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Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Titel: Die wahre Lehre - nach Mickymaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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als schöne Muster machen. Das ist ein weitverbreiteter Irrtum.«
    Er tauchte seinen Finger in meinen Wein und rettete die Fliege.
    Ich nahm seine Hand und drückte sie. Mein Herz schlug, und ich rang nach Atem.
    »Wolfgang. Wolferl, geliebter Amadeus … Ich möchte mit dir schlafen.«
    Er fuhr zurück und starrte mich mit einem wilden Blick an. Dann führte er langsam meine Hand an seine Lippen.
    Als wir zur Rauhensteingasse gingen, war ich von heiterer Fröhlichkeit durchströmt.
    »Die Liebe, die nicht wagt, ihren Namen zu nennen«, sagte ich. »Ein Ire hat es so genannt.«
    »Ein Ire in der Zukunft?« fragte er spielerisch.
    »Ja, aber nicht so weit wie ich.«
     
    In seiner Wohnung war es nicht das übliche Rein und Raus. Wir bewegten uns sanft, wie in einem Traum. Ich dachte: Sex ist Austausch. Um es kurz und präzise zu formulieren, wird etwas von einem an den anderen weitergegeben, und es wird aufgenommen oder zurückgewiesen. Obwohl ich von meinen Liebhabern diesen Dienst erwartete und fast forderte, konnte ich selbst die Glitschigkeit des Samens und seinen heißen Geschmack auf meiner Zunge kaum ertragen. Das war jetzt anders. Ich war begierig danach und hielt ihn lange, nachdem er zugestoßen und sich zurückgezogen hatte. Ein Raum des Schweigens entstand.
    »Ich wollte nicht …«
    »Ist schon gut.« Aber er war niedergeschlagen und befangen. In seinen Augen stand Vorwurf.
    »Aber hast du mich lieb? Hast du mich auch wirklich lieb?«
    Fast hätte ich gelacht. Dann erhob sich eine große Welle von Trauer, meine lange Vergangenheit von schlechtem Gewissen und Schweigen, und ließ mich ernst werden. Ich dachte an all die Jahre, in denen ich diese kurzen Worte, die uns so unglücklich machen, vermieden hatte. Ich dachte daran, wie ich alles Glück damit genauso vermieden hatte, und beteuerte mir innerlich, daß damit jetzt Schluß sein würde.
    »Ja. Ich liebe dich. Mehr als mein Leben.«
    »Mehr als dein Leben?«
    »Mein Leben«, scherzte ich, »ist nicht liebenswert.«
    »Dann hilf mir.«
    »Du meinst, du willst immer noch …? Mein Gott. Du würdest Constanze und Franzerl verlassen, und deine Arbeit …«
    »Ich sterbe sowieso! Ich weiß es! Was kann ich hier schon noch tun. Aber du bist gewandt, gesund, reich, kennst dich mit Musik aus und würdest mit diesen Leuten klarkommen, mit Schikaneder und … und Puchberg, van Swieten, du lieber Gott, was sie verlangen ist widerlich! Nur für ein paar elende Dukaten!«
    »Was? Du machst das mit … mit …«
    »Bitte!«
    »Aber ich, ich bin korrupt genug, mir würde das nichts ausmachen, meinst du das, ich könnte deine Musik fälschen, deine Karriere, erfolgreich sein, wo du es nicht geschafft hast, das denkst du doch?«
    »Aber du wärest ich.«
    »Und du ich. Könntest du damit leben? Denkst du, du wärst dem gewachsen, was das Leben von mir verlangt?«
    »Hier sterbe ich«, sagte er ruhig.
    »So. So. In Ordnung. Zieh meine Sachen an.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Zieh dich an!« Ich hätte ihm das Geld dagelassen. Er hätte sich zurückziehen und noch zehn Jahre in Frieden leben können, ohne Ärger mit Rechnungen oder dem angefangenen Quartett auf seinem Schreibtisch. Ich hatte ihm den Schlüssel zu diesem Frieden geben wollen.
    Wir eilten zur Taverne und gingen in den Hinterhof.
    »Stell dich hierher!« sagte ich und plazierte ihn an die Stelle, wo ich gestanden hatte. Ich trat ein paar Schritte zurück. Es blieben vielleicht noch fünf Minuten. Er konnte nicht für mich gehalten werden. Er war fünf Zentimeter kleiner, der Umhang schleifte im Dreck. Keiner würde ihm auch nur eine Sekunde glauben, es sei denn, die Zeit würde Korrekturen vornehmen, es sei denn, Gedächtnis und Charakter konnten so leicht ausgelöscht werden wie Worte. Es dämmerte, und Zweifel stieg in mir auf. Wenn unser gemeinsamer Name – Gottlieb – von Gottes Vertrauen in uns sprach, betrogen wir Ihn nicht, wenn wir unsere Zeit verließen? Wenn Er noch nicht geboren war, verdammten wir nicht nur uns selbst durch eine solche Veränderung der Geschichte. Wozu brauchte Er die Zeit, wenn nicht zum Wachsen? Und warum hatte Er uns den Zeitsinn gegeben, das Geschenk der Musik, wenn nicht, um unsere Hilfe zu gewinnen? Ich wollte sprechen, aber da griff Mozart sich an die Brust und starrte nach oben.
    »Oh«, schrie er.
    Ein prickelnder Zukunftssog ergriff mich. Plötzlich wurde ich wieder durch das Sieb des Werdens gepreßt, und alles, was nicht wirklich zu mir gehörte, wurde weggerissen;

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