Die Wanderhure
das Gesicht. »Genau deshalb bin ich gegen dieses Bündnis. Wenn wir uns Friedrich anschließen, machen wir uns zu unbedeutenden Vasallen, die auf jeden Wink des hohen Herrn springen müssen. Wir müssten mit ihm in Kriege ziehen, die uns selbst nichts angehen, und unsere eigenen Ländereien monatelang von jedem wehrfähigen Mann entblößen. Nein, Freunde, wir haben keine andere Wahl, als uns aus eigener Kraft zu behaupten. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ein Bündnis aller noch unabhängigen Ritter und Burgherren den Keilburger nicht in die Schranken weisen und seinem Landhunger ein für alle Mal ein Ende setzen könnte.«
»Du sprichst mir aus der Seele«, stimmte Hartmut von Treilenburg dem Bürggener zu. »Warum sollten wir unser Haupt vor Habsburg oder Württemberg beugen? Selbst ist der Mann, sage ich. Ich denke, es dürfte uns nicht schwer fallen, einen Bund gegen Konrad von Keilburg zustande zu bringen. Schließlich hat er viele von uns erzürnt, wie zum Beispiel den Abt von St. Ottilien. Der Keilburger hat ihn eben erst um den Steinwald gebracht, den Gottfried von Dreieichen dem Kloster verschrieben hat, damit man dort für sein Seelenheil beten sollte. Als Abt Adalwig den Keilburger aufforderte, den versprochenen Forst herzugeben, wurde er mit Hohn und Spott zurückgewiesen. Andere sagen, der Keilburger hätte ihn sogar bedroht.«
Ritter Dietmar stützte den Kopf in beide Hände. »Wenn Graf Konrad den Abt von St. Ottilien einschüchtert, sieht es schlecht für mich aus. Schließlich ist Adalwig der Bürge meines Vertrags mit meinem Onkel Otmar.«
Hartmut von Treilenburg nickte ihm aufmunternd zu. »Mach dir um Adalwig keine Sorgen. Er steht felsenfest zu uns, auch wenn es zur Fehde mit dem Keilburger kommt.«
Ritter Dietmar winkte müde ab. »Das hilft uns auch nicht weiter. Wenn Abt Adalwig uns mit bewaffneten Dienstmannen zu Hilfe kommen könnte oder reich genug wäre, Söldner anzuwerben, wäre mir wohler. Doch mit seinen siebzig Klosterbrüdern wird er keine große Unterstützung sein, wenn es zum Kampf kommt.«
»Deswegen sollten wir uns an Herzog Friedrich halten«, wiederholte Degenhard von Steinzell.
Rumold von Bürggen schlug auf den Tisch. »Eher schließen wir uns Eberhard von Württemberg an. Der ist zwar bei weitem nicht so mächtig wie Herzog Friedrich, aber einige seiner Vasallen weiter oben im Norden sind Nachbarn des Keilburgers geworden. Graf Eberhard muss Acht geben, dass Graf Konrad ihn nicht überflügelt. Den Ehrgeiz dazu hat der Keilburger, wie man nicht erst seit der Sache mit Bodo von Zenggen weiß, denn er hat die Fehde mit ihm schamlos ausgenützt, um sich das Land des Zenggeners und dessen Burg anzueignen. Das hätte er sich nicht getraut, wenn Bodo sich nicht kurz vorher mit dem Württemberger überworfen hätte.«
»Meiner Meinung nach reden wir zu viel«, bellte Hartmut von Treilenburg dazwischen. »Sind wir denn Männer oder Klageweiber? Jeder unserer Reisigen zählt im Kampf für zwei oder drei der Soldknechte, die der Keilburger angeworben hat.«
Ritter Dietmar hob beschwichtigend die Hand. »Ich bin gegen einen offenen Kampf. Er kostet uns nur gute Männer, die im Frieden unsere Felder bestellen, während Graf Konrad seine gekauften Soldaten jederzeit ersetzen kann. Außerdem braucht erjenen, die im Kampf fallen, keinen Sold zu zahlen, während sie ihm jetzt die Haare vom Kopf fressen. Solange wir uns an das Gesetz halten und ihm keinen Anlass geben, von sich aus die Fehde zu erklären, schadet ihm das mehr, als wenn wir seine und unsere Leute einander abschlachten lassen.«
»Bist du gegen den Kampf, Dietmar, oder ist es eher deine Gemahlin?«, fragte Rumold von Bürggen mit unverhohlenem Spott.
»Wir wissen ja, dass Frau Mechthild einen klugen Kopf auf den Schultern hat. Das Kriegführen sollte sie jedoch lieber uns Männern überlassen.«
Dietmars Gesicht lief bei diesen Worten dunkelrot an. Er sprang auf und funkelte den Bürggener böse an. »Das ist zu viel! Ich lasse mich keinen Feigling und Weibermann schimpfen.«
»Dann benimm dich nicht so«, antwortete Rumold ungerührt. Degenhard von Steinzell machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Was soll der dumme Streit? Wenn ihr euch entzweit, helft ihr dem Keilburger nur, uns fertig zu machen. Wir müssen zusammenhalten, merkt euch das!«
Dietmar von Arnstein ballte die Fäuste und ließ sich schwer auf seinen Stuhl zurücksinken. »Ich lasse mich keinen Feigling nennen.«
Rumold von Bürggen
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