Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
Vom Netzwerk:
murmelte Alfanger.
    »Er ist mein ganzer Stolz. Seine Kraft ist groß für sein Alter genauso wie sein Herz.«
    »Ich sehe ihn zu einem guten Häuptling heranwachsen«, bestätigte Alfanger.
    Für eine Weile schwiegen beide, bis Galsinger seufzte.
    »Das Mädchen Ainwa wird in meiner Hütte aufwachsen, als wäre sie meine Tochter. Solange ich der Häuptling der Ata bin, wird keiner von uns seinem Schicksal überlassen.«
    Alfanger brummte zustimmend.
    »Auf gewisse Weise sehen sie wirklich aus wie Geschwister.«
     
    »Gorman.« Ich stöhnte. »Gorman!«
    Ich erkannte zwei schemenhafte Gestalten über mir.
    »Ihr Bein ist verletzt«, sagte eine angenehme Stimme.
    »Es scheint nichts Ernstes zu sein. Die Wunden in ihrem Geist sind die, um die ich mich sorge«, meinte eine tiefere, ernstere.
    »Sie wird hilflos sein, wenn der Dämon zurückkehrt. Wieso ist er nicht mit der Morgendämmerung verschwunden, so wie bisher?«
    »Etwas hat sich verändert und nicht zum Guten. Sieh dir das an.«
    »Ein Elchenband! Heißt das etwa …«
    »Es ist noch frisch.«
    »Du meinst …«
    »Schnell! Ich muss den Zauber unterbrechen … Hier, das wird das Band dämpfen, für eine Weile zumindest. Ein mächtiger Zauber wie dieser lässt sich nicht ewig binden.«
    »Kauket! Sieh! Ihr Arm, der andere Arm!«
    »Es ist so weit. Sie verwandelt sich«, flüsterte Kauket finster.
    Ich stöhnte. Ein brennender Schmerz explodierte auf der Unterseite meines Handgelenks. Für einen Augenblick fühlte es sich an, als würde mein Arm in hellen Flammen stehen. Ich wand mich vor Schmerz, dann verebbte das Brennen wieder so schnell, wie es gekommen war.
    Im Wald ertönte ein tiefer, dröhnender Schrei.
    »Gorman«, murmelte ich.
    »Was war das?«
    »Hm«, brummte Kauket. »Das ist nicht gut, überhaupt nicht. Und? Welcher ist es, Nephtys? Wer beschützt sie?«
    »Ich bin nicht sicher.« Jemand ergriff meine Hand. »Sieh!«
    »Das kann nicht sein«, flüsterte Kauket.
    Für eine Weile herrschte Stille.
    »Er nähert sich. Wir müssen verschwinden.«
    »Sag es ihr, Nephtys«, murmelte Kauket.
    »Hör mir zu, Wanife der Ata!« Nephtys’ Stimme, direkt neben meinem Ohr. Sanft und doch eindringlich.
    »Brenne, brenne Erlenholz – blühe weißes Knabenkraut – wachse Pilz, Gewächs der Nacht – teile, teile Wasserfall. Bring mich ins Wanifenhaus.«
    Ein leichter Lufthauch fuhr mir übers Gesicht, dann umfing mich wieder die Dunkelheit der Bewusstlosigkeit.

Kapitel 3
    Der Streuner
     
     
     
    K alt …
    Ich blinzelte.
    Über mir breiteten sich die Äste einer mächtigen Fichte aus. Zwischen den Zweigen hindurch fiel dunstiges Morgenlicht auf mein Gesicht.
    Wo war ich?
    Ich versuchte, Arme und Beine zu bewegen. Meine Finger- und Zehenspitzen fühlten sich taub an vor Kälte, doch es funktionierte.
    Alles an mir war durchnässt.
    Ich stöhnte und setzte mich auf.
    Warum war ich hier?
    Ich versuchte, mich zu erinnern. Über mir stieß ein Eichelhäher einen lauten Warnschrei aus und flog davon. Goldhähnchen und Laubsänger trällerten ihre Lieder. Ich hob meinen linken Arm und besah mir die verschlungenen, blutverkrusteten Linien an der Unterseite.
    »Elchenband«, stieß ich hervor.
    Elchenband …
    Alfanger, Blutmond, Uruku, Kelpi, Gorman …
    Es war kein Albtraum gewesen. Alfanger hatte mich in den Wald geschickt, um die Urukus zu suchen. Gorman war mir gefolgt. Er hatte versucht, mich vor dem Kelpi zu retten und …
    Ich krümmte mich, als mich die Erinnerung übermannte. Gorman hatte sich verändert, war zu einer Art Mischwesen aus Kelpi und Mensch geworden.
    Ich spürte ein leichtes Brennen auf der Innenseite meines anderen Arms. Verwirrt hob ich die Hand.
    Unmittelbar unter meinem schmutzverkrusteten Handgelenk war ein schwarzes Mal auf meiner Haut erschienen. Ich war mir völlig sicher, dass es früher nicht dagewesen war. Nein, so etwas wäre mir bestimmt aufgefallen. Ich betrachtete es genauer.
    »Was ist das?«, flüsterte ich und berührte das Zeichen mit einem Finger. Es fühlte sich wärmer an als der Rest meiner Haut.
    Irgendetwas an der Form der Linien nahm meinen Blick gefangen. Es erinnerte mich an einen fliegenden Vogel …
    Ich seufzte und ließ meinen Arm sinken.
    Unter all den Dingen, die vergangene Nacht passiert waren, war das noch das Harmloseste.
    Ich wusste immer noch nicht, wo ich war. Nachdem Gorman verschwunden war, hatte ich mich wer weiß wie lang durch den Wald geschleppt, ohne auf die Richtung zu achten.
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher