Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)
besonders drastische Weise.
Objektiv betrachtet gefährdet der Euro in Europa sogar die partnerschaftlichen Errungenschaften einer ganzen Epoche seit dem Zweiten Weltkrieg, derentwegen die EU sogar den Friedensnobelpreis bekam. Wir erwarten, dass diese Konflikte auf lange Sicht weiter zunehmen werden.
Selbst Merkels eingangs zitierte Behauptung, Länder mit einer gemeinsamen Währung führten nie Krieg gegeneinander, lässt sich leicht widerlegen, und zwar allein an einem Beispiel aus der jüngeren Geschichte. So prallten im Sommer 1991 Jugoslawien und Slowenien im sogenannten 10-Tage-Krieg aufeinander, obwohl sie zu dieser Zeit noch eine gemeinsame Währung hatten. Und zuvor war weder der Zerfall Jugoslawiens noch der der Sowjetunion durch eine gemeinsame Währung verhindert worden.
EURO- ODER SCHULDENKRISE?
Es knirscht also mächtig im Eurogebälk. Trotzdem hört man immer wieder die Behauptung, eine Eurokrise gäbe es gar nicht, sondern nur eine Schuldenkrise. Richtig ist, dass es beides gibt: eine Schuldenkrise, die Bestandteil der Krise des gesamten Geldsystems ist (darum geht es hauptsächlich in diesem Buch), und eine Eurokrise, die der schlampigen Konstruktionsweise der Gemeinschaftswährung zu verdanken ist (darum geht es in diesem Abschnitt).
Zwischen beiden Krisen gibt es allerdings Verbindungen: So hat der Euro beispielsweise die Südländer anfangs dazu animiert, das Schuldenmachen auf die Spitze zu treiben, weil er ihnen bis dahin nie gekannte Tiefstzinsen bescherte. Damit hat er dort jene Entwicklung beschleunigt, die wir im ersten Teil des Buches beschrieben haben: die übermäßige Geld- und Schuldenproduktion, die durch die Leichtigkeit der Geldherstellung ermöglicht wird.
Dadurch sind die Südländer früher in die Überschuldung geschlittert, als es ohne den Euro der Fall gewesen wäre. Der Zeitpunkt für eine solche Überschuldung lässt sich ohnehin nie im Voraus bestimmen. Sicher in diesem Geldsystem ist nur, dass die staatliche Überschuldung irgendwann kommt, nicht aber wann.
Es gibt auch kein festes Limit, ab dem die Gläubiger sagen würden: „Jetzt reicht es! Ab jetzt halten wir euch für überschuldet.“ Japan zum Beispiel kann sich noch immer zu niedrigsten Zinsen Geld leihen, obwohl der Staat dort schon seit Jahrzehnten exorbitant hohe Schulden hat. Es geht also eher um die Frage, was ein Land von seinen Gläubigern noch zugebilligt bekommt und was nicht mehr. Dies wiederum ist oft Ansichtssache und wird außerdem von Faktoren bestimmt, die außerhalb der reinen Schuldenhöhe liegen, etwa von der wirtschaftlichen oder militärischen Macht des betreffenden Landes.
So war es vorher auch keinesfalls ausgemacht, dass sich die Akteure an den Finanzmärkten ausgerechnet vom Jahr 2009 an auf die Euro-Problemländer einschießen würden – zumal dieselben Akteure das Schuldenspiel vorher lange Zeit bereitwillig mitgespielt hatten. Es hätte also durchaus noch ein paar Jahre so weitergehen können. Die Finanzkrise bot dann aber einen guten Anlass, sich die besonders wackeligen Länder einmal zur Brust zu nehmen. Dies galt umso mehr, als die smarten Finanzspekulanten die nachlässige Euro-Konstruktion von Anfang an durchschaut hatten. Sie warteten nur noch auf einen geeigneten Zeitpunkt, um dieses Wissen gnadenlos in bare Münze umzusetzen. Mit der Finanzkrise erschien ihnen die Zeit dafür reif.
NUR IM DOPPELPACK
Gäbe es den Euro nicht, würden sich die Krisenländer ihrer Schuldenlast irgendwann auf herkömmliche Weise entledigen: durch Pleiten und Zwangsvernichtung von Geldvermögen, wie bereits beschrieben (siehe „Das Märchen von der Schuldenbremse“) und wie von Argentinien kurz nach der Jahrtausendwende praktiziert. Dabei würden die Währungen drastisch abgewertet werden, und die jeweiligen Notenbanken würden fleißig neues Geld drucken. Beides würde den Weg für einen wirtschaftlichen Neuanfang nach der Pleite ebnen.
Dies geht mit dem Euro aber nicht mehr. Selbst wenn sich die Problemländer der Schulden per Staatsbankrott entledigten, hätten sie danach weiterhin den Euro, der für die heimische Wirtschaft viel zu stark wäre. So wäre man zwar die Schulden los, käme wirtschaftlich aber trotzdem nicht auf die Beine, weil die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland unverändert unter der starken Währung leiden würde. Außerdem könnte man nicht nach eigenem Belieben neues Geld drucken, weil man keine eigenständige Notenbank mehr hat, sondern nur noch die EZB,
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