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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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dicken Wolken aufstieg.
    Priscus hat recht. Dieses Feuer konnte niemand überlebt haben.
    Mit heiserer Stimme rief er: »Weiterreiten! Wir haben keine Zeit, hier die Trümmer anzustarren, wenn wir heute nacht noch irgendwo unterkommen wollen!«
    Die Stimme versagte ihm, und er hustete verlegen. Hatte Priscus etwas bemerkt? Der Optio war ein alter Soldat, und der Anblick solcher Überreste, die Folgen von Plünderung und Mord, war ihm vertraut. Gaius konnte es nicht wissen, aber der Optio empfand eher Mitgefühl für ihn.
    Priscus warf dem jungen Offizier einen kurzen Blick zu und wandte sich ab.
    »Wir haben diesen Menschen Frieden versprochen, nachdem wir sie unterworfen hatten. Man sollte meinen, wir müßten wenigstens in der Lage sein, sie zu beschützen. Aber keine Angst, wir werden uns diese Bande vornehmen, und sie sollen lernen, sich nicht mit Rom anzulegen. Krieg kennt kein Erbarmen. Warum nur haben die Götter keine andere Art erfunden, die Welt zu zivilisieren? Aber der göttliche Vespasian… die Götter mögen seiner Seele Frieden schenken… wurde auf diese Weise zum Kaiser.«
    Gaius hörte Priscus nicht zu, aber er war dankbar für seine Worte, denn sie gaben ihm Zeit, sich zu fassen.
    »Natürlich, wir könnten immer noch unsere Rübenfelder pflügen. Aber aus dem einen oder anderen Grund sind wir Soldaten geworden. Und das hier gehört auch dazu.« Plötzlich drehte er sich um und fragte Gaius teilnahmsvoll: »Waren das Freunde… ?«
    »Ich war hier Gast… «, erwiderte Gaius rauh, »im letzten Frühling.« Immerhin hatte er seine Stimme wieder unter Kontrolle.
    »So ist das Leben nun einmal, junger Mann«, sagte Priscus. »Alles vergeht. Nichts bleibt, wie es ist. Aber ich denke, die Götter wissen, was sie tun. Und wir können hier nichts mehr ausrichten. Jeder muß einmal sterben.«
    »Ja«, sagte Gaius. Langsam wurde ihm die schlichte Philosophie dieses Mannes zuviel. »Gib den Befehl zum Aufbruch. Die Männer müssen so schnell wie möglich ins Trockene.«
    »In Ordnung.«
    Priscus drehte sich um, hob die Hand und gab das Zeichen zum Weiterreiten. Als der Trupp sich langsam in Bewegung setzte, sagte er zu Gaius: »Wer weiß, vielleicht ist hier niemand umgekommen. Vielleicht waren die Leute bei Freunden, und die Plünderer hatten deshalb so leichtes Spiel. Wer weiß… «
    Es fing wieder an zu regnen. Gaius dachte über die letzten Worte des Optio nach. Er hatte Cynric auf dem Marktplatz in Deva gesehen. Es war die Rede davon gewesen, daß Cynric zu einem Ausbildungslager in den Norden geschickt werden sollte. Vielleicht hatte er überlebt.
    Wenn Bendeigid umgekommen war, dann würde der Tod eines so einflußreichen Druiden unabsehbare Folgen haben. Gaius dachte: Mein Vater hatte bestimmt geheime Information und wußte, was hier auf dem Spiel steht.
    Nun ja, im Augenblick konnte Gaius nur abwarten und sehen, was die Zukunft bringen mochte. Immerhin gab es noch eine Hoffnung. Die verbrannten Häuser mußten nicht unbedingt bedeuten, daß die Menschen, die hier gelebt hatten, in Gefangenschaft geraten oder tot waren. Mairi war vielleicht längst wieder auf ihrem eigenen Hof. Dieda sollte schon längst in Vernemeton sein. Aber Eilan… Vermutlich durfte er sich keine Hoffnung machen, daß Eilan oder die kleine Senara noch am Leben waren… und auch die freundliche Rheis nicht.
    Gaius staunte über das Maß seiner Trauer. Erst jetzt wurde ihm deutlich bewußt, daß ihm diese Menschen mehr wert waren als seine Laufbahn oder das ganze römische Reich.
    Hätte ich Eilan entführt, dann wäre sie noch am Leben. Ich hätte mich behaupten müssen…
    Aber er hatte nichts getan. Er hatte sich gefügt, und nun ließ sich das nicht mehr ändern. Eine Erinnerung stieg in ihm auf - seine Mutter lag kalt und bleich auf ihrem Lager. Die Frauen im Raum jammerten und klagten. Er weinte ebenfalls, aber dann erschien sein Vater, zog ihn aus dem Zimmer und sagte streng: »Ein Römer weint nicht.«
    Aber jetzt weinte Gaius um seine Mutter und um die Frauen, die ihm so nahe standen wie die Familie, die sie ihm hätten sein können.
    Die Soldaten durften seine Schwäche nicht sehen. Er hielt das Gesicht in den Regen, damit sie seine Tränen für Regentropfen hielten.

9. Kapitel
    »Wo ist mein Mann?« Mairi war am späten Vormittag völlig verstört aufgewacht. »Wo ist Rhodri? Er hätte uns vor diesen Männern beschützt… «
    Eilan spürte die Nachwirkungen der durchwachten Nacht und sah ihre Schwester erschöpft

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