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Die Waffenhändler von Hamor

Titel: Die Waffenhändler von Hamor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Vertrauen wie auf dem Wert der Waren? Er lacht. Wieder eine einfache Frage mit einer simplen Antwort. Natürlich, denn kein Händler kann vorher den wirklichen Wert der Waren prüfen. Sie können im Innern verdorben sein, gutes Getreide kann von schlechtem umgeben sein, gute Baumwolle kann man über solche von schlechter Qualität wickeln.
    Mit einem tiefen Seufzer richtet Lorn den Blick wieder ins Glas und konzentriert sich, um noch einmal Baryat aufzusuchen.
    Als die Silbernebel wabern und sich schließlich verziehen, zeigt das Bild den Bauern, der mit einem großen, schlanken Mann spricht, welcher graue Kleidung trägt und eine schwarze Lederweste; er hält einen Bogen in der Hand. Lorn runzelt die Stirn. Bogenschützen – gute Bogenschützen – können töten, ohne gesehen zu werden.
    Lorn versteht die Sorge oder auch den Ärger des Bauern, aber er fragt sich erneut, wie schwer wohl die Trauer über die verlorene Tochter dabei wiegt und wie viel die Wut und die Furcht vor dem Verlust von Gold sowie vor der Aufdeckung der früheren Bestechungen. Lorn bedauert den Tod der Frau noch immer, aber die Erfahrung hat gezeigt, dass für viele Leute in Cyador Gold mehr wert ist als eine Tochter. Auch diese Feststellung bedrückt ihn, denn sie ist wahr, das weiß er.
    Lorn senkt den Blick, während er darüber nachdenkt, gegen wie viele hier geltende Handelsgesetze Baryat bereits verstoßen hat. Er hat beinahe einen ganzen Achttag gebraucht, um all die Zollvorschriften und Gesetze Cyadors in dem Buch zu lesen, das er sich von Neabyl geborgt hat, und all die Abschnitte zu finden, die auf Baryat zutreffen. Die Gesetze sind sehr klar formuliert. Wer einen Buchhalter besticht, kann all sein Land verlieren und sogar sein Leben verwirken. Lorn hat nur ein Problem dabei. Er kann die Bestechung nicht beweisen, und auch nicht, wer wen bestochen hat. Die Reaktion des sligonischen Kapitäns war jedoch eine weitere Bestätigung für Flutaks Machenschaften.
    Dem Olivenbauern Baryat kann Lorn vielleicht aber beweisen, dass dieser einen Söldner angeheuert hat, um ihn zu töten; ein Vergehen, das ebenso mit dem Tod bestraft wird.
    Schließlich zuckt er die Schultern. Morgen wird er etwas unternehmen. Im Augenblick kann er nur wenig tun, was ihn in seinem Vorhaben weiterbringen würde.
    Er trinkt einen Schluck Wasser aus dem Humpen, dann verrückt er die größeren Papiere neben sich auf dem Schreibtisch, sodass er sie bequem mit der rechten Hand erreichen kann, bevor er sich wieder auf das Chaos-Glas konzentriert.
    Als das Bild erscheint – ein Tal mit mehreren Höfen und einer Straße entlang einer Hügelkette im Westen –, blickt Lorn vom Glas aufs Papier neben sich. Sorgfältig zeichnet er den Verlauf des Baches ein und die Lage des kleinen Weilers, der gut hundert Meilen westlich von Jera liegt, nahe bei den Hügeln des Endlosen Grases.
    In den vergangenen fünf Achttagen, in denen er – meist am Abend – mit dem Glas gearbeitet hat, hat er eine ganze Reihe von Karten angelegt. Langsam überkommt ihn die Sorge über die enormen Verwüstungen, die die Barbaren anrichten. An der nordwestlichen Küste von Cyador gibt es keine Außenposten der Spiegellanzenkämpfer – nicht westlich von Biehl. Inividra ist der nächste Außenposten, aber dieser liegt gut zweihundert Meilen südöstlich von Biehl und Lorns Kaserne.
    In der Vergangenheit haben die Jeranyi-Barbaren ihre Angriffe auf jene Teile Cyadors beschränkt, wo die Grashügel niedrig und halbwegs passierbar sind. Die Unwegsamkeit des Geländes östlich von Biehl bietet den Menschen dort Schutz genug; das und die Tatsache, dass es dort noch weniger zu holen gibt für Räuberbanden als anderswo in den Grashügeln.
    Lorn schiebt diese Gedanken für einen Augenblick zur Seite und konzentriert sich darauf, das auf die Karte zu übertragen, was er im Glas sieht.
    Als die Messerstiche in seinen Augen stärker werden, schiebt er das Glas beiseite und steht auf. Er schreitet in dem kleinen Arbeitszimmer seiner Gemächer auf und ab. Mit der Zeit wird er immer geschickter im Umgang mit dem Glas und er kann es immer länger benutzen, aber am Ende kommt immer dasselbe heraus. Oder rühren seine Schmerzen daher, dass er nie aufhört, bevor er diesen Punkt erreicht?
    Er bleibt stehen, um einen Schluck aus dem Humpen zu nehmen.

 
XXIII
     
    I m frühen Morgenlicht, welches das Arbeitszimmer des Kommandanten erhellt, liest Lorn wieder im Kaiserlichen Gesetzbuch, während er auf Helkyt wartet.

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