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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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erleichterten Atemzug über ihr zusammen. Fast im selben Augenblick öffnete sich die Tür, und Frau Mechthild schlüpfte herein, so als hätte sie genau gewusst, wie lange ihr Ehemann brauchte.
    »Siehst du, mein Lieber. So ist es doch besser«, sagte sie lächelnd zu ihm.
    Dietmar rollte von Marie herab und blieb auf dem Rücken liegen. Sein Gesicht drückte Schuldgefühl aus, was seine Frau zum Schmunzeln brachte.
    »Gib mir einen Kuss«, forderte Mechthild ihn auf. Er tat es und war erleichtert, als sie seine Zärtlichkeiten leidenschaftlich erwiderte.
    »In ein paar Monaten werden wir die Freuden des Ehelagers wieder gemeinsam genießen können. Bis dorthin wird Marie meinen Platz einnehmen«, erklärte sie ihm, als sie wieder zu Atem gekommen war. »Aber wir werden weiterhin in den Nächten nebeneinander schlafen und miteinander reden. Jetzt, wo du dich entspannt hast und dich der Grimm auf den Keilburger nichtmehr so fest in Klauen hält, sollten wir beraten, was wir unternehmen können. Einfach die Fehde beginnen und gegen ihn zu Felde ziehen, wie es Hartmut von Treilenburg fordert, scheint mir nicht der richtige Weg zu sein.«
    Dietmar breitete hilflos die Hände aus. »Aber wir müssen etwas unternehmen. Wenn wir diesen Raubgrafen nicht aufhalten, wird er uns alle verschlucken.«
    »Natürlich müssen wir etwas gegen ihn unternehmen«, stimmte ihm seine Gemahlin mit sanfter Stimme zu. Sie schlüpfte unter die Decke und drängte Marie aus dem Bett. »Du hast mir gut gedient und kannst jetzt in deine Kammer gehen«, befahl sie ihr und wandte sich dann wieder ihrem Gemahl zu.
    Marie verließ eilig das Schlafgemach und merkte erst draußen, dass sie das Laken vergessen hatte. Obwohl sie sich genierte, nackt durch die Burg zu laufen, wagte sie es nicht, in das Schlafzimmer zurückzukehren. Sie bedeckte Brüste und Scham so gut es ging mit den Händen, rannte hastig den Gang entlang und schlüpfte aufatmend in ihr Zimmer, froh, von niemand gesehen worden zu sein.
    Sie konnte nicht wissen, dass sie doch jemand beobachtet hatte. Ein hagerer Mann, der in einer schäbigen Mönchskutte steckte, stand hinter einer leicht geöffneten Tür und spähte auf den Korridor hinaus, als müsse er aufpassen, wer dort kam oder ging. So konnte er Marie für einen Augenblick in ihrer ganzen Schönheit sehen und ihr nachblicken, bis sie in ihrem Zimmer verschwand. Als sich die Tür hinter ihr schloss, machte er eine Bewegung, als wolle er ihr folgen. Doch seine Füße blieben wie angewurzelt stehen, und seine Hände fuhren abwehrend durch die Luft, als müsse er sich selbst zur Ordnung rufen.
    Kurze Zeit lauschte er in alle Richtungen, um zu prüfen, ob die Luft rein war. Dann lief er auf Zehenspitzen durch den Gang zum Schlafgemach des Burgherrn, legte sein Ohr gegen das Holz und behielt gleichzeitig den Korridor im Auge. Sein erwartungsvollgespanntes Gesicht verzog sich mehr und mehr zu einer enttäuschten Grimasse, so als bekäme er nicht genug mit oder hörte Dinge, die ihm nicht gefielen.

IV.
    D a Marie sich nur für einen Mann bereithalten musste, hatte sie viel Zeit, sich umzusehen, zuzuhören und nachzudenken. Oft beschäftigte sie sich mit dem Verhältnis zwischen der Burgherrin und dem Ritter. Sie fand es erstaunlich, welche Macht Frau Mechthild über ihren Gemahl besaß. Wie groß der Einfluss der Dame war, wurde ihr jedoch erst bewusst, als sie sich hinter dem Geländer der Treppe versteckte, die in den Rittersaal hinabführte, und eines der Gespräche Ritter Dietmars mit seinen Verbündeten belauschte. Dort verwendete er nämlich genau die Worte, die Frau Mechthild ihm am Abend zuvor in den Mund gelegt hatte.
    Als Marie ihr Erstaunen bei Hiltrud äußerte, lachte die Freundin sie aus. »Die Herrin ist, wie wir beide wissen, sehr klug und mindestens ebenso energisch. Da ist es kein Wunder, dass Ritter Dietmar so viel auf ihren Rat gibt.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, wie sie ihm eine andere Frau ins Bett legen und ihn dennoch wie ein Pferd am Zügel führen kann. Die Priester sagen doch immer, das Weib müsse dem Manne untertan sein und ihm gehorchen. Das bekommt ein Bürgermädchen schon beigegebracht, ehe es laufen lernt.«
    Hiltrud winkte ab. »Du solltest die Dinge nehmen, wie sie sind, und nicht in fremder Leute Lebensgewohnheiten herumschnüffeln. Ich glaube, du hast einfach zu viel freie Zeit. Frag Guda, ob sie nicht eine Beschäftigung für dich hat, denn wenn du weiterhin tatenlos hier herumsitzt, musst du

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