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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Harry?«
    Es war Nola, die das Haus unbemerkt betreten und das Gespräch mitangehört hatte. Sie hatte Tränen in den Augen. »Sie gehen fort, Harry?«, fragte sie noch einmal. »Was ist passiert?«
    »Nola … Ich habe Probleme.«
    Sie lief zu ihm. »Probleme? Was für Probleme? Sie dürfen nicht weggehen, Harry! Wenn Sie weggehen, sterbe ich!«
    »Nein! So etwas darfst du nicht einmal denken!«
    Sie fiel auf die Knie. »Gehen Sie nicht, Harry! Um Himmels willen! Ohne Sie bin ich nichts.«
    Er ließ sich neben ihr zu Boden sinken. »Nola, ich muss dir etwas sagen … Ich habe von Anfang an gelogen. Ich bin kein berühmter Schriftsteller. Ich habe gelogen, und zwar in jeder Hinsicht! In Bezug auf mich, auf meine Karriere … Ich habe kein Geld mehr! Keinen Cent! Ich kann mir dieses Haus nicht länger leisten. Ich kann nicht länger in Aurora bleiben.«
    »Wir finden schon eine Lösung! Sie werden bestimmt ein sehr berühmter Schriftsteller. Sie werden viel Geld verdienen! Ihr erstes Buch war wunderbar, und das Buch, an dem Sie jetzt so fleißig schreiben, wird garantiert ein großer Erfolg. Ich täusche mich nie!«
    »In diesem Buch, Nola, stehen nur schreckliche Dinge. Es besteht nur aus schrecklichen Worten.«
    »Was meinen Sie mit schrecklichen Worten ?«
    »Worte über dich, die ich nicht schreiben dürfte. Aber es ist das, was ich fühle.«
    »Und was fühlen Sie, Harry?«
    »Liebe. Unbändige Liebe!«
    »Dann schreiben Sie mit schönen Worten darüber! An die Arbeit! Schreiben Sie schöne Worte!«
    Sie nahm seine Hand, führte ihn zum Tisch auf der Terrasse, brachte ihm seine Papiere, seine Hefte, seine Stifte. Sie machte Kaffee, legte Opernmusik auf und öffnete im Wohnzimmer die Fenster, damit er sie gut hören konnte. Sie wusste, dass er sich bei Musik besser konzentrieren konnte. Folgsam ging er in sich und begann noch einmal von vorn. Er wollte einen Liebesroman schreiben, als wäre die Geschichte zwischen Nola und ihm möglich. Über zwei Stunden schrieb er, die Worte kamen von ganz allein, die Sätze fügten sich perfekt und wie selbstverständlich zusammen und flossen nur so aus seinem Füller, während er übers Papier tanzte. Zum ersten Mal, seit er hier war, hatte er das Gefühl, dass dies tatsächlich die Geburtsstunde seines neuen Romans war.
    Als er schließlich von seinem Blatt aufblickte, stellte er fest, dass Nola eingeschlafen war. Um ihn nicht zu stören, hatte sie sich hinter ihm in einen Korbsessel gekuschelt. Die Sonne schien, es war sehr warm. Und plötzlich fand er sein Leben mit seinem Roman, mit Nola und mit diesem Haus am Meer wunderschön. Ja er fand sogar, dass es gar nicht so schlimm war, aus Aurora wegzugehen: Er würde seinen Roman in New York fertig schreiben, ein erfolgreicher Schriftsteller werden und auf Nola warten. Wegzugehen bedeutete nicht zwangsläufig, sie zu verlieren. Eher im Gegenteil: Sobald sie mit der Schule fertig war, konnte sie an der Universität von New York studieren. Dann wären sie zusammen. Bis dahin würden sie einander schreiben und sich in den Ferien sehen. Die Jahre würden vergehen, und schon bald würde ihre Liebe keine verbotene Liebe mehr sein. Sanft weckte er Nola.
    Sie rekelte sich lächelnd. »Sind Sie gut vorangekommen?«
    »Sehr gut.«
    »Großartig! Kann ich es lesen?«
    »Bald. Versprochen.«
    Eine Möwenschar segelte über das Wasser.
    »Schreiben Sie über die Möwen! Schreiben Sie in Ihrem Roman über die Möwen!«
    »Sie werden auf jeder Seite vorkommen, Nola. Wie wäre es, wenn wir ein paar Tage nach Martha’s Vineyard fahren würden? Nächste Woche ist ein Zimmer frei.«
    Sie strahlte. »Ja! Lassen Sie uns fahren! Wir fahren zusammen!«
    »Was wirst du deinen Eltern sagen?«
    »Keine Sorge, liebster Harry. Um meine Eltern kümmere ich mich schon. Kümmern Sie sich um Ihr Meisterwerk und darum, mich zu lieben. Also bleiben Sie hier?«
    »Nein, Nola. Ich muss Ende des Monats ausziehen, weil ich das Haus nicht mehr bezahlen kann.«
    »Ende des Monats? Aber das ist jetzt.«
    »Ich weiß.«
    Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. »Gehen Sie nicht weg, Harry!«
    »New York ist nicht weit. Du kommst mich einfach besuchen. Wir schreiben uns und telefonieren. Und warum gehst du nicht dort auf die Universität? Du hast mir gesagt, dass du davon träumst, New York kennenzulernen.«
    »Auf die Universität? Aber das ist erst in drei Jahren! Drei Jahre ohne Sie, das schaffe ich nicht, Harry! Das halte ich nicht durch!«
    »Keine Sorge, die

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