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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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dich gar so angelegentlich erkundigst? Er ist zu haben – das heißt er ist noch ledig. Darum soll er aber doch nicht frei sein ... Man munkelt, daß eine sehr hohe Dame (Althaus nannte eine Prinzessin aus regierendem Hause) ihn durch zarte Bande an sich fesselt – deshalb heirate er nicht. Sein Regiment ist erst seit kurzer Zeit hierher versetzt worden, daher hat man ihn noch nicht viel in der Gesellschaft gesehen – auch ist er, glaube ich, ein Feind von Bällen und dergleichen. Ich habe ihn im adeligen Kasino kennen gelernt, wo er täglich ein paar Stunden verbringt, aber gewöhnlich im Lesezimmer in die Zeitungen, oder mit unseren besten Schachspielern in eine Partie vertieft. Ich war erstaunt, ihn hier zu treffen – da jedoch die Hausfrau seine Cousine ist, so erklärt sich seine kurze Erscheinung auf dem Ball – er ist auch schon wieder weg. Nachdem er sich von dir empfohlen, sah ich ihn fortgehen.«
    »Hast du ihn noch mehreren anderen Damen vorgestellt?«
    »Nein, nur dir. Aber darum mußt du dir nicht einbilden, daß du es ihm von weitem angetan, und er deshalb verlangte, dich kennen zu lernen: – »Können Sie mir nicht sagen, fragte er mich, ob eine gewisse Gräfin Dotzky, geborene Althaus – vermutlich mit Ihnen verwandt – hier anwesend ist? Ich muß mit derselben sprechen.« – »Ja, antwortete ich, auf dich zeigend – dort in jener Ecke auf dem Sofa – im blauen Kleide.« – »Ah, die? Seien Sie so gut, stellen Sie mich vor.« – Was ich denn bereitwilligst tat, ohne zu ahnen, daß ich dich dadurch um deine Ruhe bringen würde.«
    »So sprich doch keinen Unsinn, Konrad – meine Ruhe ist nicht so leicht zu untergraben. Tilling? was ist das für eine Familie? – ich höre den Namen zum erstenmal.«
    »Aha, du gibst nicht nach ... Ist das ein Glücksmensch! Ich habe mich durch volle drei Monate, mit Aufwand aller meiner Bezauberungskräfte, in deine Gunst einzuschleichen versucht – vergebens. Und dieser kalte Oberstleutnant – denn er ist kalt und gefühllos, laß dir das gesagt sein – kam, sah und siegte. – Was ›Tilling‹ für eine Familie sei, fragtest du? Ich glaube preußischen Ursprungs – doch war schon sein Vater in österreichische Dienste getreten – seine Mutter ist auch Preußin – du mußt seinen norddeutschen Akzent bemerkt haben.«
    »Ja, er spricht ein wunderschönes Deutsch.«
    »Natürlich – alles ist wunderschön an ihm.« Althaus stand auf. »Jetzt habe ich gerade genug. Erlaube, daß ich dich deinen Träumen überlasse; ich will versuchen, mich mit Damen zu unterhalten, welche –«
    »Dich wunderschön finden. Solche gibt es wohl genug.«
    Ich verließ den Ball zu früher Stunde. Meine Schwestern konnten unter dem Schutze Tante Maries noch bleiben und mich hielt nichts zurück. Die Lust am Tanzen war mir vergangen, ich fühlte mich ermüdet und sehnte mich nach Einsamkeit. Warum ... Es scheint doch so – da ich noch um Mitternacht die roten Hefte mit Eintragung der oben angeführten Gespräche bereicherte und Betrachtungen daran knüpfte, wie folgt: »Ein interessanter Mensch, dieser Tilling – Die hohe Frau, die ihn liebt, denkt jetzt wahrscheinlich an ihn ... oder vielleicht kniet er in diesem Augenblick zu ihren Füßen und sie ist nicht so allein – allein – wie ich. Ach, jemand so recht innig lieben zu können ... es müßte nicht eben Tilling sein – ich kenne ihn ja nicht ... Nicht um Tilling beneide ich die Prinzessin, aber um ihr Verliebtsein. Und je leidenschaftlicher, je wärmer sie ihm zugetan ist, desto mehr beneide ich sie.«
    Mein erster Gedanke beim Erwachen war wieder – Tilling. Ja richtig: er hatte sich für diesen Tag behufs wichtiger Mitteilungen bei mir angesagt. So gespannt, wie auf diesen Besuch, hatte ich mich schon lange nicht gefühlt.
    Um die bestimmte Stunde gab ich Befehl, daß mit Ausnahme des Erwarteten niemand vorgelassen werde. Meine Schwestern waren nicht zu Hause, Tante Marie, die unermüdliche garde-dame , hatte sie auf den Eislaufplatz begleitet.
    Ich setzte mich in meinen kleinen Salon – mit einer hübschen Haustoilette von violettem Samt angetan (violett steht Blondinen bekanntlich vorteilhaft), nahm ein Buch zur Hand und wartete. Lang' habe ich nicht warten müssen: zehn Minuten nach zwei trat Freiherr von Tilling bei mir ein.
    »Wie Sie sehen, Gräfin, habe ich von Ihrer Erlaubnis pünktlich Gebrauch gemacht,« sagte er mir die Hand küssend.
    »Glücklicherweise,« antwortete ich lächelnd, indem ich ihm

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