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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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aber nicht in die Flammen, sondern blieb neben dem Roste liegen. Friedrich hatte sich darauf hingestürzt und hob es auf.
    »Nein, nein, das dürfen wir nicht vernichten – ich bin zu neugierig ... wir wollen es zusammen ansehen. Ich erinnere mich nicht, je deiner Freundin etwas geschrieben zu haben, was auf ein Verhältnis schliche ließe – welches nie bestanden hat.«
    »Aber du gefällst ihr, Friedrich ... Du brauchst nur dein Taschentuch hinzuwerfen –«
    »Glaubst du? ... Komm, laß uns dieses Dokument bestätigen. – Richtig: meine Schrift! Ah, sieh' her, es sind ja die zwei Zeilen, die du mir selber vor einigen Wochen diktiert hattest, als Deine rechte Hand verwundet war:
    »Meine Lori, komm, ich erwarte Dich mit Sehnsucht heute um 5 Uhr nachmittag.
    Martha (noch immer Krüppel).«
    »Die Bedeutung der Klammer nach der Unterschrift hat der Finder des Billetts nicht verstanden ... Das ist wirklich ein komisches Quiproquo. Gottlob, daß dieses prächtige Beweismaterial nicht verbrannt ist – jetzt ist meine Unschuld am Tage. Oder hast du noch immer Verdacht?«
    »Schon seitdem du mir ins Auge gesehen hast – nicht mehr. – Weißt du, Friedrich, daß ich sehr unglücklich gewesen wäre – dir aber doch verziehen hätte. Lori ist kokett, sehr hübsch ... Sag' – hat sie dir nicht Avancen gemacht? – Du schüttelst den Kopf ... Nun freilich: hierin hättest du ein Recht, ja beinah' die Pflicht sogar, mich anzulügen – ein Mann darf weder angenommene noch verschmähte Frauengunst verraten.«
    »Du würdest mir also eine Verirrung verzeihen? Bist du nicht eifersüchtig?«
    »Doch – auf herzquälerische Weise ... Wenn ich dich mir vorstelle, einer anderen zu Füßen, von dem Lippen einer anderen Seligkeit nippend ... gegen mich erkaltet – jedes Begehren erstorben – das ist mir schrecklich. Dennoch – das Ersterben deiner Liebe fürchte ich nicht – dein Herz wird unter keinen Umständen mehr gegen mich erkalten, dessen fühle ich mich sicher – unsere Seelen sind ja so verschlungen, aber – «
    »Ich verstehe. Du brauchst mir aber durchaus nicht zumuten, daß ich für dich fühle wie ein Ehemann nach der silbernen Hochzeit. Dazu sind wir doch noch zu jung verheiratet – so weit das Feuer der Jugend (ich bin freilich schon vierzig Jahre alt) noch in mir lodert, brennt es für dich. Du bist mir das einzige Weib auf Erden. Und sollte in der Tat noch einmal eine andere Versuchung an mich herankommen – ich habe den festen Willen, sie von mir abzuwehren. Das Glück, welches in dem Bewußtsein liegt, den Treueschwur bewahrt zu haben; die stolze Gewissensruhe, mit der man sich sagen kann, daß man den festgeschlungenen Lebensbund in jeder Beziehung heilig gehalten – das alles finde ich zu schön, um es durch vorübergehenden Sinnestaumel vernichten zu lassen. Du hast überhaupt einen so vollständig glücklichen Menschen aus mir gemacht, meine Martha, daß ich über alles, was Berauschung, was Lust, was Vergnügen ist, so erhaben bin, wie der Besitzer von Goldbarren über den Gewinn von Kupfermünzen.«
    Wie wonnig mir solche Worte ins Herz fielen. Ich war dem anonymen Briefschreiber förmlich dankbar, daß er mir zu diesem süßen Auftritt verholfen. Auch habe ich jedes Wort in die roten Hefte gesetzt. Hier kann ich die Eintragung noch nachlesen, unter dem Datum 1./4. 1865. Ach, wie weit – wie weit liegt das alles zurück?
    Friedrich hingegen war gegen den Verleumder höchlichst aufgebracht. Er schwor, herauszubringen, wer das Machwerk verfaßt, um den Täter gehörig zu strafen.
    Ich erfuhr noch am selben Tage, was Ursprung und Zweck des Schriftstücks gewesen; den Erfolg desselben – nämlich, daß Friedrich und ich uns nunmehr noch ein wenig näher gekommen – hatte der Urheber schwerlich vorausgesehen.
    Am Nachmittage ging ich zu meiner Freundin Lori, um ihr den Brief zu zeigen. Ich wollte sie aufmerksam machen, daß sie einen Feind habe, von welchem sie fälschlich verdächtigt wurde, und wollte mit ihr über den Fall lachen, daß mein diktiertes Billett so mißdeutet worden.
    Sie lachte mehr als ich geglaubt.
    »Also du bist über den Brief erschrocken?«
    »Ja, tödlich. Und doch hätte ich beinahe das inliegende Billett ungelesen verbrannt.«
    »Da wäre ja der ganze Spaß mißlungen –«
    »Welcher Spaß?«
    »Du hättest am Ende noch geglaubt, daß ich dich wirklich betrüge. Laß mich bei dieser Gelegenheit dir beichten, daß ich in einer verrückten Stunde – es war nach dem

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