Die Wall Street ist auch nur eine Straße
muss.
Dennoch wird eine Rezession in China nicht zu vermeiden sein. Die politische Führung tut ihr Bestes, um die Wachstumsrate aufrechtzuerhalten, und in den vergangenen Jahren hat sie ihre Volkswirtschaft besser gemanagt als die meisten anderen Länder. Aber so klug die politischen Führer auch sein mögen, sie sind doch immer noch Bürokraten, und das macht eine Rezession nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich. China wird noch viele Rückschläge erleiden. Wer anders denkt, hat nichts über Geschichte gelernt oder versteht nicht, wie die Welt funktioniert. Ja, wollen wir einmal annehmen, dass es in China eine Rezession gibt. Was kann dann schlimmstenfalls passieren – dass man die Kommunisten rauswirft?
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg war aus Washington regelmäßig großes Geschrei zu hören, wenn Politiker sich über die Kommunisten aufregten und auf China schimpften. In ein paar Jahren werden wir eine Abwandlung der Kommunistenfurcht erleben, wenn eben diese Leute durchdrehen und sich fragen, wie es kommen konnte, dass die Chinesen jetzt alles haben und die USA im Regen stehen. Die Antwort lautet, dass die Chinesen dies geschafft haben, weil sie großartige Kapitalisten sind. Sie suchen weiterhin auf der ganzen Welt nach Chancen und nutzen sie; das ist es, was Kapitalisten tun. Die Chinesen sehen sich auf dem ganzen Globus um und kaufen alle erdenklichen produktiven Assets. Ölfelder, Plantagen, Minen und alles, was sie finden können, weil sie sehen, was ich sehe – einen Mangel an Rohstoffen. Und sie machen sich dabei viele Freunde. Ihre Methoden bilden einen scharfen Kontrast zu denen der USA und der alten europäischen Kolonialmächte, die sich diese Dinge mehr oder weniger gewaltsam aneigneten. Diese zahlten weit weniger als den realen Wert, wenn sie überhaupt etwas bezahlten, schikanierten die Menschen und befahlen ihnen, wo sie wohnen und an welchen Gott sie glauben müssen.
Niemand hat etwas gegen die Art und Weise, wie die Chinesen Geschäfte machen. Sie kommandieren niemanden herum. Sie kommen mit Geld in der Tasche und sagen: »Lassen Sie uns einen Handel abschließen. Der Handel, den Sie brauchen, ist auch der Handel, den wir brauchen.« Sie schließen das Geschäft ab, jeder ist zufrieden, und dann fahren sie wieder heim. Keine Propaganda. »Hier geht es ausschließlich um Geschäfte, Leute, und um nichts anderes. Nicht wie in den alten Zeiten.«
In Afrika sind sie sehr beliebt, weil sie gute Preise zahlen. In den letzten etwa zehn Jahren haben chinesische Spitzenpolitiker fast jedes Land in Afrika besucht. Sie bringen Afrika nach China und sind Gastgeber großer Veranstaltungen, bei denen die Regierungschefs aus mehr als 50 afrikanischen Ländern zu Gast sind. Nur zwei oder drei Mal in der Geschichte hat ein amerikanischer Präsident einen Fuß auf afrikanischen Boden gesetzt.
Dasselbe tun die Chinesen in Südamerika und Zentralasien. Sie kaufen, was sie bekommen können. Sie machen enorme Fortschritte, sichern sich Mineralien und andere Rohstoffe, während andere Länder, einschließlich der USA, die Tatsache zu ignorieren scheinen, dass der Welt die Rohstoffe ausgehen. Die Chinesen denken voraus. Sie reagieren in der ganzen Welt auf das, was sie kommen sehen. Sie spielen die Rolle des guten Kapitalisten, während sich Amerika benimmt wie die arrogante Supermacht der 1950er-Jahre, in der Nachkriegszeit, als das Land sich um nichts Sorgen machen musste.
Diese Tage sind natürlich längst vorbei. Das ist nur noch nicht ins allgemeine Bewusstsein gedrungen.
China schafft eine Atmosphäre des guten Willens und gewinnt an politischem Einfluss, indem es Geld ausgibt, keine Gewalt ausübt und bis zu einem gewissen Grad auch Arbeitsplätze schafft. Aus diesem Grund haben die Chinesen auch Gespräche über den Ankauf europäischer Staatsanleihen geführt, jetzt, wo alle europäischen Länder Probleme haben. Werfen wir einen Blick auf ihren Standpunkt: Was, wenn die Chinesen niemals das Geld zurückbekommen, das sie in griechische, portugiesische oder sonstige Anleihen gesteckt haben? Nehmen wir an, sie verlieren Geld. Aus chinesischer Sicht ist das eine billige Auslandshilfe, eine preiswerte Art, den eigenen Einfluss zu vergrößern, und ein geringer Preis für den damit verbundenen Machtzuwachs auf der internationalen Bühne. Sogar wenn das Schlimmste passiert, wenn China seine Investition verliert, wird es beim IWF und bei der Weltbank an Einfluss gewinnen. Die
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