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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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hervorstehenden, grünen Augen waren auf einen Jungen und ein Mädchen gerichtet, die vor ihm knieten. Die beiden mussten etwa in meinem Alter sein und hatten genauso schwarzes Haar wie ich. Der dünne Mann tauchte seinen spinnenbeinartigen Zeigefinger in eine Schale mit Blut und malte damit einen roten Strich auf die Stirn des Mädchens, und dann einen auf die Stirn des Jungen.
    »Mein Wille ist euer Wille«, wisperte er.
    Ein anderes Mal sah ich den dünnen Mann wieder. Er musterte mich mit einer Mischung aus Angst und Faszination. »Was bist du?«, fragte er, dann verschwamm das Bild wieder.
    Endlich fiel ich nach dem anstrengenden Geisterringen in einen tiefen Schlaf …
     
    Lautlos wie ein Schatten rauschte ich durch den Nebel, bis ich die Umrisse des fremden Dorfes auftauchen sah, mittlerweile fast so vertraut wie die Hütten Ataheims.
    Schwach vor sich hinglimmende Herdfeuer leuchteten wie winzige Funken zu mir herauf. Diesmal hielt ich nicht am Waldrand an wie bisher, sondern rauschte schnell wie der Wind den Hang hinab. Auf dem Hauptsteg angekommen, verharrte ich. Der stechende Geruch von Rauch stieg mir in die Nase. Meine Hand strich spielerisch über die hölzernen Pfähle, die das Seitengeländer des Stegs bildeten. Wie zerbrechlich hier alles wirkte. Ich zweifelte nicht daran, dass ich dieses Dorf in Schutt und Asche legen konnte, wenn ich wollte, aber das würde warten müssen. Auch wenn mein Verlangen mich beinahe um den Verstand brachte – ich musste geduldig bleiben …
    Mit langsamen Schritten spazierte ich über den Steg, geradeso als wäre ich einer ihrer Leute. Dieses Volk hatte wohl – genauso wie die Ata – lange Zeit keinen Krieg mehr erlebt. Niemand bewachte das Dorf, während seine Bewohner seelenruhig in ihren Hütten schlummerten. Der Gedanke zauberte ein Grinsen auf mein Gesicht. Damit würde es bald vorbei sein …
    Ich wusste, wo sie schlief. Sie war die Einzige in diesem Dorf, die ihre Hütte allein bewohnte, der wohlbehütete Stern ihres Volkes, aber gleichzeitig auch zu andersartig, um ständig in ihrer Nähe zu leben. Ich verwandelte mich in einen Schatten und glitt lautlos zwischen den Stämmen hindurch, aus denen ihre Hütte gebaut war.
    Die intensive Wärme eines Herdfeuers schlug mir entgegen und ließ die Haut auf meinem Oberkörper erröten.
    Langsam trat ich an ihr Lager. Es war sehr mühselig, meine Bewegungen zu beherrschen, mich nicht einfach auf sie zu stürzen, sie in Stücke zu reißen.
    Sie lag auf einem dichten Wisentfell ganz in der Nähe der Feuerstelle. Ihr seidiges Haar floss wie ein roter Wasserfall von ihrem Kopf. Bis zur Hüfte hatte sie ihren Körper mit einem Bärenfell zugedeckt. Ich stieß ein tiefes Knurren aus, als ich bemerkte, dass sie sonst nichts am Körper trug.
    Ein rosiger Schimmer lag auf ihren Wangen. Ihre Miene wirkte entspannt – ich erkannte sogar ein kleines Lächeln auf ihren Lippen. Süße Träume … Ich grinste. Es wurde Zeit, sie etwas interessanter zu machen.
    Lautlos ließ ich mich neben ihr auf dem Wisentfell nieder und beugte mich dicht über sie. Wie zerbrechlich. Wie hilflos. Mein Gesicht war jetzt so nahe an ihrer Haut, dass ich die Wärme ihres Körpers spüren konnte. Ich sog den süßen Duft ihrer Brüste ein. Mein Blick fiel auf ihre makellose Kehle. Wie gern ich sie ihr durchgebissen hätte, während sie machtlos in meinen Armen lag.
    Mein Körper stand in Flammen. »Was für ein Geschenk du doch bist …« Ich stöhnte und legte meine glühende Hand auf ihre Hüfte, drückte sie so sanft wie möglich mit dem Rücken an meine Brust. So weich … Ich musste vorsichtig mit meinen Kräften sein. Ihre Muskeln spannten sich unter meiner Berührung an und die feinen Härchen auf ihrem Nacken richteten sich auf, als mein Atem auf ihre Haut traf.
    »Hör auf meine Worte«, murmelte ich mit dröhnender Stimme in ihr Ohr. »Gib dich meiner Stimme hin!« Meine Hand strich über ihren Bauch, schlüpfte unter das Bärenfell und legte sich auf die Innenseite ihres Oberschenkels. »Entspann dich«, befahl ich mit eindringlicher Stimme. »Sink in die tiefsten Tiefen des Schlafs.« Jede Anspannung wich von ihrem Körper. Wie eine schlaffe Puppe sank sie in meine Arme. »Jaaaa«, hauchte ich und berührte ihr Ohr mit der Zunge. »Hör mir zu, Sternenmädchen. Ich habe lange genug auf dich gewartet. Der Erlkönig ruft dich in sein Zauberreich. Beim halben Mond wart ich auf dich, wo die alte Rotbuche steht – und wir werden für

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