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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gebracht, weil man einen bekannten Aufrührer in ihrem Haus gesehen hat. Ich glaube, er heißt Conmor oder… Cynric. Der Mann soll immer noch in der Gegend sein.«
    »Ich kenne ihn«, sagte Gaius, und der Offizier starrte ihn verwundert an.
    Gaius nickte. Er bedauerte wieder einmal, daß sein ehemaliger Freund, der ihm das Leben gerettet hatte, zu einem erbitterten Feind der Römer geworden war. Aber falls Cynric noch hier lebte, stand er vermutlich mit Eilan in Verbindung. Wenn man Cynric gefangennahm, würde er ihn fragen, wie er ein Treffen mit Eilan bewerkstelligen konnte.
    »Bei den Göttern!« sagte Macellius und trat zu ihm. »Wenn ich dem jungen Brutus zuhöre, komme ich mir uralt vor!«
    »Übertreibe nicht, Vater«, erwiderte Gaius.
    »Der Legat möchte, daß ich etwas unternehme, um die Leute zu beruhigen. Ich soll meine alten Verbindungen benutzen, meint er… «
    Gaius dachte, der junge Brutus scheint doch nicht so dumm zu sein, wie er aussieht. Macellius war vielleicht der einzige weit und breit, der wirklich noch Einfluß auf die Stämme hatte.
    »Aber ich habe keine Lust, für andere die Kastanien aus dem Feuer zu holen«, brummte Macellius. »Vielleicht ziehe ich doch nach Rom… Ich habe Sehnsucht nach der Hauptstadt. Und von dort könnte ich dann nach Ägypten, wo es nicht immer so kalt ist.«
    »Vater, mach keine Witze«, sagte Gaius, »was soll ich meinen Töchtern sagen, wenn ihr Großvater nichts mehr von ihnen wissen will?«
    »Ach, wann denken die schon an ihren Großvater? Licinius ist ihr Großvater. Sie wissen kaum, daß es mich gibt«, sagte Macellius, aber er fühlte sich geschmeichelt. »Wenn du einen Sohn hättest, wäre es natürlich etwas anderes… «
    »Ich… also vielleicht habe ich bald einen Sohn… «, erwiderte Gaius. Plötzlich stand ihm der Schweiß auf der Stirn, denn er hätte sich nach all den Jahren beinahe verraten.
    Aber er war endgültig entschlossen. Koste es, was es wolle, er mußte herausfinden, was aus seinem Sohn… und aus Eilan geworden war.

    Eilan träumte. Sie ging in der Dämmerung - es konnte morgens oder abends sein - an einem See entlang. Ein Dunstschleier hing über dem Wasser und verhüllte das andere Ufer. Kleine Wellen plätscherten leise ans Ufer. Dann drangen vom Wasser her leise Töne wie Gesang zu ihr, und aus dem Nebel tauchten auf dem silbrigen Wasser zwölf weiße Schwäne auf. Sie waren so schön wie die Novizinnen von Vernemeton, wenn sie den Mond anbeteten.
    Eilan hatte noch nie etwas so Schönes gesehen. Sie lief zum Ufer hinunter und streckte sehnsüchtig die Hände nach den Schwänen aus, die langsam näherschwammen.
    »Ich möchte zu euch kommen… Ich möchte mit euch schwimmen!« rief sie, aber die Schwäne antworteten: »Du kannst nicht zu uns kommen. Deine Gewänder und deine Insignien sind zu schwer, und du würdest ertrinken… «
    Die Schwäne entfernten sich, und Eilan fühlte sich einsam und verlassen.
    In einem plötzlichen Entschluß zog sie das Gewand aus, warf den Schleier und den schweren Umhang von sich, nahm den goldenen Torque vom Hals und streifte die Armreifen ab. Ihr Schatten fiel schimmernd auf das Wasser, und sie sah sich in der Gestalt eines Schwans. Glücklich ließ sie sich in den See gleiten…
    … und als die silbernen Wellen über ihrem Kopf zusammenschlugen, erwachte sie im Morgengrauen in ihrem Zimmer in Vernemeton.
    Ein paar Augenblicke blieb sie still liegen und rieb sich langsam die Augen. Nicht zum ersten Mal hatte sie von den Schwänen geträumt. Jedesmal fiel es ihr schwerer, aus dem Traum zu erwachen. Sie hatte noch mit niemandem darüber gesprochen. Schließlich war sie die Hohepriesterin von Vernemeton und kein kleines Mädchen, das sich vor einem seltsamen Traum fürchtete. Aber der Traum schien immer realer und lebendiger zu werden und ihr Alltag immer seltsamer und unwirklicher.
    Jemand klopfte an eine Tür - undeutlich registrierte sie, daß es das Tor zu ihrem Garten war. Sie hörte die Stimme der jungen Priesterin, die dort Dienst hatte.
    »Wer glaubst du denn zu sein?« rief die Priesterin ungehalten. »Du kannst nicht einfach plötzlich hier auftauchen und die Hohepriesterin sehen wollen. Es ist noch nicht einmal richtig hell!«
    »Verzeih mir… «, antwortete eine Männerstimme. »Für mich ist sie noch immer meine Schwester und nicht die Hohepriesterin. Bitte sag ihr, daß ich sie sprechen möchte.«
    Eilan hüllte sich schnell in ihren Umhang und eilte hinaus.
    »Cynric!« rief sie.

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