Die Wanifen
zumindest mein Plan, bevor er aufkreuzte.«
»Was hat der Erlkönig von dir verlangt?«, fragte ich.
»Verlangt?« Die Frage schien Jewas zu amüsieren. »Eigentlich hat er mir nur gegeben, solange ich ihm dabei half, dich hierher zu locken.«
»Wo ist er dann?«, rief ich. »Wieso zeigt er sich nicht?«
»Immer mit der Ruhe, Wildfang«, meinte Jewas kichernd und erhob erneut den Zeigefinger. Vorhin hatte ich das Bedürfnis, Gmund zu schlagen. Nun, diesem Kerl hätte ich noch viel lieber das Grinsen aus dem Gesicht geprügelt.
»Zunächst befahl mir der Erlkönig, die Ata anzugreifen. Das Einzige, was er damit erreichen wollte, war, deine Aufmerksamkeit zu erregen, also musste es möglichst dramatisch wirken. Als kleines Dankeschön hätte ich die Herrschaft über dieses läppische Dorf behalten dürfen. Zugegeben, das hast du mit deiner plumpen Aktion ein wenig … verzögert.« Seine freundliche Fassade bröckelte.
»Auf jeden Fall wusste der Erlkönig, du würdest deine Leute nicht leiden lassen und Hals über Kopf dein Versteck verlassen. Es war ihm klar, dass du beschützt wurdest. Du hattest einen mächtigen Wanifen zum Meister und da war auch noch dieser äußerst mysteriöse Jüngling, der sich nie sehr weit von dir entfernte … Ich weiß nicht wie, aber er sorgte dafür, dass zuerst dein Meister und später du und der Wieselmann hierhergekommen seid, an diesen«, er machte eine weit ausschweifende Handbewegung, »äußerst ungewöhnlichen Ort. Dein Meister kam, weil er dachte, du wärst in Gefahr, und du kamst, weil du dachtest, er wäre in Gefahr.« Jewas klatschte in die Hände. »Der Erlkönig scheint dich gut zu kennen.«
»Wieso hat er nicht nur mich gerufen? Was will er von Rainelf und Kauket?«
Jewas lächelte und musterte seine spitzen Fingernägel.
»Liegt das nicht auf der Hand? Er wollte sie hier in Kämpfe verwickeln, damit er dich ganz ungestört für sich haben kann … dort oben am See.«
»Heißt das«, mir wich das Blut aus dem Gesicht. »Heißt das, Gorman wartet dort auf mich?«
»Schlaues Mädchen«, sagte Jewas. »Gmunds und Gerlas Auftrag war es, deinen hübschen Freund auszuschalten, was die beiden mittlerweile vermutlich erledigt haben.
Ich sollte hier auf deinen mächtigen Lehrer mit dem fremdartigen Seelengeist warten. Du wolltest doch wissen, was der Erlkönig mir als Belohnung angeboten hat. Ihn. Seine außergewöhnliche Kreatur besser gesagt. Dich sollen wir ungestört passieren lassen.«
Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus.
»Du bist nicht mal halb so gut wie Kauket.«
Jewas’ Lächeln gefror zu Eis. »Nun, ich sehe das ein klein wenig anders. Vielleicht wirst du bald verstehen, warum.«
Seine Selbstsicherheit gefiel mir nicht.
»Wo ist Kauket?«
»Oh, er ist ganz in unserer Nähe«, meinte Jewas grinsend. »Er ist nur … beschäftigt.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
Jewas neigte den Kopf zur Seite, als würde er lauschen.
»Gar nichts, meine Liebe. Er kam kurz vor dem Wieselmann an. Allerdings erwarteten ihn einige, kleine Überraschungen in der Anderwelt. Ein paar meiner Freunde werden ihn dort so lange aufhalten, wie ich es will. Und sollte er es doch schaffen zurückzuwandeln, wird es nur dort geschehen.« Jewas drehte sich um und wies auf den bewaldeten Hang, hinter dem der kleine See lag. »Dort wird der Erlkönig seinen Spaß mit ihm haben.«
Mir war elend zumute. Das hieß also, während wir hier sprachen, kämpfte nicht nur Rainelf um sein Leben, sondern auch Kauket.
»Ich verstehe es nicht. Warum erzählst du mir das alles? Du solltest mich doch zu Gorman durchlassen.«
Jewas lächelte und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Weil ich den Plan geändert habe, Ainwa. Der Grund, warum ich überhaupt in dieses gottverlassene Land kam, warst von Anfang an du.« Jewas funkelte mich aus glasigen Augen an und leckte sich über die Lippen. »Denn, wenn mein feines Gespür mich nicht trügt, dann ist der mächtige Seelengeist, den du besitzt, kein geringerer als der große Ata.«
»Du hast den Verstand verloren«, rief ich.
»Sieh es, wie du willst«, meinte Jewas lauernd. »Aber ich bin nicht gekommen, um deinen Meister zu töten, sondern dich. Aber es wird noch besser, keine Sorge. Sobald ich dir den allmächtigen Ata gestohlen habe, kümmere ich mich um deinen Freund, den Erlkönig. Ich denke, selbst er wird es gegen Atas ungestüme Wildheit schwer haben. Und diese finstere Geisterkraft, die ihn durchdringt, die werd ich
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