Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)
Fähigkeiten, die Vereinigten Staaten zu schaffen, ebenfalls skeptisch ein und deshalb haben sie den Euro vorgeschoben in der Hoffnung, er könnte vielleicht den Weg dorthin ebnen. Tatsächlich starteten sie damit aber nur ein gigantisches Experiment – wie Wissenschaftler, die im Labor Versuche mit Mäusen machen. Eine so große Währungsunion hat es unter vergleichbaren Bedingungen schließlich noch nie gegeben. 3 So wurde das Eurogebiet zum größten Labor der Welt gemacht, in dem es im übertragenen Sinne ebenfalls um Versuche mit Mäusen geht, sprich mit Geld. Allerdings werden die Mäuse darin missbraucht, weil das eigentlich ökonomische Instrument Währung zu einem rein politischen Werkzeug umfunktioniert wird.
Von wegen: „Deshalb ist der Euro viel, viel mehr als nur eine Währung.“ Irrtum, liebe Frau Merkel, der Euro ist nur eine Währung. Und es ist gerade ein Teil des Problems, dass Sie und einige Ihrer Kollegen mehr aus ihm machen wollen. Und warum sprechen Sie eigentlich von „nur“ einer Währung? Ist der Euro nicht allein schon mit dieser Aufgabe maßlos überfordert? Muss er nicht für ein Gebiet dienen, das nachweislich nicht als Einheitswährungsgebiet taugt? Wer einer ohnehin schon überforderten Währung noch weitere Aufgaben aufbürden will, trägt nach vernünftigem Ermessen zusätzlich zu ihrem Scheitern bei.
Dabei kann aus einer Währung durchaus mehr werden – etwa ein Wahrzeichen für Wirtschaftswunder, Wohlstand und Stabilität, wie es die D-Mark einst war. Eine solche Symbolkraft muss jedoch erst erarbeitet werden. Sie lässt sich nicht im Voraus von Politikern verordnen. Also hätte allenfalls in umgekehrter Reihenfolge etwas daraus werden können: Angenommen etwa, die Zeit für die Vereinigten Staaten wäre wirklich schon reif gewesen und die Politiker hätten sie auch genutzt. Wenn dann der Euro eingeführt worden wäre, hätte er tatsächlich zu einem Symbol für die europäische Einheit werden können.
Diese Chance ist aber leider vertan. Ohne die Vereinigten Staaten ist der Euro nur ein bemitleidenswertes Vehikel, das allenfalls die Chance hat, für eine goldene Zitrone nominiert zu werden.
Andererseits wird der Euro aber auch nicht so schnell im Graben landen, wie es sich seine Gegner wünschen. Die Politiker können ihn mit ihren Tricks schließlich noch eine sehr lange Zeit einigermaßen in der Spur halten – auch wenn der Fahrweg dabei immer holpriger wird.
Zu erwarten ist dabei, dass sich die Abläufe in den nächsten Jahren immer wieder gleichen: Das Verlangen nach noch mehr Geld aus den Krisenländern stößt zuerst auf den Widerstand Deutschlands und einer kleinen Schar Verbündeter im nördlichen Euroraum. Letztlich beugen sich aber die Widerständler den Zwängen – auch weil soziale Unruhen in den betroffenen Ländern den Eurozerfall nur beschleunigen würden.
Die Hilfen werden auch gerne als „alternativlos“ bezeichnet, wobei dieser Begriff in diesem Fall sogar zutrifft unter der Voraussetzung, dass man den Euro nicht zerfallen lassen will. Dass man das Euro-Aus damit aber nur hinausschiebt, steht auf einem anderen Blatt.
Alternativlos erscheint uns in diesem Zusammenhang noch etwas anderes: Da selbst zahlungskräftige Länder wie Deutschland den Grenzen ihrer Belastbarkeit immer näher kommen, wird es unausweichlich sein, dass die Europäische Zentralbank immer größere Tranchen der benötigten Summen übernimmt – sowohl direkt als auch indirekt über Einrichtungen wie den Euro-Rettungsschirm. Schließlich ist die EZB im Euroraum die einzige, die Geld in theoretisch unbegrenzter Menge herstellen kann, weshalb sie die letzte ist, die an den Finanzmärkten (noch) uneingeschränktes Vertrauen genießt.
Einige Notenbanker, vor allem aus Deutschland, mögen sich zwar immer wieder dagegen sträuben, für die Rettungshilfen eingespannt zu werden, weil es ihrem Stabilitätsdenken widerspricht. Solche „Querulanten“ werden aber entweder ausgetauscht wie seinerzeit EZB-Chefvolkswirt Stark und Bundesbankpräsident Weber oder sie beugen sich letztlich dem Druck des Unausweichlichen und stimmen zu. Oder aber sie werden schlichtweg überstimmt wie Webers Nachfolger Weidmann, denn die Bundesbank hat im EZB-Rat nur eine von über 20 Stimmen und verfügt damit nicht mehr über die geldpolitische Macht früherer Jahrzehnte. 4
Die EZB als Institution kann sich den Hilfen in letzter Konsequenz ohnehin nicht verweigern. Wenn es um die Existenz des Euro geht, dem
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