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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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Kauket zu. »Kann ich lernen, die Bewegungen des Perchts genauso zu dirigieren, wie du es mit Sphincos machst?«
    »Was glaubst du, warum wir hier sind?«
    »… damit ich es lerne?«
    Er lächelte.
    »Gut, was soll ich tun?«
    »Die Grundidee ist einfach. Stell dir vor, du wärst er. Sei dein Geist. Nütze das Band, das euch verbindet und leite ihn … lass ihn fühlen, was er tun soll.«
    Ich runzelte die Stirn und blickte zu dem Percht hinüber, der mich aus seinen gelben Augen anfunkelte.
    Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, in seiner riesigen Gestalt zu stecken, unglaublich stark, schnell, dickköpfig …
    Ich öffnete die Lider und neigte den Kopf leicht auf die Seite. Verblüfft sah ich, wie der Percht sein gehörntes Haupt auf die gleiche Seite neigte.
    »Gut, Ainwa, weiter so«, flüsterte Kauket.
    Ich hatte nicht erwartet, wie großartig es sich anfühlen würde. Es war fast so, als würde plötzlich ich selbst über die großartigen Fähigkeiten des Perchts verfügen.
    Ich öffnete meinen Mund und fixierte Kauket.
    Im selben Augenblick riss der Percht sein Maul auf und brüllte Kauket an. Ich grinste, der Percht auch.
    »Mach keinen Unfug«, tadelte Kauket.
    Ich verbiss mir mein Grinsen und ging leicht in die Knie, so wie ich es zuvor bei Kauket gesehen hatte, dann streckte ich meine Beine durch, als wollte ich mich abstoßen. Der Percht katapultierte sich mit einem mächtigen Sprung in die Luft und landete kurz darauf wieder an derselben Stelle im Moos.
    »Das ist unglaublich!«
    »Nimm dir ruhig Zeit«, meinte Kauket und hob beschwichtigend die Hände. »Probier ein paar Sachen aus. Je flüssiger deine Bewegungen, je klarer deine Gedanken, desto besser wird es funktionieren.«
    Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. Ich beugte mich leicht nach vorn. Sofort schoss der Percht los und begann, auf den Rand des Zwiefelds zuzulaufen. Kurz bevor er ihn erreichte, lehnte ich mich ein wenig zurück, und ließ ihn dadurch anhalten. Ich streckte meine Hand aus und auch der Percht streckte seine Pranke aus. Kein Widerstand … Der Percht verließ den Kraftplatz ohne das geringste Problem.
    Ich wandte mich fragend an Kauket.
    »Die Barriere existiert nur für uns, die Geister können sie passieren.«
    Ich wandte mich wieder dem Percht zu und senkte den Kopf, als wäre ich ein angreifender Wisentbulle. Der Percht senkte sein gehörntes Haupt und rannte mit unglaublicher Geschwindigkeit auf eine einsame Fichte am Rand des Kraftplatzes zu.
    Der Aufprall war ohrenbetäubend. Der Stamm der Fichte zerbarst in viele kleine Holzsplitter, wo der Percht ihn mit seinen Steinbockhörnern gerammt hatte. Der Baum neigte sich knarrend zur Seite und stürzte mit lautem Krachen zu Boden.
    »Wahnsinn«, flüsterte ich.
    »Seine Kraft ist seine größte Stärke«, kommentierte Kauket.
    Ich betrachtete den Percht mit leuchtenden Augen. Mir fiel plötzlich ein, wie er mich gerade eben noch mit den Zapfen beworfen hatte. Ein fieses Grinsen breitete sich in mir aus. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und machte eine elegante Pirouette. Der Percht fuhr herum und fauchte mich zornig an.
    Mein Grinsen wurde eine Spur breiter.
    »Was tust du da?«, fuhr Kauket mich an. »Bist du noch bei Sinnen?«
    »Ich …«
    »Hast du alles vergessen, was ich dir beigebracht habe?«
    »Nein, aber …«
    »Dein Geist bestimmt selbst, ob er deinen Vorgaben folgt oder nicht. Du darfst ihn niemals, niemals respektlos behandeln, sonst wird er dir im Ernstfall nicht vertrauen.«
    »Ha! Als ob er mich mit Respekt behandeln würde.«
    Kauket warf mir einen strengen Blick zu.
    Ich wandte mich seufzend dem Percht zu.
    »In Ordnung. Es tut mir leid. Ich werde nie wieder versuchen, dich tanzen zu lassen.«
    Das Einzige, was ich zur Antwort bekam, war eine dunkelrote Zunge.
    »Gut. In der nächsten Übung sollst du einfach nur versuchen, Sphincos auszuweichen, noch nicht angreifen, verstanden?«
    Ich nickte. Auf eine leichte Handbewegung hin schnellte Sphincos in die Luft und stürzte mit angelegten Schwingen auf den Percht herab.
    Mit einem erschrockenen Keuchen machte ich eine rollende Bewegung mit den Händen. Der Percht rollte sich tollpatschig zur Seite – an diesem Manöver mussten wir wohl noch arbeiten – und entging so haarscharf Sphincos’ Klauen.
    Kauket gönnte uns keine Pause. Sphincos fuhr herum, ihr riesiges Maul schnappte nach dem Bein des taumelnden Perchts.
    Ich ließ ihn gerade noch rechtzeitig über Sphincos

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