden, bis er wieder ein Gott wird… «
    Die Göttin hob die Hände wie Blitze, die sie in die Nacht schleuderte, und rief: »ICH sehe… Der Adler wird von einem weißen Hengst verjagt, der über das Meer galoppiert. Der Adler verbündet sich mit dem roten Drachen, und zusammen kämpfen sie gegen den Hengst. Und der Hengst kämpft gegen die Drachen aus dem Norden und gegen die Löwen aus dem Süden!«
    SIE lachte triumphierend. Die Menschen fielen erschrocken auf die Erde, als sich die Göttin aufrichtete und ihr Gewand zu brennen schien wie eine kalte blaue Flamme.
    »ICH sehe… Wie ein Tier das andere tötet und an seiner Stelle das Land verteidigt. Das Blut all derer, die kämpfen, wird die Erde trinken. Und das Blut all jener, die Feinde sind, wird sich mischen, bis niemand mehr sagen kann, wer Freund ist und wer Feind… «
    Nach den Worten der Göttin herrschte tiefes Schweigen. Niemand schien zu wissen, ob ihre Prophezeiung Hoffnung bedeutete oder ob sie alle noch mehr Grund hatten, die Zukunft zu fürchten.
    Man hörte das Muhen der Rinder und dann einen fernen Trommelschlag, obwohl die Trommeln um die Feuer schon lange verstummt waren.
    »Sag uns, Göttin… «, Cynric rang nach Worten. »Sag uns, was wir tun sollen… «
    Die Göttin sank auf den Sitz zurück, und diesmal klang das Lachen leise und eher spöttisch.
    »Flieh… «, flüsterte sie, »flieh schnell, sonst werden deine Feinde dich fangen.«
    SIE hob gebieterisch die Hand und sah sich auf dem Platz um.
    »Ihr alle, hört MICH! Geht schnell und leise auseinander. Flieht, dann werdet ihr… noch eine Weile leben.«
    Einige verließen daraufhin sofort den Platz, andere blieben wie gebannt stehen und rührten sich nicht von der Stelle.
    »GEHT!«
    Nach diesem Ruf

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