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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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wie niedergeschlagen und leer ich mich fühlte. Aber in all der Leere hatten wir zumindest einander.
    Rainelf war es gelungen, nicht nur sein, sondern auch das Leben von Alfanger zu retten. Ich fragte mich, wie er es geschafft hatte, gegen die schiere Übermacht der Zwillinge zu bestehen und war fest entschlossen, ihn eines Tages danach zu fragen. Für mich war er der wahre Held und ich vermutete, für ihn war dieser Tag wie eine zweite Geburt. Er begleitete den verletzten Alfanger zurück nach Ataheim, während Nephtys und ich Kauket ins Wanifenhaus brachten. Wir hoben auf dem Gräberfeld in der Nähe des Kraftplatzes ein Grab für Kauket aus und ich erzählte Nephtys, wie mutig Kauket gewesen war, wie er Gorman ohne seinen Geist die Stirn geboten hatte, nachdem er sich zuvor stundenlang in der Geisterwelt gegen Jewas’ Kreaturen behauptet hatte.
    Sie hörte mir zu, ohne etwas zu sagen. Als wir ihn begraben hatten, sang sie ein Lied für ihren Bruder in einer Sprache, die ich nicht kannte. Nach einer Weile stimmte ich mit ein und versuchte mitzusingen, so gut ich eben konnte, ohne die Worte der Urukus zu kennen.
    Für ein paar Wochen blieb ich mit ihr im Wanifenhaus, das für mich seit Kaukets Tod zu einem einsamen und geisterhaften Ort geworden war. Mir wurde klar, dass wir hier nicht ewig bleiben konnten, wollten wir jemals unseren Schmerz überwinden und neu anfangen. Erst nach langem Hin und Her gelang es mir, Nephtys zu überzeugen, mit mir nach Ataheim zu kommen. Wir mussten vorsichtig sein. Nephtys durfte nur Kleidung und Werkzeuge mit sich nehmen, die den Ata nicht zu fremd erscheinen würden. Ich war schließlich Expertin darin, wie wenig oft reichte, um zur Außenseiterin erklärt zu werden. So ließen wir die Hütten der Urukus mit all ihren Wunderdingen zurück und verließen das Wanifenhaus.
    Nephtys trug Lederkleidung und einen Fellmantel, genau wie ich. Wäre ihre Haut nicht dunkler gewesen, hätte man sie leicht für eine Ata halten können.
    Die Leute beäugten uns misstrauisch, als wir uns dem Dorf näherten, begegneten uns aber weniger feindselig, als ich erwartet hatte.
    Ich war überrascht, dass es Weyref war, der sich uns als Erster näherte. Seine blonde Lockenmähne hatte man abgeschnitten. Er trug drei kurze Zöpfe im Nacken und eine Tätowierung auf seiner rechten Schläfe. Es dauerte eine Weile, ehe ich begriff, dass er nun der Häuptling der Ata war. Mein Ziehvater hatte ihn nach seinem mutigen Widerstand gegen die Tráuna zu seinem Nachfolger ernannt.
    »Die hast du verloren«, erklärte Weyref und drückte mir zwei lange Pfeile in die Hand.
    Ich musterte sie eine Weile verwirrt, doch dann erinnerte ich mich. Es waren die beiden Pfeile, die ich vom Rücken des Wisents auf die Tráuna abgeschossen hatte. Irgendwie musste Weyref herausgefunden haben, dass ich der maskierte Angreifer gewesen war.
    Er schenkte mir einen kleinen Anflug eines Lächelns, das mich schmerzhaft an Kaukets Möchtegernlächeln erinnerte. Ich wusste, dass es das Nächste zu einem »Danke« war, was ich je von Weyref bekommen würde, und erwiderte sein Lächeln.
    Ich stellte ihnen Nephtys als eine Halla vor, die ihre Leute bei einem Angriff der Tráuna verloren hatte. Die Halla waren ein Volk, das in den entlegenen Tälern im Süden lebte. Kein Ata würde sich je die Mühe machen, die Geschichte nachzuprüfen.
    Die Menschen betrachteten Nephtys ein wenig befangen und ich konnte die Unsicherheit sehen, die sich auf ihrer Miene ausbreitete.
    Schließlich war es Andra, die sich an Weyref vorbeischob und das Wort ergriff. »Leihst du mir deinen Speer?«
    Nephtys streckte zögernd den Arm aus und reichte ihn ihr. Andra wog den Speer abwägend in der Hand und nickte anerkennend.
    »Es ist der beste Speer, den ich je gesehen habe«, meinte sie ruhig. »Ich würde mich geehrt fühlen, wenn du mit uns jagst.«
    Nephtys lächelte schüchtern und ich spürte eine Welle der Dankbarkeit für Andra in mir emporsteigen.
    Was Rainelf anbelangte, so blieb er nie lange genug im Dorf, um von den anderen Ata gesehen zu werden. Streng genommen war er zwar ein Ata, aber sein winterweißes Haar würde ihn wohl zu fremd erscheinen lassen, für Menschen, die sich erst langsam wieder an ein Leben in einer Welt mit Wanifen gewöhnten.
    Manchmal, in der Nacht, wenn ich allein vor Alfangers Hütte saß und auf den gefrorenen See hinausblickte, saß er plötzlich neben mir und leistete mir schweigend Gesellschaft. Ich wusste nicht, wo er schlief,

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