Die Wanderapothekerin 4: Gift (German Edition)
starb, galt er zwar als Erbe, doch sein Ruf war ruiniert, und er musste damit rechnen, selbst das Opfer eines Mordanschlags zu werden.
»Ich sehe zu, dass ich heute noch mit Klara sprechen kann«, sagte sie, nahm ihren Korb und machte sich auf den Heimweg.
Baron Ludwig sah ihr nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden war. Dann wollte er zu der Hütte hinübergehen, entschied sich nach ein paar Schritten jedoch anders und schlug die Richtung zum Schloss ein. Wenn an diesem Tag noch etwas geschah, wollte er vor Ort sein, um eingreifen zu können.
6.
M artha brachte den Korb mit den Tannenzapfen zum Wirtschaftshof und kehrte, da ihr keine weitere Arbeit aufgetragen wurde, zum Schloss zurück. Dort schlug sie den Weg durch den Park ein und stand wenig später vor dem Fenster, durch das sie am Vormittag mit Klara gesprochen hatte. Doch wie sollte sie die Freundin auf sich aufmerksam machen? Rufen ging schlecht, denn das würden die Zofe und die Mamsell hören.
Kurzentschlossen hob sie mehrere der kleinen Kiesel auf, mit denen die Parkwege bestreut waren, und warf den ersten gegen das Fenster.
Es tat sich nichts. Sie versuchte es erneut und dann noch ein drittes Mal. Als sie schon aufgeben wollte, bemerkte sie einen Schatten hinter dem Fenster. Zu ihrem Ärger war es die Zofe. Diese öffnete das Fenster und blickte zornig heraus.
»Was willst du?«
»Ich muss unbedingt mit Klara sprechen. Bitte hole sie! Es ist dringend!«, bat Martha.
Emma zögerte einen Augenblick, ging dann aber, ohne das Fenster wieder zu schließen. Daher wartete Martha und atmete erleichtert auf, als ihre Freundin erschien.
»Was ist, Martha?«, fragte Klara besorgt.
Da die Zofe hinter ihr stand, wagte Martha es nicht, von ihrer Begegnung mit Baron Ludwig von Triberg zu berichten. Mir muss etwas anderes einfallen, dachte sie verzweifelt.
»Arsen! Ihre Erlaucht könnte mit Arsen vergiftet worden sein«, rief sie. Triberg hatte ihr dieses Gift genannt, und sie hoffte, dass Klara es kennen würde.
»Arsen?« Klaras Gedanken wirbelten.
In der Kupferschmelze von Katzhütte wurde Arsen als unerwünschte Beimischung des Kupfererzes abgeschieden. Zwar ließ es sich für einige Zwecke verwenden, galt aber als gefährlich.
»Danke, Martha, ich werde darüber nachdenken!« Mehr konnte sie nicht sagen, da die Zofe das Fenster bereits wieder schloss.
»Wie kommt deine Begleiterin auf Arsen?«, fragte Emma.
»Sie hat gewiss irgendwann einmal davon gehört, und es ist ihr wieder eingefallen. Wenn ich nur mehr darüber wüsste.« Klara versuchte, sich daran zu erinnern, wie viel sie von diesem Gift wusste, wandte sich dann aber drängenderen Problemen zu.
»Wir müssen genau nachforschen, wie das Gift in die Speisen oder Getränke der Gräfin gelangt.« Noch während sie es sagte, erinnerte sie sich, dass die Arbeiter in der Kupferhütte, die mit dem Arsen in Berührung kamen, mehr als zwei Stunden lang nichts trinken durften. Es hieß, die genossene Flüssigkeit würde die Wirkung des Arsens verstärken und die Menschen auf diese Weise vergiften.
»Als Erstes wird Ihre Erlaucht bei ihren Mahlzeiten auf Wein und andere Getränke verzichten müssen«, erklärte sie.
Emma schüttelte den Kopf. »Aber das geht doch nicht! Ihre Erlaucht braucht den Wein zur Stärkung!«
»Den erhält sie auch, aber eben nicht gemeinsam mit ihren Mahlzeiten, sondern im Abstand von mindestens zwei Stunden.« Klara war bewusst, dass es ihr schwerfallen würde, sich gegen die Zofe und die Mamsell durchzusetzen. Vor allem aber bot sich beiden die beste Gelegenheit, das Gift in die Mahlzeiten einzumischen. Das war das zweite Problem, das sie lösen musste.
»Du und die Mamsell, ihr werdet die Mahlzeiten für die Gräfin nur noch gemeinsam aus der Küche holen, und ich werde mitkommen.«
Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte die Zofe aufbegehren. Dann aber senkte sie den Kopf und kämpfte gegen die Tränen an, die in ihr aufsteigen wollten. »Du glaubst, ich würde Ihre Erlaucht vergiften?«
»Ich glaube an Gottvater, den Sohn und den Heiligen Geist, amen. Was die Gräfin betrifft, muss ich jedem Verdacht nachgehen, um ihn ausschließen zu können. Da niemand von uns glaubt, dass sie von einer normalen Krankheit befallen wurde, müssen wir die Person entlarven, die sie vergiftet.«
»Aber sie wurde doch bereits vergiftet«, wandte die Zofe ein.
»Sie lebt aber noch! Das bedeutet, dass der Täter mindestens noch einmal zuschlagen muss, um
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