Die Wanderapothekerin 1-6
den Kleinen, und so konnte Gräfin Griselda die ihr unangenehme Aufgabe, das Kind zu stillen, dieser überlassen.
Unter all den Menschen, die nun das Schloss bevölkerten, fühlten sich Klara und Martha mehr und mehr als Außenseiter. Da Emma mittlerweile zwei Helferinnen erhalten hatte, waren auch Klaras Dienste nicht länger vonnöten. Am dritten Abend nach der Geburt saß sie mit Martha zusammen in der kleinen Kammer am Ende des Flurs, in die man sie umquartiert hatte, weil der andere Raum gebraucht wurde, und bereitete ihr Reff für die Weiterreise vor.
»Ich habe einiges hier im Schloss verbraucht, ohne dass es mir bislang ersetzt worden ist«, sagte sie missmutig zu ihrer Freundin.
»Du musst die Mamsell darauf ansprechen und ihr die Summe nennen«, riet Martha.
Klara nickte verbissen. »Das werde ich morgen früh tun. Vielleicht können wir gleich anschließend weiterziehen. Wir haben schon zu viel Zeit verloren.«
»Herr Tobias wird gewiss auf uns warten«, versuchte Martha, sie zu beruhigen.
»Und wenn er es nicht tut und seinem Vater berichtet, wie unzuverlässig ich bin? Das kann mich die Strecke für nächstes Jahr kosten. Der Fürst kümmert sich gewiss nicht darum, wenn Just jemand anderen auf die Wanderschaft schickt!« Klara seufzte, vernahm dann Schritte vor der Tür und schaute, wer zu ihnen wollte.
Es war die Mamsell. Diese trat ein, warf einen kurzen Blick in die Kammer, in der man sich wegen des an der Wand stehenden Reffs kaum umdrehen konnte, und wandte sich dann Klara zu. »Ich soll dir den Dank Ihrer Erlaucht und auch den von Graf Ludwig für deine Hilfe aussprechen!«
»Ich freue mich, dass Martha und ich den Herrschaften helfen konnten«, sagte Klara. »Morgen würde ich gerne aufbrechen, doch ich möchte vorher die Arzneien abrechnen, die ich hier verbraucht habe.«
»Dies wird geschehen!« Die Mamsell lächelte, was Klara an ihr bislang noch nie gesehen hatte, und reichte ihr einen Beutel. »Dies ist deine Belohnung und das die deine!« Ein weiterer, etwas kleinerer Beutel wanderte zu Martha, die sofort neugierig hineinschaute und dann überrascht schnaufte.
»Ihre Erlaucht ist sehr großzügig!«
Auf diesen Ausruf hin blickte auch Klara in ihren Beutel und fand, dass die Summe darin den Preis für ihre Essenzen und Balsame bei weitem überstieg. Überrascht, aber auch dankbar sah sie die Mamsell an. »Richtet Ihrer Erlaucht bitte unseren Dank aus und unsere besten Wünsche für sie und ihren Sohn.«
»Das kannst du gleich selbst tun«, erklärte die Mamsell. »Ich soll euch nämlich zu Ihrer Erlaucht führen. Sie wünscht, sich bei euch beiden zu bedanken, denn ihr habt in unserem Schloss das Licht der Hoffnung wieder entzündet. Allerdings solltet ihr nicht lange bei Ihrer Erlaucht bleiben. Sie ist doch noch sehr schwach!«
»Es war auch nicht leicht für sie«, antwortete Klara und folgte zusammen mit Martha der Mamsell in Gräfin Griseldas Schlafgemach. Zu Klaras Erleichterung hatte diese auf ihre Perücke verzichtet und sah zwar noch ein wenig blass, aber doch weitaus kräftiger aus als noch vor ein paar Tagen.
Die Gräfin lächelte Klara entgegen und reichte ihr die Hand zum Kuss. »Ich wünsche dir und deiner Helferin eine gute Reise!«, sagte sie und nickte auch Martha zu. »Solltet ihr wieder einmal in diese Gegend kommen, seid ihr hier herzlich willkommen!«
»Euer Erlaucht ist zu gütig!«, antwortete Klara mit einem Knicks. »Ich wünsche Euch und Eurem Sohn, aber auch Graf Ludwig alles Gute!«
Die Augen der Gräfin leuchteten beim Namen des früher so verhassten Mannes auf. »Graf Ludwig ist mir eine große Stütze. Ich danke euch beiden auch dafür, dass ihr mitgeholfen habt, die Missverständnisse zwischen uns auszuräumen und ihm seine Ehre zurückzugeben!«
»Aber das war doch selbstverständlich«, erklärte Klara, vernahm dann das mahnende Hüsteln der Mamsell und verabschiedete sich.
»Zieht mit Gottes Segen«, wünschte die Gräfin ihr noch, dann verließen sie den Raum.
Draußen sah die Mamsell sie mit feierlicher Miene an. »Ihre Erlaucht und Graf Ludwig haben beschlossen, den Bund der Ehe einzugehen, so dass Graf Ludwig der Stiefvater und Vormund des jungen Grafen sein wird.« Die Frau freute sich darüber. Obwohl sie Ludwig aus tiefster Seele gehasst hatte, als es hieß, er stände hinter den Giftanschlägen auf die gräfliche Familie, so empfand sie die Art, wie er ihrer Herrin beistand, als förderlich für das Wohlbefinden der
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