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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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lieber gleich, daß zu den für das Vaterland gefallenen Kriegern auch unser tapferer Bruder Karl zählt.« Ich unterbrach mich, um die Freundin zu umarmen.
    »Bis dahin war ich gekommen,« sagte sie leise.
    Mit tränenerstickter Stimme las ich weiter.
    »Dein Mann ist unversehrt und so auch ich. Hätte die feindliche Kugel doch lieber mich getroffen: ich beneide Karl um seinen Heldentod – er fiel zu Anfang der Schlacht, und weiß nicht, daß diese wieder – verloren ist. Das ist gar zu bitter. Ich habe ihn fallen gesehen, denn wir ritten nebeneinander. Ich sprang gleich ab, um ihn aufzuheben – nur noch einen Blick und er war tot. Die Kugel muß ihm durch Herz oder Lungen gedrungen sein! es war ein schnelles, schmerzloses Ende. Wie viele andere mußten stundenlang leiden und mitten im Toben der Schlacht hilflos daliegen, bis sie der Tod erlöste. Das war ein mörderischer Tag – mehr als tausend Leichen – Freund und Feind – bedeckten die Walstatt. Ich habe unter den Toten so manches liebe, bekannte Gesicht erkannt – das ist unter anderen, auch der arme – (hier mußte die Seite umgewendet werden), der arme Arno Dotzky –« Ich fiel ohnmächtig zu Boden.
    * * *
    »Jetzt ist alles aus, Martha: Solferino hat entschieden: wir sind geschlagen.«
    Mit diesen Worten kam mein Vater eines Morgens auf das Gartenplätzchen geeilt, wo ich unter den Schatten einer Lindengruppe saß.
    Ich war mit meinem kleinen Rudolf in mein Mädchenheim zurückgekehrt. Acht Tage nach dem großen Schlage, der mich getroffen, übersiedelte meine Familie nach Grumitz, unserem Landsitz in Niederösterreich, und ich mit ihr. Allein hätte ich ja verzweifeln müssen. Jetzt waren sie wieder alle um mich, wie vor meiner Verheiratung: mein Vater, Tante Marie, mein kleiner Bruder und meine zwei aufblühenden Schwestern. Sie alle taten, was sie nur konnten, meinen Kummer zu lindern und behandelten mich mit einer Art Hochachtung, die mir wohltat. In meinem traurigen Schicksal lag für sie offenbar eine gewisse Weihe, etwas, was mich über meine Umgebung erhob – selbst eine Gattung Verdienst. Neben dem Blute, das die Soldaten auf dem Altar des Vaterlandes vergießen, bilden ja die am selben Altar vergossenen Tränen der beraubten Soldatenmütter, Frauen und Bräute die nächste heilige Libation. So war es auch ein leises Stolzgefühl – ein Bewußtsein, daß es sozusagen eine militärische Würde vorstellt, einen geliebten Mann auf dem Felde der Ehre verloren zu haben, welches mir meinen Schmerz am besten tragen half. Und ich war ja nicht die einzige. Wie viele, viele im ganzen Land trauerten jetzt um ihre in italienischer Erde ruhenden Lieben ...
    Nähere Einzelheiten über Arnos Ende sind mir damals nicht bekannt geworden; man hatte ihn tot aufgefunden, agnosziert, begraben, das war alles, was ich wußte. Sein letzter Gedanke war gewiß zu mir und zu unserem kleinen Liebling geflogen, und sein Trost im letzten Augenblick muß das Bewußtsein gewesen sein: Ich habe meine Pflicht – mehr als meine Pflicht getan.
    »Wir sind geschlagen,« wiederholte mein Vater düster, indem er sich neben mich auf die Gartenbank setzte.
    »Also wurden die Geopferten umsonst geopfert,« seufzte ich
    »Die Geopferten sind zu beneiden, weil sie von der Schmach nichts wissen, die uns getroffen hat. Aber mir werden uns schon noch aufraffen, wenn auch jetzt – wie es heißt – Friede geschlossen werden soll –«
    »Ah, Gott geb's!« unterbrach ich »Für mich Arme freilich zu spät ... aber so werden doch tausend andere verschont.«
    »Du denkst immer nur an dich und an die einzelnen Menschen. Aber in dieser Frage handelt es sich um Österreich.«
    »Und besteht dieses nicht aus lauter einzelnen Menschen?«
    »Mein Kind, ein Reich, ein Staat lebt ein längeres und wichtigeres Leben als die Individuen. Diese schwinden, Generation um Generation, und das Reich entfaltet sich weiter; wächst zu Ruhm, Größe und Macht, oder sinkt und schrumpft zusammen und verschwindet, wenn es sich von anderen Reichen besiegen läßt. Darum ist das wichtigste und höchste, was jeder einzelne erstreben muß und wofür er jederzeit gern sterben soll, die Existenz, die Größe, die Wohlfahrt des Reiches.«
    Diese Worte prägte ich mir ein, um sie am selben Tag in den roten Heften zu notieren. Sie schienen mir so kräftig und bündig dasjenige auszudrücken, was ich in meiner Lernzeit aus den Geschichtsbüchern herausgefühlt hatte, und was mir in der letzten Zeit – seit Arnos

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