Die Wälder von Albion
nicht abschweifen zu lassen, aber in der letzten Nacht hatte er wieder geträumt, daß Eilan und er auf einem Schiff in Richtung Westen über das Meer segelten.
Er seufzte. Selbst wenn es im Westen ein Land gab, zu dem sie fliehen konnten, so wußte er nicht, wie man eine Frau wie Eilan entführen sollte, auch wenn sie bereit wäre, ihm zu folgen. Und er wußte wirklich nicht, ob Eilan sich überhaupt zu einer Flucht entschließen würde. Gaius konnte nicht wagen, seinem Vater die Stirn zu bieten - von ihrer Sippe ganz zu schweigen. Ein solches Abenteuer konnte für sie beide nur schlecht enden.
Vielleicht hatte man Eilan inzwischen bereits mit einem anderen Mann verlobt, auch wenn ihr Vater behauptet hatte, sie sei zu jung, um zu heiraten. Die meisten römischen Frauen wurden in diesem Alter verheiratet.
Er schüttelte unwillig den Kopf und wischte sich den Regen vom Gesicht. Also gut, dachte er niedergeschlagen, mein Vater soll seinen Willen haben. Er kann mich mit der Frau verloben, die er für die Richtige hält.
Aber Macellius schien es damit nicht ganz so eilig zu haben. Auch die Tochter von Licinius war noch sehr jung. Vielleicht würde ihm eine ungewollte Ehe doch noch eine Weile erspart bleiben.
Am besten wird es sein, dachte Gaius bitter, weil er mit seinen Gedanken wieder einmal in eine Sackgasse geraten war, wenn ich aufhöre, überhaupt an Frauen zu denken.
Die Götter wußten, wie sehr er sich bereits darum bemüht hatte, Frauen aus seinem Bewußtsein zu verbannen. Aber hin und wieder fiel sein Blick zufällig auf eine gallische Sklavin, sah er blonde Haare und graue Augen, und dann stand Eilan wieder so lebendig vor ihm, daß er vor Qual am liebsten aufgeschrien hätte.
Als er Cynric so plötzlich begegnet war, hätte er im Grunde nichts lieber getan, als mit ihm zu sprechen. Denn von wem sonst konnte er etwas über die Familie und all das erfahren, was seit seinem Weggehen geschehen war? Aber als er sich schließlich mutig genug gefühlt hatte, Cynric unter die Augen zu treten, war der junge Riese verschwunden.
Vermutlich ist es das beste, hatte Gaius sich getröstet, aber sein Herz blutete um so mehr.
Eilan schreckte aus dem Schlaf. Sie rieb sich die Augen und versuchte, sich daran zu erinnern, wo sie sich befand. Weinte das Kind? Hatte sie geträumt?
Mairi lag mit dem Neugeborenen ruhig in dem Alkoven auf der anderen Seite des Raumes. Als Eilan sich bewegte, drehte sich der kleine Vran im Schlaf um und schmiegte sich enger an sie. Caillean lag still neben Vran an der Wand. Eilan lag am dichtesten am Feuer und hatte unruhig geschlafen. Wenn sie geträumt hatte, dann konnte sie sich an nichts mehr erinnern. Sie stellte nur fest, daß sie schlaftrunken auf die rote Glut starrte, denn das Feuer war niedergebrannt.
In der Dunkelheit hörte sie plötzlich Caillean leise sagen: »Ja, ich habe es auch gehört. Es ist jemand draußen vor dem Haus.«
»Mitten in der Nacht?« flüsterte Eilan und lauschte angestrengt, aber sie hörte nur den Regen auf das Dach trommeln. »Ich höre nichts… «
Caillean richtete sich schnell auf und flüsterte: »Sei still… «
Sie sprang geräuschlos aus dem Bett, lief zum Eingang und vergewisserte sich, daß der Querbalken die Tür sicher verriegelte. Dann kam sie langsam zum Bett zurück. In diesem Augenblick hörte Eilan wieder das Geräusch, das sie geweckt hatte, und sie sah, wie der Querbalken sich in seiner Halterung bewegte. Jemand drückte gegen die Tür und versuchte, mit Gewalt hereinzukommen!
Eilan begann zu zittern. Sie war mit den schrecklichen Geschichten über brutale Räuberbanden aufgewachsen. Aber bislang hatte sie in Bendeigids großem Haus gelebt und war von den bewaffneten Männern ihres Vaters beschützt worden. Die beiden Feldarbeiter schliefen in dem anderen, kleinen Rundhaus. Und die Häuser der Männer, die zu Rhodris Gefolge gehörten, standen weit verstreut auf den umliegenden Hügeln.
»Steh auf, aber sei leise«, flüsterte Caillean ihr zu. »Zieh dich an, so schnell du kannst.«
Die Tür knarrte wieder, und Eilan gehorchte.
»Vater hat immer gesagt, wir sollen uns im Wald verstecken, wenn Räuber kommen… «
»Das ist jetzt nicht möglich… in diesem Regen und mit Mairi, die nach der Geburt noch so schwach ist, daß sie kaum auf den Beinen stehen kann«, murmelte Caillean. »Sei leise!«
Die Tür knarrte lauter, als sich jemand mit ganzer Kraft gegen sie stemmte. Mairi erwachte. Caillean, die sich ebenfalls angezogen
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