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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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die Wanife der Abira.«
    Das Lächeln auf Jewas’ Miene verbreiterte sich um eine Spur. »Es gibt keinen Grund mich anzulügen. Ich weiß ganz genau, wer du bist, Ainwa.«
    »Woher?«, stammelte ich überrascht.
    Jewas seufzte. »Ich bin schon sehr lange auf der Suche nach dir.« Er stützte sich mit beiden Händen auf seinen Stab und beugte sich vor. »Aber deinen Namen hat mir der Erlkönig verraten.« Jewas suchte meine Miene nach einer Reaktion auf seine Worte ab. Ich versuchte, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Dieser Wanife war Gorman begegnet und stand unversehrt vor mir? Das ließ nur zwei Möglichkeiten zu: Entweder hatte Jewas Gorman besiegt, was ich nicht glaubte, oder Gorman hatte ihn nicht angegriffen.
    »Faszinierende Kreatur, dieser Erlkönig, nicht wahr?«, fragte Jewas. »Vielleicht sogar faszinierender als du.« Sein Blick saugte sich an meinem rechten Arm fest, wo der Ärmel des Urukufellmantels mein Handgelenk verbarg. Mein Herzschlag beschleunigte sich.
    »Aber wem erzähle ich das?«, meinte Jewas mit einem leisen Lachen. »Ich bin mir sicher, du weißt mehr über den Erlkönig als ich, nicht wahr?«
    Ich starrte ihm schweigend entgegen.
    Jewas blickte zum Himmel und fuhr sich gedankenverloren mit der Zunge über die Lippen.
    »Er fand mich eines Nachts, als ich nach einem Freund suchte, der schon ins Seenland vorausgereist war. Nicht Geist und nicht Mensch und unglaublich mächtig. Natürlich war ich nicht so dumm, ihn herauszufordern. Ich habe mit der Zeit eine seltsame Sucht nach dem Leben entwickelt.«
    Er lachte über seinen Scherz, obwohl ich ihn eher gruselig fand. Im Gegensatz zu seiner volltönenden Stimme klang Jewas’ Lachen unangenehm hoch.
    »Der Erlkönig stellte mich vor eine Wahl. Entweder würde er mich auf der Stelle töten – nun ja, ich war schlau genug, nicht auf dieses Angebot einzugehen.« Jewas lachte erneut. »Oder«, er fixierte mich wieder mit seinen hervorquellenden Augen. »Oder ich würde ihm bei der Verwirklichung seines Plans helfen, wofür er mich sogar belohnen würde.«
    »Und was für ein Plan war das?«
    »Du bist neugierig, das kann ich sehr gut verstehen«, meinte Jewas amüsiert. »Wenn mich jemand dirigiert hätte wie einen Geist im Duell, würde ich es auch wissen wollen.«
    »Du hältst dich wohl für diesen Jemand?«, fragte ich herausfordernd. Je länger dieses Gespräch dauerte, desto weniger konnte ich Jewas leiden.
    »O ja«, erwiderte er unschuldig. »Weißt du, für mich ist es eine ganz natürliche Sache, andere Leute zu lenken. Das war es, was mich interessant für den Erlkönig machte. Als er mich traf, war ich gerade auf der Suche nach dir. Ich hatte bereits die Tráuna unter meine Herrschaft gebracht – ein Kinderspiel, sag ich dir. Diese einfältigen Kinder, Gmund und Gerla, begriffen sehr schnell, dass sie mir nicht gewachsen waren. Sie entschieden sich klugerweise für ein Leben als meine Diener. Mein netter, kleiner Zauber bewirkt, dass sie jedem meiner Befehle gehorchen.«
    Jewas schnippte mit den Fingern und stieß sein weibisches Lachen aus.
    »Du hast sie all diese Dinge tun lassen«, flüsterte ich. Ich wusste nun wieder, wo ich Jewas schon einmal gesehen hatte – im Traum, durch Gormans Augen. Er hatte ihn dabei beobachtet, wie er denselben Zauber an Gmund und Gerla gewirkt hatte wie der Kelpi an Rainelf.
    »Selbstverständlich. Und wenn ich ihrer überdrüssig geworden bin, hole ich mir ihre Geister. Die beiden sind zwar recht einfallsreich, wenn es um rohe Gewalt geht, aber ihnen fehlt jegliche …«, er suchte nach dem richtigen Wort, »ja … Klasse. Ohne mich wären sie bis an ihr Lebensende die unbedeutenden, kleinen Wanifen geblieben, die sie waren. Ich hingegen habe sie zu etwas Besonderem erhoben, nicht ganz uneigennützig versteht sich. Ich brauchte Diener wie sie, jemanden, der dieses Land kennt. Ursprünglich wollte ich das Seenland ja nur durchqueren, aber dann fühlte ich plötzlich ein feines Beben in der Geisterwelt. Auf meinen Reisen habe ich gelernt, so etwas als das Erwachen eines sehr mächtigen Wanifen zu deuten.«
    Er streckte seinen langen Zeigefinger aus und wies augenzwinkernd auf mich, als wäre ich ein ungezogenes Kind, das er auf frischer Tat ertappt hatte.
    »Schon seit langer Zeit streife ich durch die Welt und sammle das, was mich mächtiger macht. Deshalb beschloss ich, diesen Wanifen zu finden. Sein Geist sollte das Prunkstück meiner Sammlung werden … Nun, das war

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