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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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Südostasienspiele wird es also noch zu bedeutenden Veränderungen kommen. Man kann nicht Menschen aus neun anderen Nationen ins eigene Land einladen und es ihnen dann unmöglich machen, bargeldlos zu bezahlen. Und man kann kein Kreditkartensystem mit einer Währung einführen, die außer Kontrolle geraten ist. Myanmar hat das Problem erkannt und wusste, dass es zunächst das Währungsproblem zu lösen hatte. Die Touristen werden nicht kommen und Kreditkarten benutzen, wenn sie sich dann auf dem Schwarzmarkt mit Geld versorgen müssen. Und sie werden auch nicht kommen, wenn sie nirgends wohnen können. Es wird neue Hotels und Restaurants geben, und notwendigerweise wird es auch Kreditkarten geben.
    2007 ERHIELTEN Paige und ich die Genehmigung, Nordkorea zu besuchen. Ich wollte dorthin, weil ich spürte, dass Veränderungen bevorstanden. Ich wollte alles sehen, was ich sehen konnte. Wir verbrachten dort vier Tage als Touristen. Paige war damals schon seit einigen Monaten mit Baby Bee schwanger.
    Ich neige nicht zu Gruppenreisen. Ich will meinen eigenen Weg gehen, meinen eigenen Reiseplan zusammenstellen, selbst entscheiden, wohin ich gehe und was ich esse. In Nordkorea war das nicht möglich; in jeder Minute wurden wir von Regierungsbeamten überwacht. Als wir die große Durchfahrtsstraße in Pjöngjang entlanggingen, sah ich ein Friseurgeschäft, und weil ich einen Haarschnitt brauchte, schlüpfte ich hinein. Dort saß ein alter Mann auf einem Hocker und stand geschockt auf, als ich mit Handzeichen den Gebrauch einer Schere nachahmte. Rasch wurde ich von einem unserer Aufpasser aus dem Laden gezogen. Ein Haarschnitt, so machte er mir klar, stand nicht auf unserer Agenda.
    Bis 2007 waren meines Wissens seit der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg nur ungefähr 300 Amerikaner in Nordkorea gewesen – eine erstaunliche Statistik. Kein Amerikaner wurde ins Land gelassen, seit General Douglas MacArthurs Truppen in den frühen 1950er-Jahren das Land durchquert ­hatten.
    Mir war klar, dass die Nordkoreaner sich der Notwendigkeit von Veränderungen in ihrem Land bewusst waren. Und die Gründe dafür waren nicht schwer zu verstehen. Alle nordkoreanischen Generäle waren vor 30 Jahren als junge Männer nach Peking, Moskau oder Schanghai geschickt worden. Heute sehen sie die Veränderungen, die dort stattgefunden haben. Wenn sie nach Pjöngjang zurückkommen, sagen sie sich: Sieh dir an, was dort passiert und dann sieh dir an, wie es bei uns aussieht – nichts ist hier passiert, dieses Land ist immer noch eine Katastrophe.
    Der oberste Führer des Landes, Kim Jong Un, wurde an einer Schweizer Privatschule ausgebildet. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein 30-jähriger junger Mann, der seine prägenden Lebensjahre in Europa verbracht hat, zurückkommt und sagt: »Mann, mir gefällt es hier wirklich. Keine Bars, keine Unterhaltung, keine Autos, überhaupt nichts.«
    Diese Männer hatten Kontakt zur Außenwelt und wissen, was dort vor sich geht. Und deshalb wird sich Nordkorea meiner Meinung nach öffnen. Und wenn es das tut, wird es ein eindrucksvoller Mitwirkender auf der Bühne der Welt sein. Die Chinesen strömen bereits ins Land. Oben im Nordwesten bauen sie neue Brücken, die beide Länder miteinander verbinden. Dort oben gibt es neue Handelszonen. Es finden also Veränderungen statt. Überall im Land sahen wir Propagandaplakate, die für ein Land und zwei Systeme warben – das war das vorherrschende Mantra Ende der 1990er-Jahre, als Hongkong wieder an China fiel. Wenn man der Propaganda glauben kann, dann ist das Land begeistert vom Gedanken an die Wiedervereinigung – entgegen dem, was man in den USA darüber liest. Ein vereinigtes Korea wäre eine Wirtschaftsmacht. Die einzigen Gegner eines solchen positiven Schrittes sind die USA und Japan.
    Bei einer Wiedervereinigung Nord- und Südkoreas hätte es Japan mit einem riesigen neuen Wettbewerber zu tun, der weit mächtiger wäre, als Südkorea es heute ist: ein Land mit 75 bis 80 Millionen Einwohnern, direkt an der chinesischen Grenze gelegen, mit vielen billigen, disziplinierten Arbeitskräften sowie Bodenschätzen im Norden und viel Kapital, Fachwissen und Managementfähigkeiten im Süden. Ein solches Land wäre ein ernsthafter Konkurrent für Japan. In Japan Geschäfte zu machen wird immer teurer. Unter anderem verfügen die Japaner nicht mehr über viele billige Arbeitskräfte.
    Japan ist aus naheliegenden Gründen gegen die Wiedervereinigung. Ich bin mir nicht sicher,

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