Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)
genauso zwischen den Beinen treffen könnte, wie Martha es beim Galljockel gemacht hatte! Aber das Wasser behinderte ihre Bewegungen, und sie verlor das Gefühl, wo oben und unten war.
Während Klara mit ihrem Onkel kämpfte, erwachte Martha aus ihrer Betäubung. Zunächst begriff sie nicht, was geschehen war. Ihr Kopf schmerzte, als würde ihn jemand mit einem Hammer bearbeiten, und ihr war so schlecht, dass sie ihr Frühstück hochwürgte. Um nicht an ihrem Erbrochenen zu ersticken, wälzte sie sich herum. Endlich konnte sie alles ausspucken, bemerkte aber gleichzeitig, dass jemand ihren Rock hochgeschlagen hatte.
Noch während sie sich darüber wunderte, vernahm sie in der Nähe Geräusche, die sich anhörten, als würde jemand wild im Wasser planschen. Sie kämpfte sich auf die Beine und sah sich um.
»Schneidt, du Schwein!«, flüsterte sie, als sie den Mann im Fluss entdeckte. Er drückte etwas unter Wasser. Das kann nur Klara sein!, durchfuhr es Martha, und sie fragte sich, wie sie der Freundin helfen konnte. Bis sie Schneidt erreicht hatte, war ihre Freundin längst ertrunken. Daher zog sie ihre Holzschuhe aus und warf mit dem ersten nach dem Mann. Zu ihrem Leidwesen verfehlte sie ihn um mehrere Ellen. Beim zweiten Mal zielte sie besser. Der Holzschuh wirbelte durch die Luft und traf Alois Schneidt an der Schulter.
Der Mann zuckte zusammen und ließ Klara im ersten Schreck los. Bevor er seine Nichte wieder packen konnte, tauchte diese aus dem Wasser auf, sog gierig die Luft in die Lungen und hieb mit beiden Fäusten gegen die verletzte Stelle an seiner Brust.
Er brüllte vor Wut und Schmerz, brachte aber nicht die Kraft auf, Klara richtig zu packen. Sofort nahm diese ihren Vorteil wahr und schlug ihm so hart gegen den Brustkorb, dass die Rippen knirschten.
Alois Schneidt holte blindlings aus, um das Mädchen niederzuschlagen, doch Klara wich ihm aus und zielte erneut auf die gebrochenen Rippen. Prompt krümmte er sich vor Schmerzen und kämpfte auf den glatten Steinen ums Gleichgewicht. Klara nutzte dies aus, trat gegen sein rechtes Schienbein und brachte ihn zu Fall. Bevor er hochkommen konnte, stürzte sie sich auf ihn und drückte ihn mit beiden Händen unter Wasser.
Als er sich nicht mehr wehrte, packte sie nacktes Entsetzen. Sie war dabei, einen Menschen zu ermorden! Dazu noch einen engen Verwandten! Ohne sich zu besinnen, zerrte sie ihren bewusstlosen Onkel hoch und schleppte ihn ans Ufer. Es fiel an dieser Stelle mehrere Fuß steil ab, und sie brauchte Hilfe, um den schweren Mann aus dem Wasser zu heben.
»Komm, bitte! Alleine schaffe ich es nicht«, rief sie Martha zu.
»Warum lässt du das Schwein nicht einfach ersaufen?«, fragte ihre Freundin voller Hass.
»Ich will keine Mörderin sein!«, antwortete Klara matt.
Das verstand Martha und griff zu, um zuerst Alois Schneidt und dann ihre kraftlose Freundin aus dem Wasser zu ziehen. »Wir sollten ihn fesseln, sonst versucht er erneut, uns umzubringen«, sagte sie.
Klara nickte, konnte jedoch nur noch an Tobias denken, der ein Stück weiter hinten lag, und kämpfte gegen die Tränen an. »Mach du das!«, bat sie ihre Freundin und ging, vor Erschöpfung wankend, zu dem Platz, an dem der junge Mann regungslos lag.
»Womit soll ich ihn fesseln?«, fragte Martha, doch Klara hörte es nicht mehr.
Nun erinnerte Martha sich an die Leine, über die sie gestolpert war. Sie holte diese und fesselte Alois Schneidt die Hände auf den Rücken. Da der Strick lang genug war, band sie dem Mann noch die Beine zusammen und ließ ihn auf dem Hochufer zurück.
Unterdessen hatte Klara Tobias erreicht. Das viele Blut, das den Boden um ihn herum färbte, ließ sie das Schlimmste befürchten. Schluchzend kniete sie neben ihm nieder und fühlte seinen Puls.
Zu ihrer Überraschung schlug dieser zwar langsam, aber stetig.
»Er lebt!«, rief sie voller Freude.
Rasch öffnete sie sein Hemd, um nach seiner Wunde zu sehen. Diese blutete noch immer, und so presste sie ein Stück Tuch aus ihrem Reff darauf, um die Blutung zu stillen. Da sie nicht wusste, wie stark die Lunge verletzt war, musterte sie seine Lippen.
Sie waren blass, und seine Atemzüge wurden nicht von einem feinen, roten Nebel begleitet, der auf einen Lungenstich hinweisen würde. Sie berührte seine Lippen mit den ihren, um zu schmecken, ob dennoch Blut austrat.
In dem Augenblick schlug Tobias die Augen auf, empfand die Berührung wie einen Kuss und legte den rechten Arm um Klara. »Für ein solches
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