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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Ermittlungen geäußert, die er seinerzeit geleitet hatte, und die Frage gestellt, ob der ehemalige Polizeichef die Recherchen womöglich bewusst vernachlässigt hatte.
    Es dämmerte bereits, und ein schöner, lauer Abend kündigte sich an, einer von diesen Abenden, an denen man eigentlich mit Freunden feiern und riesige Steaks auf den Grill werfen und Bier trinken sollte. Freunde hatte ich keine, aber ich bildete mir ein, zumindest ein Steak und Bier im Haus zu haben. Ich machte den Kühlschrank auf, aber der war leer. Ich hatte vergessen, einkaufen zu gehen. Ich hatte mich selbst vergessen. Da wurde mir klar, dass mein Kühlschrank so wie damals der von Harry war: der Kühlschrank eines Junggesellen. Ich bestellte eine Pizza und aß sie auf der Terrasse. Immerhin hatte ich bereits die Terrasse und das Meer, fehlten also nur noch der Grill, ein paar Kumpels und eine Freundin, um den Abend perfekt zu machen. Da bekam ich einen Anruf von einem meiner wenigen Freunde, von dem ich allerdings seit einiger Zeit nichts mehr gehört hatte: Douglas.
    »Was gibt’s Neues, Marc?«
    »Was es Neues gibt? Zwei Wochen lang hast du dich nicht gerührt! Wo hast du gesteckt? Scheiße, bist du mein Agent, oder nicht?«
    »Ich weiß, Marc. Tut mir leid. Das war eine schwierige Zeit, ich meine, für dich und mich. Aber wenn du mich immer noch als Agent haben willst, wäre es mir eine Ehre, unsere Zusammenarbeit fortzuführen.«
    »Klar. Ich habe nur eine Bedingung: dass du weiterhin mit mir zu Hause die Baseballmeisterschaften anschaust.«
    Er lachte. »Geht klar. Du kümmerst dich ums Bier und ich mich um die Käsenachos.«
    »Barnaski hat mir einen fetten Vertrag angeboten«, sagte ich.
    »Ich weiß, er hat es mir erzählt. Wirst du ihn annehmen?«
    »Ich denke, schon.«
    »Barnaski ist sehr aufgeregt. Er will dich so schnell wie möglich sehen.«
    »Mich sehen? Warum?«
    »Um den Vertrag zu unterschreiben.«
    »Jetzt schon?«
    »Ja. Ich glaube, er will sichergehen, dass du schon angefangen hast. Die Frist wird diesmal kurz sein, du wirst beim Schreiben also Gas geben müssen. Barnaski sitzt der Präsidentenwahlkampf im Genick. Fühlst du dich dazu in der Lage?«
    »Wird schon gehen. Ich habe wieder mit dem Schreiben angefangen. Aber ich weiß nicht genau, was ich schreiben soll: Soll ich alles erzählen, was ich weiß? Dass Harry vorhatte, mit dem Mädchen durchzubrennen? Diese Geschichte ist der totale Wahnsinn, Doug. Du hast ja keine Ahnung!«
    »Die Wahrheit, Marc. Erzähl einfach die Wahrheit über Nola Kellergan.«
    »Und wenn diese Wahrheit Harry schadet?«
    »Als Schriftsteller hast du die Pflicht, die Wahrheit zu schreiben, selbst wenn sie unangenehm ist. Das ist mein Rat als Freund.«
    »Und dein Rat als Agent?«
    »Riskiere nicht deinen Arsch! Pass auf, dass du am Ende nicht so viele Prozesse am Hals hast, wie es Einwohner in New Hampshire gibt. Du hast mir doch erzählt, dass die Kleine von ihren Eltern geschlagen wurde, oder?«
    »Ja, von ihrer Mutter.«
    »Dann schreib einfach nur, dass Nola ein unglückliches, misshandeltes kleines Mädchen war. Alle Welt wird kapieren, dass ihre Eltern für diese Misshandlungen verantwortlich waren, aber du hast es nicht ausdrücklich gesagt. Also kann dir auch niemand am Zeug flicken.«
    »Aber die Mutter spielt in der Geschichte eine wichtige Rolle.«
    »Mein Rat als Agent, Marc: Du brauchst bombensichere Beweise, sonst ziehst du bei einem Prozess den Kürzeren, und ich glaube, du hattest in den letzten Monaten schon genug Scherereien. Finde einen vertrauenswürdigen Zeugen, der dir bestätigt, dass die Mutter das letzte Miststück war und das Mädchen grün und blau geschlagen hat. Andernfalls rede nur vom unglücklichen, misshandelten kleinen Mädchen. Wir wollen doch vermeiden, dass ein Richter zustimmt, den Verkauf des Buchs wegen übler Nachrede auszusetzen. Bei Pratt dagegen, von dem jetzt alle Welt weiß, was er getan hat, kannst du bis ins letzte schmutzige Detail gehen. Das fördert den Absatz.«
    Barnaski schlug vor, sich am Montag, den 7. Juli, in Boston zu treffen. Die Stadt hatte den Vorteil, dass sie nur eine Flugstunde von New York und zwei Autostunden von Aurora entfernt lag. Ich ging auf seinen Vorschlag ein. Mir blieben also noch vier Tage, um pausenlos zu schreiben, damit ich ihm ein paar Kapitel präsentieren konnte.
    »Ruf mich an, wenn du irgendwas brauchst«, sagte Douglas noch, bevor er auflegte.
    »Mache ich, danke. Doug, warte …«
    »Ja?«
    »Du hast

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