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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Göttin. Aber nichts geschah. Damals begann ich mich zu fragen, ob es überhaupt Götter gibt. Manchmal denke ich, wenn es sie gibt, dann achten sie nicht auf das Tun und Treiben der Menschen.«
    »Vielleicht sind sie auch nur gütiger als die Menschen… «, sagte Eilan und staunte über ihre Vermessenheit.
    Caillean vermutete, daß es Eilan bisher noch nie in den Sinn gekommen war, an der Weisheit von Männern wie ihrem Vater und ihrem Großvater zu zweifeln.
    »Hätte ich nicht daran geglaubt«, erklärte sie mit plötzlicher Heftigkeit, »dann wäre ich ins Wasser gegangen, um mein Leben zu beenden! Vielleicht habe ich Lhiannon dadurch Unrecht getan, daß ich mich ihr nicht anvertraute. Aber wir kamen nach Vernemeton, und es schien nicht weiter von Bedeutung zu sein.«
    »Warum habt ihr den Turm am Meer verlassen?« fragte Eilan, als Caillean schwieg. Die Priesterin hing alten Erinnerungen nach und fuhr beim Klang ihrer Stimme zusammen.
    Dann erwiderte sie: »Das Heiligtum auf der Insel Mona wurde von den Römern zerstört. Hast du davon gehört?«
    »Ardanos, mein Großvater, hat das Lied von der Eroberung der Insel oft gesungen. Aber das muß doch lange vor deiner Geburt gewesen sein… «
    »O nein!« Caillean lachte. »Damals war ich allerdings noch ein Kind. Wäre Lhiannon nicht in Eriu gewesen, hätte sie dasselbe Schicksal wie alle anderen Priesterinnen erlitten. Die überlebenden Druiden in Albion brauchten einige Jahre, um die Niederlage zu verwinden. Die Tragödie hatte die Welt für sie verändert, und sie fanden wenig Zeit, um an die Priesterinnen zu denken. Schließlich einigte sich der höchste Druide jedoch mit den Römern darauf, den noch lebenden geweihten Frauen ein Heiligtum im Herrschaftsbereich der Römer zu überlassen, wo sie römischen Schutz genossen.«
    »Er einigte sich mit den Römern!« rief Eilan. »Die Römer hatten doch den Frevel an den Göttern begangen. Sie haben die Priesterinnen getötet!«
    »Nein… das haben sie nicht getan. Sie haben die Frauen geschändet«, erwiderte Caillean bitter. »Die meisten Priesterinnen lebten lange genug, um die Bastarde der Römer zur Welt zu bringen. Und danach haben sie sich das Leben genommen. Die Kinder wurden besonderen Familien wie der euren übergeben.«
    »Cynric!« rief Eilan. Plötzlich verstand sie. »Deshalb hat er diesen Haß auf die Römer. Und deshalb will er immer wieder die Geschichte von Mona hören… «
    »Dein Bruder Cynric, der die Römer so haßt, hat ebensoviel römisches Blut in seinen Adern wie der Mann, dem dein Vater dich nicht zur Frau geben wollte.«
    Caillean schüttelte lachend den Kopf, aber Eilan starrte nur stumm ins Feuer.
    »Glaubst du mir nicht?« fragte die Priesterin. »Es ist die Wahrheit. Trotzdem bin ich der Meinung, wir haben alle viel zu sehr die römische Vorstellung übernommen, daß jede Frau einem Mann gehören muß… oder hinter Mauern eingeschlossen sein soll. Wie auch immer, vielleicht waren die Römer nicht gerade stolz auf ihre Legionäre und deshalb zu einer Art Wiedergutmachung bereit. Dein Großvater ist ein durchtriebener Politiker und kann es mit jedem römischen Senator aufnehmen. Er verhandelte mit Cerealis, dem Statthalter vor Frontius, und erreichte unseren Schutz als Gegenleistung für den Frieden.«
    Sie holte tief Luft und sagte dann leise: »Vernemeton, so wie es heute aussieht, wurde für alle heiligen Frauen und Priesterinnen in Albion gebaut. Lhiannon wurde die Hohepriesterin, und auch ich bekam dort meinen Platz.« Sie lachte hart. »Das lag jedoch hauptsächlich daran, daß sie nicht wußten, was sie mit mir anfangen sollten. Ich hatte Lhiannon gedient, seit ich ein Kind war. Aber ich werde nicht ihre Nachfolgerin werden. Das hat man mir deutlich zu verstehen gegeben.«
    »Warum nicht?«
    »Zuerst dachte ich, es sei der Wille der Göttin, weil… nun, du weißt jetzt, warum. Inzwischen glaube ich allerdings, sie wollen mich nicht als Stimme des Orakels, weil die Priester mir nicht vertrauen. Sie fürchten, daß ich mich ihrem Willen nicht beuge. Ich liebe Lhiannon, aber ich sehe ihre Lage deutlich und weiß, sie beugt sich dem Wind. Sie hat sich dem Rat der Druiden wahrscheinlich nur ein einziges Mal widersetzt, und das war, als sie darauf bestand, mich zu behalten. Aber ich durchschaue das gefährliche, politische Spiel der Druiden, und ich sage, was ich denke«. Sie fügte schnell hinzu: »Obwohl ich noch mit keinem Menschen so offen geredet habe wie mit dir!«
    Eilan

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