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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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Fasching über nach Prag gezogen. Daß Konrads Regiment gegenwärtig in der böhmischen Hauptstadt lag, war doch nur eine Zufälligkeit? Oder sollte dieser Umstand einigermaßen auf die Wahl des Winteraufenthaltes Einfluß gehabt haben? Als ich letztere Vermutung meiner Schwester Lilli gegenüber fallen ließ, errötete sie tief und antwortete achselzuckend:
    »Du weißt doch, daß ich ihn nicht mag.«
    Mein Vater bezog seine alte Wohnung m der Herrengasse. Er trug uns an, wir möchten uns bei ihm niederlassen, da er genügend Raum dazu hätte; wir zogen es aber vor, allein zu leben, und mieteten am Franz-Joseph-Quai ein kleines Mezzanin. Meines Mannes Gehalt und das mir von meinem Vater ausgestellte Monatsgeld genügten für unseren bescheidenen Haushalt reichlich. Auf abonnierte Logen, Hofbälle – überhaupt auf »in die Welt gehen« mußte freilich verzichtet werden. Aber wie leicht verzichteten wir da! Es war uns sogar angenehm, daß meine pekuniären Verluste dieses Zurückziehen rechtfertigten – denn wir liebten die Zurückgezogenheit.
    Einem kleinen Kreise von Verwandten und Freunden blieb unser Haus immerhin offen. Besonders meine Jugendfreundin Lori Griesbach besuchte uns oft, öfter beinahe als mir lieb war. Ihre Gespräche, die mir schon früher stark oberflächlich erschienen waren, fand ich jetzt gar ermüdend schal, und ihr Interessenhorizont, dessen Enge ich immer erkannt hatte, machte mir den Eindruck, jetzt noch zusammengeschrumpfter zu sein. Aber hübsch war sie und lebhaft und kokett. Ich begriff, daß sie in der Gesellschaft so manchen den Kopf verdrehte – und es hieß, daß sie sich nicht ungern den Hof machen ließ. Was mir nicht ganz angenehm war, war die Wahrnehmung, daß ihr Friedrich sehr wohl gefiel, und daß sie manche Blickpfeile auf ihn abschoß, welche offenbar die Bestimmung hatten, in seinem Herzen sitzen zu bleiben. Loris Mann, eine Zierde des Jockeyklubs, des Rennplatzes und der Theaterkulissen, war bekanntermaßen so wenig treu, daß eine kleine Rachenahme ihrerseits nicht allzu streng zu verdammen gewesen wäre; aber daß Friedrich als Revanchemittel dienen sollte – dagegen hätte ich doch einiges einzuwenden gehabt ...
    Eifersüchtig – ich? ... Ich wurde rot, als ich mich bei dieser Erregung ertappte. Ich war ja seines Herzens so sicher ... Keine, keine auf der Welt konnte er so lieben wie mich. Nun ja: lieben – aber eine kleine Verliebtseinsflamme – die hätte immerhin neben der mir geweihten, sanften Glut aufflackern können ... Lori verhehlte mir gar nicht, wie sehr sie an Friedrich Gefallen fand:
    »Hörst du, Martha – du bist wirklich zu beneiden um diesen scharmanten Mann.« Oder: »Bewache ihn nur ordentlich, deinen Friedrich, denn dem setzen gewiß alle Frauenzimmer nach.«
    »Ich bin seiner Treue sicher,« antwortete ich darauf.
    »Laß dich nicht auslachen – als ob »treu« und »Ehemann« nebeneinander genannt werden könnten, das gibt's nicht. Du weißt, wie zum Beispiel mein Mann –«
    »Mein Gott, vielleicht bist du da auch falsch berichtet. Dann sind ja nicht alle gleich –«
    »Alle, alle – glaube mir. Ich kenne keinen von unseren Herren, der nicht ... Unter denen, die mir den Hof machen, sind mehrere verheiratet – was wollen die nun? Offenbar nicht mich und nicht sich in ehelicher Treue üben.«
    »Sie wissen vermutlich, daß du sie nicht erhören wirst ... Und gehört Friedrich auch zu dieser Phalanx?« fragte ich lachend.
    »Das werde ich dir doch nicht sagen, Gänschen. Es ist ohnehin sehr schön von mir, dich aufmerksam zu machen, wie gut er mir gefällt. Jetzt heißt es nur, ein wachsames Auge öffnen.«
    »Ich habe es schon weit offen, dieses Auge, Lori, und dasselbe hat bereits mit Mißbehagen verschiedene Koketterie-Angriffe deinerseits wahrgenommen.«
    »Da haben wir's! So werde ich mich in Zukunft besser verstellen müssen« ...
    Wir lachten beide; dennoch fühlte ich, daß – so wie hinter meiner scherzhaft vorgebrachten Eifersucht eine wirkliche Regung dieser Leidenschaft sich verbarg – so auch unter ihrer vermeintlich neckenden Rede ein Kern von Wahrheit lag.
    Loris Mann hatte den Schleswig-Holsteiner Feldzug nicht mitgemacht, und das verdroß ihn sehr. Auch Lori ärgerte sich ob dieses »Pechs«.
    »So ein schöner, siegreicher Krieg!« klagte sie. »Jetzt wäre Griesbach gewiß um eine Stufe im Rang vorgerückt. Nun, das Tröstliche ist, daß bei seiner nächsten Kampagne –«
    »Was fällt dir ein?« unterbrach ich.

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