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Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Titel: Die wahre Lehre - nach Mickymaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Arbeit in einer anderen Einheit bekomme?«
    Madeline bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. »Als was denn?«
    Knox stand auf und ging steifbeinig zur Tür.
    »Es tut mir leid, Morris. Ich möchte Ihnen gern helfen. Ich … ich stehe in Ihrer Schuld. Aber Sie müssen sich mit gewissen Dingen abfinden.« Das war kein Befehl, sondern eine Bitte.
    »Bis später.« Knox wandte sich von ihr ab und floh auf den Flur, schloß die Tür des Büros so vorsichtig und behutsam, als bestünde sie aus zerbrechlichem Porzellan.
     
    In der einunddreißigsten Etage, kurz nach dem Beginn der ersten Schicht, begab sich Knox in das Büro Dr. Cheddi Jains. Jain runzelte die Stirn, als Knox an der kleinen Lesenische verharrte. Der dunkelhäutige Mann sprach fast überhastet, und obgleich er ein reines Oxford-Englisch benutzte, waren in seiner Stimme auch Hindi-Einflüsse zu vernehmen.
    »Gestern abend wurde das Labor erneut nicht richtig gereinigt.«
    »Ich hole es heute abend nach.«
    Kurzes Schweigen folgte. Jain musterte den alten Mann gleichgültig.
    »Die Verwaltung hat meine Arbeitsquote gekürzt. Ich brauche einen Ersatz für eine halbe Schicht.«
    Jain schaltete den Rechner aus und rollte den Sessel zu Knox herum. Sein Oberlippenbart war so silbergrau wie Holzkohlenasche. Nachdenklich zupfte er daran.
    »Setzen Sie sich. Warum sagen Sie mir das?«
    »Wie ich hörte, suchen Sie Freiwillige. Für experimentelle Arbeit.«
    »Sie wollen sich also zur Verfügung stellen. Für den Kredit einer halben Schicht?«
    Knox nickte.
    »Wie lautet der Zugangscode Ihrer Personaldatei?«
    Knox nannte die einzelnen Ziffern, und Jain gab sie in sein Tischterminal ein.
    »Verheiratet, Frau und Kind verstorben. Ja. Harvard, gut. Hmmmm …« Jain brummte vor sich hin, als er die Angaben der fünf Folien las, die das Leben Morris Knox’ in einigen wenigen Sätzen zusammenfaßten. »Sie haben … Augenblick, hier steht’s … das rechte Bein aufgrund von Knochenmarkkrebs verloren. Empfinden Sie noch immer Schmerzen?«
    »Gelegentlich.«
    »Sie könnten stärker werden. Und vielleicht sind Sie bereits zu alt – doch das läßt sich jetzt gleich feststellen. Mit einem einfachen Test. Wenn Sie ihn bestehen, nehme ich Sie auf. Zeitweise – für Freiwillige gibt es keine dauerhaften Anstellungen. Und wie ich bereits sagte: Das Experiment könnte sich als unangenehm für Sie erweisen. Aber ich darf Sie beruhigen: Direkte Gefahren bestehen nicht.«

    Knox saß still und ruhig da und nahm alles schweigend hin.
    »Sie sind also einverstanden. Prächtig.« Jain streckte die Hand aus, und Knox schüttelte sie. »Vielleicht sollte ich Ihnen noch einiges erklären. Wir haben hier einen Apparat, der jene Gehirnlappen stimuliert, die für memoriale Verarbeitung zuständig sind. Dadurch offenbaren sich Ihrem Bewußtsein eidetische Erinnerungsbilder. Penfield war der erste, der diese Technik anwandte, in den fünfziger Jahren. Wir wissen also ziemlich genau, mit welchen Ergebnissen wir rechnen können. Im Verlaufe des Experiments werden Sie das Gefühl bekommen, bestimmte Ereignisse Ihrer Vergangenheit erneut zu erleben. Gleichzeitig aber sind Sie sich der Gegenwart und Ihres Platzes darin bewußt. Während der Verbindung mit dem Apparat beantworten Sie meine Fragen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Es ist möglich, daß Sie nachher über Kopfschmerzen klagen. Wir geben Ihnen ein Mittel dagegen. Haben Sie alles verstanden?«
    Knox nickte.
    »Dann kommen Sie bitte mit.«
    Jain entriegelte eine Tür mit der Aufschrift ›Psychobiologie‹, und Knox nahm in einem Sessel Platz, der ein Teil der Computerbank des Laboratoriums war. Anschließend befestigte Dr. Cheddi Jain einige Elektroden an der Stirn und den Handgelenken des alten Mannes.
    »Wollen Sie gleich beginnen?« fragte Knox unruhig.
    Jains Hände waren kühl und bewegten sich geschickt. Er machte weiter, ohne die Frage Knox’ zu beantworten.
    »Ich habe heute morgen noch einige Dinge zu erledigen.«
    Jain beendete die Vorbereitungen und schaltete den Computer ein. Er wandte Knox den Rücken zu, und als er sprach, schienen seine Worte den Monitoren und Anzeigetafeln zu gelten.
    »Dies ist der Test. Die erste Freiwillige verlor bereits das Bewußtsein, nachdem sie nur wenige Sekunden mit dem Apparat verbunden war. Die zweite erlebte ihre Erinnerungen so intensiv, daß sie meine Fragen ignorierte. Wenn Sie eine dieser beiden Reaktionen zeigen, kann ich Sie nicht gebrauchen. Verstanden?« Er kehrte an die

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