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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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behielt ich schließlich recht. Auch wenn die Regierung die Abwertung erst ein Jahr nach meinem Abschied aus Oxford durchführte. Ich behielt also recht, bloß mein Timing war falsch. Dieses spezielle Muster – richtig zu liegen, aber zu früh – sollte sich in meiner Karriere als Investor immer wieder wiederholen und wurde einer ihrer prägenden Eigenschaften. Das Pfund wurde auf 2,40 Dollar abgewertet, aber dieser Wechselkurs hielt sich nicht. Als in den 1970er-Jahren freie Wechselkurse eingeführt wurden, fiel das Pfund bis auf ein Tief von 1,06 Dollar. Hätte man die Währung in diesem Zeitraum allmählich adjustieren können, dann hätten sich die britischen Industrien vielleicht angepasst und wären konkurrenzfähiger geblieben. Stattdessen brach die Währung zusammen.
    Unter Thatcher wurde die City of London wieder ein internationales Finanzzentrum, und Großbritannien hat seither 20 oder 25 großartige Jahre erlebt. Aber das Nordseeöl wird allmählich knapp. Das Vereinigte Königreich ist wieder ein Netto-Ölimporteur. Und da sich die Welt von der Finanzbranche als Antreiber des Wohlstands entfernt – in dieser Branche wird man in den nächsten 20, 30 Jahren kaum Geld verdienen können –, trocknet auch die Londoner City aus. Das Land leidet unter einer enormen Verschuldung und befindet sich schon wieder im Abschwung.
    IM JAHR 2010 hatte ich die Chance, zusammen mit meiner Familie noch einmal Oxford zu besuchen. Man hatte mich eingeladen, einen der Oliver­Smithies-Vorträge am Balliol College zu halten. Diese Vortragsserie ist nach dem in Großbritannien geborenen amerikanischen Genetiker benannt, von dem sie auch finanziert wird. Smithies hatte am Balliol studiert und wurde 2007 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Man hatte mich gebeten, den heutigen Oxford-Studenten meine Sicht der Zukunft mitzuteilen. Aber wenn Sie meine Töchter fragen, dann bestand der Zweck unserer Reise darin, »ihnen ein Boot zu geben«.
    Das muss ich etwas erläutern.
    In Oxford wird nur eine einzige Sportart wirklich ernst genommen: Rudern. Und es gibt keinen wichtigeren Ruderwettbewerb als den, der einfach als »The Boat Race« bezeichnet wird.
    Das Bootsrennen zwischen Oxford und Cambridge wurde erstmals 1829 ausgetragen. Dabei stehen sich in jedem Frühjahr am letzten Samstag im März oder am ersten Samstag im April auf der Themse zwei Achter-Ruderboote gegenüber. Nachdem ich in Yale drei Jahre lang Steuermann gewesen war, hatte ich vom Boat Race gelesen und gehört. Seine Bedeutung war mir völlig klar, als ich in Oxford ankam. Durch die Teilnahme an diesem Rennen wird man im Vereinigten Königreich zu einer Art Nationalheld. Wenn man seine Teilnahme auch nur flüchtig erwähnt, gibt es auf der Insel nur wenige Pubs, wo man keinen Gast findet, der ganz begierig darauf ist, einem ein Pint auszugeben – oder mehrere, wir sind hier schließlich in England.
    (2010 standen etwa 250 000 Zuschauer an der viereinhalb Meilen langen Rennstrecke, um das Boat Race zu sehen. Allein im Vereinigten Königreich verfolgten es mehr als sechs Millionen Zuschauer im Fernsehen. BBC übertrug es live oder im Radio in mehr als 150 Länder.)
    Hunderte Studenten aus den Mannschaften der verschiedenen Colleges, darunter auch viele Steuermänner, konkurrieren in jedem Frühjahr um die neun Plätze im sogenannten Blue Boat. Das bezieht sich auf das University Sporting Blue, mit dem in Oxford und Cambridge Studenten ausgezeichnet werden, die bestimmte Sportarten auf höchstem Niveau betreiben. Definitionsgemäß erhalten es die Mitglieder beider Rudermannschaften, die am Boat Race teilnehmen. Alle von ihnen werden als »Blaue« bezeichnet – dunkelblau in Oxford, hellblau in Cambridge.
    Als ich in meinem zweiten Jahr in Oxford als Steuermann des Blue Boat ausgewählt wurde, war ich erst der zweite Amerikaner in 137 Jahren. Zufällig hatte mein Vorgänger auch in Yale und am Balliol College studiert. In dem Jahr, als er Steuermann war – ich glaube es war 1951 –, sank das Boot von Oxford. Als bekanntgegeben wurde, dass sich Oxford für diesen Rogers entschieden hatte, einen Yale-Absolventen, der am Balliol College studierte, erhob sich lautes Gemurmel: »Oh mein Gott, da ist noch einer, der Oxford versenken wird.«
    Beinahe hätte ich meinen Platz im Boot verloren. Nachdem man ausgewählt worden ist, muss man sich einen blauen Blazer kaufen, spezielle blaue Schals und besondere Pullover, dazu weiße Hosen und schwarze Schuhe. Ich

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