Die Wälder von Albion
könnte.
»Es wäre mir eine große Ehre«, sagte er und brach damit das lange Schweigen. Gaius wußte, wie der Entschluß, den er nach der Schlacht am Mons Graupius gefaßt hatte, würde diese Entscheidung von nun an sein Leben bestimmen.
24. Kapitel
Die Priesterinnen versammelten sich zur Anbetung des neuen Mondes im heiligen Hain von Vernemeton. Dieses Ritual stammte nicht von den Druiden, und kein Mann durfte es sehen.
Caillean wartete darauf, daß die Novizinnen ihre Plätze einnahmen und den Kreis bildeten. Sie kam sich fast wie eine Glucke vor, die ihre Küken zählt. Als sie in der abendlichen Dämmerung den hellen Schimmer der ungebleichten Gewänder sah, dachte sie, vielleicht sind es auch junge Schwäne.
Als der Kreis geschlossen war, herrschte einen Augenblick lang Schweigen. Caillean trat vor den großen Stein, der ihr Altar war; Dieda stand zu ihrer Linken und Miellyn zu ihrer Rechten - normalerweise war das ihr Platz. Aber Eilan hatte an diesem Abend schmerzhafte Krämpfe, und deshalb vertrat Caillean die Hohepriesterin.
Es war für sie seltsam, an dieser Stelle zu stehen und nicht zu spüren, wie die vertraute Kraft der jüngeren Frau das Gleichgewicht zu ihr herstellte.
Dieda hob die Hand, und das Klingen der hellen Silberglöckchen durchbrach die Stille.
» Neuer Mond, wir grüßen dich!
Du strahlendes Kleinod der Sanftheit,
Führe uns mit deiner Klarheit. «
Die Novizinnen stimmten den heiligen Gesang an. Es waren inzwischen ein volles Dutzend. Sie waren alle nach Vernemeton gekommen, seit Eilan die Hohepriesterin war. Die letzten Neuankömmlinge hatte Diedas Musik angelockt. Als der alte Ardanos seine Tochter und seine Enkeltochter unbedingt für Vernemeton gewinnen wollte, hatte er damit weit mehr bewirkt, als er das damals ahnte.
Caillean lauschte den reinen Stimmen, die dem Himmel ihren Dank darbrachten, und seufzte zufrieden.
» Vor dir verneige ich mich in Demut
Ich schenke dir meine Liebe
Vor dir beuge ich das Knie
Ich hebe meine Hände zu dir
Meine Augen blicken dich an
O neuer Mond, Rhythmus des Lebens! «
Nach jedem Vers verneigten sie sich und hoben in Ehrerbietung die Hände. Sie richteten die Augen auf die schmale silberne Sichel, und aus dem Gesang wurde ein Tanz. Dann begannen sie langsam, mit denselben Bewegungen im Kreis zu gehen.
» Neuer Mond, wir ehren dich
Als reine Frauen lieben wir dich!
Neuer Mond, wir danken dir.
Als reine Frauen dienen wir dir!
Du bist uns Vorbild der Beständigkeit.
Du schenkst uns das Licht der Weisheit
O neuer Mond, Rhythmus des Lebens! «
Caillean ließ ihre Augen blicklos werden, und schnell versetzte sie der Rhythmus des Gesangs in Trance. Das gelang ihr inzwischen von Mond zu Mond müheloser.
Es hatte in ihrem Leben eine ernüchternde Zeit gegeben, in der nichts mehr einen Sinn zu haben schien. Aber der Göttin sei gedankt, das war vorüber. Nach den quälenden Monaten unregelmäßiger Blutungen hatte sie sich auf Anraten von Eilan in einer Meditation so tief und so lange in Trance versetzt, daß sie zu Schichten ihres Bewußtseins vordringen konnte, die ihr sonst verborgen waren. Sie hatte es gewagt, weil sie glaubte, sich damit auf den Übergang in die andere Welt vorzubereiten. Aber hier in diesem Hain, in der ungestörten Klarheit ihrer Seele hatte sie den Zugang zu ihrer Lebenskraft entdeckt. Der Sonnenmeridian tat sich ihrem geistigen Auge auf. Sie sah das helle Licht in der vorgeschriebenen Bahn kreisen, und sie befreite sich von der dunklen Schwingung, die sie fast überwältigt hätte. Es war ein Mysterium, aber sie durchlebte es wie eine Reinigung.
Aus Dankbarkeit hatte sie Eilan das Ritual an jedem neuen Mond vorgeschlagen. Es war für sie als Frau das Zurücknehmen ihres Wesens, wie eine Welle, die das Land hinter sich läßt und sich wieder mit dem Meer vereint. Jetzt spürte sie mit jedem neuen Mond deutlicher die heilende Vereinigung mit der Kraft.
Das habe ich alles dir zu verdanken, Eilan! Hörst du den Gesang deiner Töchter?
Wie von selbst breiteten sich Cailleans Arme aus. Die jungen Frauen, die den Altar umkreisten, schienen sich in silbernes Licht verwandelt zu haben.
» Wir reinen Frauen überlassen uns deiner Führung,
Wir reinen Frauen übergeben dir unser Schicksal.
Wir reinen Frauen schenken uns dir allein
O neuer Mond, Rhythmus des Lebens! «
Wieder ertönten die Silberglöckchen, und dann breitete sich Stille aus. Aber dieses Schweigen war jetzt erfüllt und getragen von der
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