Die Waffen nieder!
liegt für den ausziehenden Krieger darin – wie mächtig hebt dies seine Kampfes- und Todesfreudigkeit! Er kann getrost, wenn ihn sein König ruft, in die Reihen der Kämpfer treten und auf Sieg und Segen für die gerechte Sache rechnen; Gott der Herr wird dieselben unserem Volke ebensowenig entziehen, wie einst seinem Volke Israel, wenn wir nun zu ihm betend die Arbeit des Kampfes tun. Der innige Zusammenhang zwischen Gebet und Sieg, zwischen Frömmigkeit und Tapferkeit ergibt sich leicht – denn was kann mehr Freudigkeit im Angesicht des Todes gewähren, als die Zuversicht, wenn im Schlachtgewühl die letzte Stunde schlägt, vor dem himmlischen Richter Gnade zu finden? Treue und Glauben in Verbindung mit Mannhaftigkeit und Kriegstüchtigkeit gehören zu den ältesten Traditionen unseres Volkes.« In diesem Tone ging es noch lange fort: bald in öliger Milde, gesenkten Hauptes, mit sanftem Tonfall von Liebe, Himmel, Demut, »Kindlein«, Heil und »köstlichen Dingen«; – bald mit militärischer Kommandostimme, bei stolz in die Brust geworfener Haltung, von strenger Sitte und strammer Zucht – scharf und schneidig – Schwert und Wehr. Das Wort »Freude« wurde nicht anders als in den Znsammensetzungen Todes-, Kampfes- und Sterbensfreudigkeit gebraucht. Vom feldprobstlichen Standpunkt scheinen eben Töten und Getötetwerden als die vornehmsten Lebensfreuden zu gelten. Alles übrige ist erschlaffende, sündhafte Lust. Auch Verse wurden deklamiert. Zuerst das Körnersche:
Vater, du führe mich,
Führ' mich zum Siege, führ' mich zum Tode!
Herr, ich erkenne deine Gebote.
Herr, wie du willst, so führe mich,
Gott, ich erkenne dich!
Dann das alte Volkslied aus dem 30jährigen Kriege:
Kein sel'ger Tod ist in der Welt,
Als wie vom Feind erschlagen,
Auf grüner Au', im freien Feld,
Darf nicht hören groß Wehklagen.
Im engen Bett, da einer allein
Muß an den Todesreih'n,
Hier aber find't er Gesellschaft sein –
Fallen wie Kraut im Maien.
Ferner das Lenausche Lied vom kriegslustigen Waffenschmied:
Friede hat das Menschenleben
Still verwahrlost, sanft verwüstet,
Wie er seiner Tat sich brüstet,
Alles hängt voll Spinneweben ...
Ha! nun fährt der Krieg dazwischen,
Klafft und gähnt auch manche Wunde,
Gähnt man selt'ner mit dem Munde,
Kampf und Tod die Welt erfrischen.
Und schließlich noch das Wort Luthers:
»Sehe ich den Krieg an als ein Ding, das Weib, Kind, Haus, Hof, Gut und
Ehre schützt und Frieden damit erhält und bewahrt, so ist er eine gar köstliche Sache.
»Nun ja – sehe ich den Panther als eine Taube an, so ist der Panther ein gar sanftes Tierchen,« bemerkte ich ungehört.
Gern hätte ich auch auf seine poetischen Ergüsse die Worte Bodenstedts entgegnet:
Ihr mögt von Kriegs- und Heldenruhm
So viel und wie ihr wollt verkünden,
Nur schweigt von eurem Christentum,
Gepredigt aus Kanonenschlünden.
Bedürft ihr Proben eures Muts,
So schlagt euch wie die Heiden weiland.
Vergießt so viel ihr müßt des Bluts,
Nur redet nicht dabei vom Heiland.
Noch gläubig schlägt das Türkenheer
Die Schlacht zum Ruhme seines Allah,
Wir haben keinen Odin mehr,
Tod sind die Götter der Walhalla.
Seid was ihr wollt, doch ganz und frei
Auf dieser Seite wie auf jener,
Verhaßt ist mir die Heuchelei
Der kriegerischen Nazarener.
»Aber unser »kriegerischer Nazarener« sah nicht, was in meinem Geiste vorging; er ließ sich in seinem Redefluß nicht irre machen und als er sich empfahl, da hatte er das Bewußtsein, mich zweier Dinge überführt zu haben; daß der Krieg vom christlichen Standpunkte aus ein gerechtfertigter – und an und für sich eine köstliche Sache sei. Durch diesen rhetorischen Sieg seiner Berufspflicht nachgekommen zu sein und damit dem fremden Herrn Obersten einen beträchtlichen Dienst erwiesen zu haben, war ihm sichtlich sehr befriedigend, denn als er sich zum Gehen erhob und wir ihm unseren Dank für die bereitwillige Bemühung aussprachen, erwiderte er abwehrend:
»Es ist an mir , Ihnen zu danken, mir die Gelegenheit geboten zu haben, durch mein schwaches Wort, dessen ganze Wirksamkeit dem vielfach herangezogenen Worte Gottes zuzuschreiben ist, solche Zweifel zu verscheuchen, welche sowohl der Christin als der Soldatenfrau nur quälend sein mußten. Der Friede sei mit Ihnen!«
»Ach!« stöhnte ich, nachdem er sich entfernt hatte, »das war eine Qual!«
»Ja, das war es,« bestätigte Friedrich. »Besonders unsere Unaufrichtigkeit war mir nicht behaglich –
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