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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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ausgeschlagen, wieviel Herrschaften Fürst Croy besitzt, was die junge Almasy für eine »Geborene« sei, ob eine Festetics oder eine Wenkheim, und ob die Wenkheim, deren Mutter eine Khevenmüller gewesen usw. usw. Das war nämlich so der Stoff der meisten um mich herum geführten Unterhaltungen. Auch die geistvollen und unterrichteten Leute, von welchen doch gar manche in unseren Kreisen sich fanden – Staatsmänner und dergleichen – glaubten sich verpflichtet, wenn sie mit uns – tanzender Jugend – verkehrten, denselben frivolen und inhaltslosen Ton anzuschlagen. Wie gerne hätte ich oft nach einem Diner mich in die Ecke begeben, wo ein paar unserer vielgereisten Diplomaten, beredten Reichsräten, oder sonstige bedeutende Männer über bedeutende Fragen ihre Meinung austauschten – aber das war nicht tunlich; ich mußte schon bei den anderen jungen Frauen bleiben und die Toiletten besprechen, die wir für den nächsten großen Ball vorbereiteten. Und hätte ich mich auch in jene Gruppe eingedrängt, sogleich würden die eben geführten Gespräche über Nationalökonomie, über Byrons Poesie, über Theorien von Strauß und Renan verstummt sein und es würde geheißen haben: »Ach, Gräfin Dotzky! ... gestern auf dem Damen-Picknick haben Sie bezaubernd ausgesehen ... und Sie gehen doch morgen zum Empfang bei der russischen Botschaft?«
    * * *
    »Erlaube, liebe Martha,« sagte mein Vetter Konrad Althaus, »daß ich dir Oberstleutnant Baron Tilling vorstelle.«
    Ich neigte den Kopf. Der Vorstellende entfernte sich und der Vorgestellte blieb stumm. Ich faßte dies als eine Aufforderung zum Tanze auf und erhob mich von meinem Sitz – mit gerundet aufgehobenem linken Arm, bereit, ihn auf Baron Tillings Schulter zu lehnen.
    »Verzeihen Sie, Gräfin,« sagte jener mit einem flüchtigen Lächeln, das blitzend weiße Zähne aufdeckte, »ich kann nicht tanzen.«
    »Ah so – desto besser,« antwortete ich, mich wieder setzend. »Ich hatte mich ohnehin hierher zurückgezogen, um ein wenig auszuruhen.«
    »Und ich hatte mir die Ehre erbeten, Ihnen vorgestellt zu werden, gnädige Gräfin, um Ihnen eine Mitteilung zu machen.«
    Ich blickte erstaunt auf. Der Baron machte ein sehr ernstes Gesicht. Er war überhaupt ein ernsthaft aussehender Mann – nicht mehr jung, etwa vierzig, mit einigen Silberfäden an den Schläfen – im ganzen eine vornehme, sympathische Erscheinung. Ich hatte mir angewöhnt, jeden Neuvorgestellten auf die Frage hin prüfend anzusehen: Bist du ein Freier? – würde ich dich nehmen? Beide Fragen beantwortete ich mir in diesem Falle mit einem schnellen »Nein«. Es fehlte dem Betreffenden durchaus der verbindlich-anbetende Ausdruck, welchen alle jene anzunehmen pflegen, die sich den Frauen mit sogenannten »Absichten« nahen; – und die andere Frage fand schon durch seine Uniform verneinende Erledigung. Ein zweites Mal würde ich keinem Soldaten die Hand reichen – das hatte ich mir fest vorgenommen. Nicht nur aus dem Grunde, um kein zweites Mal der schrecklichen Angst ausgesetzt zu werden, den Gatten ins Feld ziehen zu sehen, sondern well ich seither über den Krieg im allgemeinen zu Ansichten gelangt war, in welchen ich unmöglich mit einem Krieger hätte übereinstimmen können.
    Oberstleutnant von Tilling machte von meiner Aufforderung, sich neben mich zu setzen, keinen Gebrauch.
    »Ich will Sie nicht lange belästigen, Gräfin. Was ich Ihnen mitzuteilen habe, paßt nicht in ein Ballfest. Ich wollte mir nur die Erlaubnis erbitten, mich in Ihrem Hause einzufinden; können Sie mir gnädigst einen Tag und eine Stunde bestimmen, wann ich Sie sprechen darf?«
    »Ich empfange an Sonnabenden zwischen zwei und vier.«
    »Dann gleicht an Sonnabenden zwischen zwei und vier Ihr Haus vermutlich einem Bienenstock, wo die Honigträger aus- und einfliegen –«
    »Und ich als Königin in der Zelle sitze, meinen Sie – das ist ein recht hübsches Kompliment.«
    »Komplimente mache ich nie – ebensowenig als Honig, und so behagt mir die sonnabendliche Schwarmstunde durchaus nicht; ich muß Sie allein sprechen.«
    »Sie reizen meine Neugier. Sagen wir also morgen Dienstag, um die gleiche Stunde; ich werde für Sie und sonst niemand zu Hause sein.«
    Er dankte mit einer Verbeugung und ging.
    Eine Weile später kam mein Vetter Althaus vorbei. Ich rief ihn zu mir, ließ ihn an meiner Seite Platz nehmen und verlangte Auskunft über Baron Tilling.
    »Gefällt er dir? Hat er dir solch tiefen Eindruck gemacht, daß du

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