Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)
froh sein durften, wenn sie nicht als Mägde für die Verwandten arbeiten mussten.
»Niemals!«, stieß sie hervor und schritt mit neu erwachter Kraft hinter Alois Schneidt her.
3.
A uf dem Weg nach Königsee wechselten Klara und ihr Onkel kaum ein Wort. Alois Schneidt legte ein scharfes Tempo vor, dem das Mädchen nur mit Mühe zu folgen vermochte. Doch sie beschwerte sich nicht, sondern biss die Zähne zusammen und schaffte es, an seiner Seite zu bleiben. Als sie die Stadt erreichten, folgten ihnen etliche neugierige Blicke. Es hatte sich herumgesprochen, dass Klara von Fürst Ludwig Friedrich die Erlaubnis erhalten hatte, als Wanderapothekerin zu gehen. Während einige Männer über Klara spotteten, hatten die meisten Frauen Mitleid mit ihr. Neben ihrem baumlangen Onkel wirkte sie so klein und zierlich, dass niemand glaubte, sie könne das mit Arzneien und Essenzen gefüllte Reff nur ein paar Schritte weit tragen.
Einige Kinder liefen Klara und ihrem Onkel nach und sangen Spottlieder. Während Alois Schneidt die Kleinen wütend anschnaubte, dass sie verschwinden sollten, tat Klara so, als hörte sie nichts. Sie atmete jedoch hörbar auf, als sie Rumold Justs Anwesen erreicht hatten und das Hoftor hinter ihnen geschlossen wurde.
Der Laborant erwartete sie bereits. Zur Feier des Tages trug er seinen schwarzen Staatsrock, einen schwarzen Dreispitz und schwarze Kniehosen. Seine Strümpfe waren rot, und seine Schuhe wiesen echte Silberschnallen auf.
Klara empfand ihn als einschüchternd und versteckte sich hinter ihrem Onkel. Die fünf anderen Wanderapotheker in Justs Diensten starrten sie so durchdringend an, als hätte sie zwei Köpfe oder vier Beine. Nun erst begriff Klara so recht, worauf sie sich eingelassen hatte. Niemand würde sie ernst nehmen, und wahrscheinlich würde man auch nichts von ihr kaufen. Dann aber war das gesamte Geld, das der Amtmann im Auftrag des Fürsten für sie gesammelt hatte, ausgegeben, und sie würden im Herbst auf die Gnade des Onkels angewiesen sein. Bei dem Gedanken straffte sie den Rücken und trat hinter Alois Schneidt hervor.
Nun nahm auch Just sie wahr und verzog das Gesicht, als hätte er Essig getrunken. Dann aber zuckte er mit den Schultern. Der Fürst hatte ihm das Mädchen aufgenötigt, und er würde es in die Welt hinausschicken müssen. Jammern half da nichts.
»Ich sehe, ihr seid alle gekommen«, begrüßte er seine Wanderapotheker.
In Klaras Ohren klang das so, als ob eine zu viel erschienen wäre, und zwar sie. Sie schob jedoch alle Zweifel beiseite und lauschte der Ansprache des Laboranten. Er ermahnte sie, stets ehrlich zu handeln, keine Wunder zu versprechen und nicht in die Belange der Herren Doctores und der ortsansässigen Apotheker einzugreifen.
»Leistet nun den Eid, dass ihr als treue Untertanen Unseres durchlauchtigsten Fürsten Ludwig Friedrich der Ehre und dem Ansehen unseres Landes Schwarzburg-Rudolstadt niemals Schaden zufügen, sondern stets danach streben werdet, die Wertschätzung für unsere Heimat, euren Laboranten und euer Gewerbe als Wanderapotheker zu vermehren. Sprecht mir nach: Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe!«
Als ihr Onkel und die anderen Wanderapotheker die Eidesformel sprachen, fiel auch Klara mit ein. Langsam wurde sie ruhiger und lauschte den Ermahnungen, die Just ihnen mit auf den Weg gab. Er warnte sie davor, die Salben, Arzneien und Essenzen durch fremde Zutaten zu verderben, weil sie dadurch nicht nur ihre Wirkung verlieren, sondern für den, der sie verwendete, sogar gefährlich werden könnten.
»Wenn so etwas geschieht, wird in dem entsprechenden Land die Erlaubnis für uns, Wanderapotheker hinzuschicken, widerrufen, und wir erleiden großen Schaden«, warnte Just. »Für den betreffenden Mann kann es Gefängnis, Folter, ja sogar Tod bedeuten, und das nicht nur in der Ferne. Die Richter Seiner Durchlaucht, Fürst Ludwig Friedrich, bestrafen jeden, der unser Gewerbe auf diese Weise in Misskredit bringt.«
Da ihr Onkel und die anderen Balsamträger bereits seit Jahren für Just auf Wanderschaft gingen, nahm Klara an, dass die Worte vor allem an sie persönlich gerichtet waren, und schwor sich, die Regeln bis in jede Einzelheit zu beherzigen. Immerhin wollte sie die Strecke ihres Vaters einmal genauso ertragreich an Albert übergeben.
»Jeder von euch kennt den Weg, den er einschlagen muss. Haltet euch an ihn und verlasst ihn nicht, weil ihr glaubt, anderswo bessere Geschäfte machen zu können. Wenn ihr versucht,
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