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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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weltweit ungefähr 200 000 Kunden. Und wie gesagt, einer seiner Manager, Murphy, war Chairman der Futures Industry Association. Viel mehr Ansehen kann man nicht genießen. Also bekam Mercorella den Job. Seine Aufgabe war, Beeland in Vollzeit zu führen und das Volumen der Investments zu steigern.
    Tom Price hatte seine Trades über die Man Group abgewickelt, eine respektierte, altmodische Brokerfirma. Kaum war Mercorella da, sprach er schon darüber, den Fonds von Man zu Refco zu verlagern. Er sagte, dies biete zahlreiche Verbesserungen. Zum Beispiel konnte man die Fondsanteile nicht täglich, sondern nur einmal im Monat handeln. Mit Refco wären dagegen tägliche Umsätze möglich. Zudem würden bestimmte Unternehmen, wie Fidelity, nicht zulassen, dass ihre Kunden diese Fondsanteile kaufen und sie bei ihnen lagern. Dies aus dem einfachen Grund, weil sie Uhlmann Price Securities nicht besonders gut kannten. Heute hat das Unternehmen einen bekannten Namen in der Branche, aber damals noch nicht. Mit einem Namen wie Refco hinter den Fonds würde sich auch dies ändern. Und noch ein anderes Problem würde gelöst: Ich hatte gleich zu Anfang entschieden, dass die Fonds keine Hebelinstrumente einsetzen sollten. Käufe mit Fremdkapital hätten sie der Gefahr von Margin Calls ausgesetzt, und so etwas kann sich katastrophal auswirken. Ein Kunde hätte den vollen Betrag einsetzen können, nach dem Margin Call hätte der Broker das verbliebene Kapital in Staatsanleihen investiert und dem Kunden die Zinszahlungen überwiesen. Bei Rohstoffen kommt das ziemlich häufig vor und kann auch problemlos vollzogen werden. Aber das Trading der Staatsanleihen wurde nicht effizient gehandhabt, und die Renditen der Fonds waren nicht beständig. Refco hatte die Möglichkeit, die Staatsanleihen besser und zu niedrigeren Gebühren zu managen.
    Die Fonds zu Refco zu verlagern bot einige Vorteile, und diese Maßnahme war schon im Gang, als Murphy im August zu mir kam und sagte: »Sehen Sie, eigentlich wollen wir Ihre Firma kaufen.« (Es fiel ihm nicht leicht, seinen Telefonanruf nach unserem ersten Treffen zu erklären, bei dem er mir Mercorella, einen Refco-Angestellten, als Kandidaten für die Position empfohlen hatte, die wir neu besetzen wollten.) Die Minderheitsgesellschafter von Beeland International hatten schon ihre Verkaufsbereitschaft erklärt. Ich verhandelte mit Refco über meinen Mehrheitsanteil, aber das Geschäft platzte. Diapason Commodities Management in der Schweiz, eine Firma, mit der ich eine Partnerschaft eingegangen war, um einen ähnlichen Fonds in Europa anzubieten, weigerte sich zu verkaufen. Refco sah keinen Grund für zwei parallele Fonds.
    Also kehrten wir zum ursprünglichen Plan zurück, und die Verlagerung der Fonds von Man zu Refco machte Fortschritte. Damit wollten wir für tägliche Liquidität, stärkere Verbreitung und mehr Glaubwürdigkeit sorgen, um die Verwaltung der Fonds effizienter, profitabler und für die Investoren spannender zu machen.
    Am 7. Oktober 2005 wurde das Geld, 362 Millionen Dollar, das von Man auf separaten, persönlichen Konten verwaltet worden war, auf Refco LLC übertragen – und zwar mit klaren, schriftlichen Instruktionen, dass es dort auf ähnlichen Konten verwaltet werden sollte. Ein separates, persönliches Konto läuft auf den Namen des Kunden, und niemand außer ihm hat Anspruch darauf. Das ist so, als würden Sie Ihr Geld in einem Banksafe deponieren. Wenn die Bank pleitegeht, ist das nicht Ihr Problem. Das Geld gehört immer noch Ihnen und Sie können es mitnehmen. Refco allerdings übertrug die Fonds auf Refco Capital Markets, wo das Geld nicht geschützt war. Das Refco-Management hatte Zugang zum Eigentum der Kunden und konnte es zum eigenen Nutzen einsetzen. Von einem solchen Verbrechen hatte man in der Futures-Industrie noch nie gehört. Seit vielen Jahrzehnten waren persönliche, separate Fondskonten niemals angetastet worden.
    Bald wurde klar, dass sich Refco ständig Kundengelder aneignete, es von hier nach da umschichtete und es sich sogar von geschützten persönlichen Konten holte. Refco hielt über lange Zeit eine Menge Leute zum Narren. Als die Firma mit uns Geschäftsbeziehungen aufnahm, stand sie kurz vor dem Börsengang; Investmentbanken, die diesen vorbereiteten – Goldman Sachs, Bank of America, Credit Suisse und First Boston –, hatten die Firma eingehend geprüft. Wenn wir unsere Fonds nur einen Börsentag später übertragen hätten, dann müsste ein

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