Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
gewann ständig an Stärke. Sie hoben die Arme, streckten die Hände nach der gleißenden Lichtsäule aus, die mit den reinen Tönen Himmel und Erde sichtbar verband.
    Und dann war alles vorbei. Sie sanken keuchend ins Gras, als seien sie lange gerannt.
    Noch zweimal riefen sie an diesem Abend die heilende Kraft der Göttin und dann noch ein letztes Mal, um die Energie aufzufüllen, die sie bei ihrem Dienst für das Land verloren hatten.
    Als das Ritual vorüber war, verbeugten sie sich vor dem Altar und gingen schweigend zwischen den Bäumen zum Haus zurück.
    Caillean überwand ihre Müdigkeit und ging noch einmal zu dem Haus der Hohenpriesterin, denn sie wollte Eilan von dem Ritual berichten.

    »Du mußt mir nichts erzählen«, sagte Eilan, als Caillean ihr Zimmer betrat. »Sogar hier habe ich euch gehört… und die Kraft gespürt.«
    Caillean schien von innen heraus zu strahlen.
    »Eilan, für das, was wir dort tun, sind wir hier! Als Kind habe ich davon geträumt, während ich Lhiannon diente. Später haben uns die Druiden in Vernemeton eingeschlossen, und die Vision ging verloren. Auch mein Wissen verschwand, und ich wußte nicht, wie ich es wiederfinden sollte, bis du mir den Weg gewiesen hast.«
    »Du hättest es auch ohne mich gefunden… «
    Eilan zwang sich zu einem Lächeln, denn noch immer quälten sie Schmerzen, wie so oft in der Zeit um den neuen Mond.
    Sie blickte die ältere Frau lange an. So klar wie noch nie spürte sie, daß Caillean einst eine der größten Priesterinnen gewesen war. So vieles von dem, was sie jetzt in Vernemeton taten, öffnete sich ihnen mit erstaunlicher Sicherheit. Sie schienen die Rituale nicht zu erfinden, sondern sich daran zu erinnern. Eilan zweifelte auch nicht mehr daran, daß sie einst eine Priesterin gewesen war, denn sie besaß eine angeborene visionäre Gabe. Caillean jedoch gelang es, Kräfte von einer unglaublichen Intensität zu beschwören.
    »Ich denke oft, daß du an meiner Stelle die Hohepriesterin sein solltest.«
    Caillean warf ihr einen kurzen Blick zu. »Früher hätte ich das auch so gesehen«, erwiderte sie. »Inzwischen möchte ich es nicht mehr.«
    »Du bist immer so vernünftig! Aber glaub mir, wenn es sein müßte, dann könntest du es auch… «
    Durch Cailleans schwarze Haare zogen sich inzwischen mehr silberne Fäden, aber sonst unterschied sie sich äußerlich kaum von der Frau, die vor zehn Jahren Mairis Töchterchen entbunden hatte.
    »Jetzt muß ich keine Hohepriesterin sein… «, erklärte sie energisch, »sondern brauche nur ein paar Entscheidungen von dir. Uns liegt eine seltsame Bitte vor… Ein eigenartiger Mann dieser römischen Sekte, die sich Christen nennen, möchte in der alten Hütte im Wald leben. Er sagt, er sei ein Einsiedler. Soll ich ihm erlauben zu bleiben oder soll ich ihn wegschicken?«
    »Er kann bleiben«, sagte Eilan nach kurzem Nachdenken. »Ich habe nicht vor, unsere Frauen in Zukunft damit zu bestrafen, daß ich sie in den Wald schicke. Und du bestimmt auch nicht.«
    Trotzdem schmerzte sie der Gedanke, daß ein Fremder in der Hütte leben würde, in der sie ihr Kind geboren und gestillt hatte. Aber sie durfte sich solche sentimentalen Gefühle nicht erlauben.
    »Also gut«, sagte Caillean, »wenn Ardanos Einwände hat, kann ich ihn daran erinnern, daß die Druiden ein Beispiel gesetzt haben, als sie zuließen, daß Christen auf Avalon in der Nähe der heiligen Quelle eine Kapelle errichteten.«
    »Bist du einmal dort gewesen?« fragte Eilan.
    »Vor sehr langer Zeit. Damals war ich noch jung«, erwiderte Caillean. »Das Sommerland ist eine seltsame Gegend aus Sümpfen, Seen und Wiesen. Wenn es regnet, dann ist der steile Hügel, auf dem sich das Heiligtum befindet, völlig von Wasser umschlossen und wird zur Insel. Manchmal hüllt dichter Nebel das Land ein, und man glaubt, bereits in der anderen Welt zu sein. Aber wenn die Sonnenstrahlen die Wolken durchdringen, leuchtet der heilige Hügel mit dem uralten Ring der Steine in überirdischem Glanz.«
    Während Eilan zuhörte, glaubte sie, Avalon beinahe sehen zu können… und wieder einmal vollzog sich der blitzschnelle Übergang von einer Welt zur anderen.
    Eilan glitt mit Caillean durch den Nebel. Sie saßen in einem flachen Boot, das die kleinen dunklen Männer dieser Gegend durch das Wasser lenkten. Am Bug drängte sich eine Gruppe Novizinnen. Aber Caillean stand aufrecht. Der goldene Torque lag um ihren Hals, und sie trug die Armreifen der

Weitere Kostenlose Bücher