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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Gaius.
    Und doch war Gaius sein Vater! Seinetwegen hatte sie keine Einwände dagegen erhoben, daß er diese vornehme Römerin geheiratet hatte. Und nun wollte sich Gaius von Julia scheiden lassen und Senara heiraten - ausgerechnet Senara, die für Eilan fast wie eine kleine Schwester geworden war. Natürlich, Senara war jünger und in den Augen von Gaius vermutlich schöner als sie…
    An Eilans Gürtel hing der kleine gebogene Dolch, den sie bei ihrer Einweihung bekommen hatte. Bei den Ritualen hatte sie ihn oft benutzt, um die Haut für den rituellen Blutstropfen zu ritzen, der in die heilige Schale fallen mußte… An ihrem Handgelenk schlug der Puls so heftig, daß sie das pochende Blut fast zu hören glaubte. Ein fester, tiefer Schnitt, und alle Schwierigkeiten, Ängste und Sorgen wären vorüber - zumindest in diesem Leben.
    Warum sollte sie das Schicksal auf sich nehmen, das die Göttin ihr prophezeit hatte? Während Eilan am Bett ihres Sohnes stand, schien ihr das in der Tat eine Antwort auf alles zu sein…
    Aber was würde aus Gawen werden? Ihr offenkundiger Frevel, das Eingeständnis ihrer Sünde würden ihn das Leben kosten. Die Druiden - und allen voran Bendeigid - würden nicht zögern, das Todesurteil über ihn zu fällen.
    Eilan schob den Dolch wieder in die Scheide zurück und drehte sich um. Im zuckenden Licht der Öllampe mußte in ihrem Gesicht etwas von dem zu sehen sein, was in ihr vorgegangen war, denn Huw eilte sofort herbei.
    »Herrin?«
    »Wir gehen in mein Haus zurück. Hol mir Senara!«
    Es dauerte nicht lange, und er erschien mit Senara, die offenbar ebenfalls nicht hatte schlafen können. Ihr Gewand war zerknittert, das Gesicht mit Tränen verschmiert und die Augen rot gerändert. Als sie Eilan sah, rief Senara: »Herrin… bitte… verzeih mir… «
    Sie schluchzte so heftig, daß sie kein Wort mehr hervorbrachte.
    »Sei ruhig«, sagte Eilan, »dazu habe ich jetzt keine Kraft mehr. Ich habe das Zeichen erhalten, daß ich bald sterben werde. Es ist ein Geschenk der Göttin, daß die Hohepriesterin weiß, wann ihre Zeit gekommen ist… «
    Sie machte eine Pause, und Senara sank schluchzend auf die Bank. »Das kann nicht sein«, flüsterte sie verzweifelt. »In der Heiligen Schrift steht, daß kein Mensch weiß, was ihm ein Tag bringen mag… «
    »Schweig!« sagte Eilan erschöpft. »Wie kannst du es wagen, so zu mir zu sprechen? Ich muß dir etwas Wichtiges sagen, und ich weiß nicht, ob ich später noch Gelegenheit dazu habe. Wenn ich mich irre, ist es nicht wichtig, aber wenn ich recht habe, dann wirst du mich verstehen. Hör zu, ich… ich möchte dich um etwas bitten… «
    »Du willst mich um etwas bitten?« fragte Senara eingeschüchtert. »Ich werde alles tun… «, flüsterte sie.
    Eilan sammelte Kraft. Sie besann sich auf die Ruhe ihres innersten Wesens, mit dem sie sich als Priesterin verbinden konnte.
    »Du hast gehört, daß Gaius und ich einen Sohn haben. Es ist Gawen.«
    Als Senara etwas erwidern wollte, hob Eilan die Hand und bedeutete ihr zu schweigen.
    »Ich möchte, daß du Gaius heiratest und seinen Sohn mit dir nimmst.«
    Ihre Stimme klang so klar und fest, daß es an ihrem Entschluß nichts zu zweifeln gab.
    »Senara, versprich mir, daß du gut zu ihm sein wirst… «
    »Nein!« rief Senara. »Ich würde Gaius Severus nicht mehr heiraten, und wenn er der einzige Mann auf der Welt wäre… «
    »Du wolltest alles tun, worum ich dich bitte«, erwiderte Eilan ruhig. »Hältst du so dein Wort?«
    Senara rannen die Tränen über die Wangen, als sie flüsterte: »Ich möchte nur das tun, was für dich richtig ist. Wenn du glaubst… «, sie rang um jedes Wort, »… daß Gott dich zu sich nehmen will, dann ist das SEINE Sache. Aber du darfst dir nicht das Leben nehmen, Eilan!«
    Eilan richtete sich auf und erwiderte mit ihrer ganzen Würde und Autorität: »Es kommt nicht darauf an, was ich tue oder nicht. Aber wenn du mir nicht helfen willst, Senara, dann kannst du gehen.«
    Senara fing an zu zittern, und Eilan mußte widerwillig ihre Entschlossenheit bewundern, als Senara schluchzend erwiderte: »Ich werde nicht gehen. Ich werde dich jetzt nicht alleinlassen.«
    »Dann bitte ich dich im Namen deiner Liebe für Gaius, nimm Gawen zu dir und sorge für seinen Sohn… «
    »Du mußt leben, weil du dich um deinen Sohn kümmern mußt!« rief Senara. »Du hast ein Kind, wie immer das auch gekommen sein mag. Du darfst nicht nur an dich denken. Gawen ist jung und gesund. Du mußt

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