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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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einem Monat habe ich versucht, Sie zu erreichen, aber Ihre Sekretärin hat mich wissen lassen, dass Sie für niemanden zu sprechen sind.«
    Ich erwiderte unumwunden: »Mir geht’s schlecht, Harry. Ich glaube, ich kann nicht mehr schreiben.« Er wurde schlagartig ernst.
    »Was reden Sie da, Marcus?«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich schreiben soll. Ich bin erledigt. Schreibhemmung … seit Monaten … vielleicht einem Jahr.«
    Er stimmte ein warmes, beruhigendes Lachen an. »Eine geistige Blockade, Marcus, das meinen Sie! Schreibhemmung klingt genauso albern wie Ladehemmung beim Sex: Das Genie kriegt die Panik, genau wie Ihr Schwanz schlapp macht, wenn Sie gerade mit einer Ihrer Verehrerinnen Schubkarre spielen wollen und zu sehr daran denken wie Sie ihr einen Orgasmus verschaffen, den man auf der Richterskala messen kann. Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf über die Genialität, reihen Sie einfach nur ein Wort ans andere. Die Genialität kommt dann von ganz allein.«
    »Meinen Sie?«
    »Da bin ich mir sicher. Aber Sie sollten Ihr mondänes Leben mit den Cocktailpartys ein wenig zurückfahren. Schreiben ist eine ernste Angelegenheit. Ich dachte, das hätte ich Ihnen eingebläut.«
    »Aber ich arbeite hart! Ich tue nichts anderes mehr! Und trotzdem kommt nichts dabei heraus.«
    »Tja, das liegt daran, dass Ihnen die richtige Umgebung fehlt. New York ist schön und gut, aber die Stadt ist viel zu laut. Warum kommen Sie nicht hierher, so wie damals, als Sie noch bei mir studiert haben?«

    4.–6. Juli 2008
    In den Tagen vor meinem Treffen mit Barnaski in Boston hatten die Ermittlungen spektakuläre Fortschritte gemacht.
    Zuerst wurde Chief Pratt beschuldigt, sexuelle Handlungen mit einer Jugendlichen unter sechzehn vorgenommen zu haben, und am Tag nach seiner Verhaftung gegen Kaution freigelassen. Er quartierte sich vorübergehend in einem Motel in Montburry ein, denn Amy hatte die Stadt verlassen und war zu ihrer Schwester in einen anderen Bundesstaat gezogen. Pratts weitere Vernehmung bestätigte, dass ihm nicht nur Tamara Quinn den bei Harry gefundenen Text über Nola gezeigt hatte, sondern dass Nancy Hattaway ihm überdies mitgeteilt hatte, was sie über Elijah Stern wusste. Pratt hatte beide Spuren absichtlich vernachlässigt, weil er befürchtete, dass sich Nola einer oder beiden bezüglich der Vorgänge im Polizeiauto anvertraut haben könnte, und er hatte sich nicht womöglich belasten wollen, indem er sie verhörte. Allerdings schwor er, nichts mit den Morden an Nola und Deborah Cooper zu tun und die Nachforschungen ansonsten auf untadelige Weise durchgeführt zu haben.
    Anhand dieser Erklärungen gelang es Gahalowood, bei der Staatsanwaltschaft den Befehl für eine Hausdurchsuchung auf dem Anwesen von Elijah Stern zu erwirken, die am Freitagmorgen, den 4. Juli – also dem Nationalfeiertag – erfolgte. Das Gemälde von Nola wurde im Atelier gefunden und sichergestellt. Elijah Stern wurde zwar zur Vernehmung aufs Revier der State Police gebracht, aber nicht angeklagt. Trotzdem stachelte diese Entwicklung die Neugier der Öffentlichkeit noch mehr an, denn nach der Verhaftung des berühmten Schriftstellers Harry Quebert und des ehemaligen Polizeichefs von Aurora, Gareth Pratt, wurde nun auch der reichste Mann New Hampshires mit dem Tod der kleinen Kellergan in Verbindung gebracht.
    Gahalowood lieferte mir einen detaillierten Bericht über Sterns Vernehmung: »Ein beeindruckender Mann«, sagte er. »Die Ruhe in Person. Er hatte seiner Armee von Anwälten sogar befohlen, draußen zu warten. Diese Präsenz und dann dieser stahlblaue Blick – ich habe mich fast unwohl gefühlt, dabei gehören solche Übungen für mich weiß Gott zur Routine. Ich habe ihm das Gemälde gezeigt, und er hat mir bestätigt, dass es sich bei der dargestellten Person um Nola handelt.«
    »Weshalb befand sich dieses Gemälde bei Ihnen?«, hatte Gahalowood ihn gefragt.
    Stern hatte erwidert, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt: »Weil es mir gehört. Gibt es in diesem Staat ein Gesetz, das es einem verbietet, sich Gemälde an die Wand zu hängen?«
    »Nein. Aber es ist das Bildnis eines jungen Mädchens, das ermordet wurde.«
    »Und wenn ich ein Gemälde von John Lennon besäße, der ebenfalls ermordet wurde – wäre das schlimm?«
    »Sie wissen genau, was ich meine, Mr Stern. Woher stammt das Gemälde?«
    »Einer meiner früheren Angestellten hat es gemalt: Luther Caleb.«
    »Und warum hat er es angefertigt?«
    »Weil er

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