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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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rechtmäßigen und um seinen erblichen Herrn. So hatte er Kummer. Aber Liebeskummer hatte er keinen. O Rünzelchen!
    Man kann ihm dazu gratulieren, dem Rünzelchen. An seinem Konflikt waren die Eingeweide nicht beteiligt, mit ihren erniedrigenden Zuständen. Auch schlossen die Tatsachen, welche in diese Lage ihn geschoben hatten, jedweden Selbstvorwurf aus. Das Ganze war über ihn gekommen, und auch gebührend empfangen worden. Die auf sein Haupt gefallene Frucht von Blei bestand rein darin, daß er den Ernst der Lage erkannte, ja, er, Chwostik, vielleicht als erster überhaupt. Denn Milo’s Bericht war wie eine leichte Randnotiz gegeben worden, und halb amüsiert, und nur, um den Pēpi beiläufig zu orientieren darüber, was da gespielt werde.
    So befand sich Chwostik durchaus im Vollbesitze der eigenen Person und Situation, was eine schäbige und schleimige Traurigkeit ja niemals aufkommen läßt. Als den Wald die Kraft verließ gegenüber dem andringenden Berge und seinem herabgelangten Kalkschotter, als die Bäume erst einzelweise und dann wie in Front vom steilen Pfade zurücktraten, empfing er den gewaltigen Sonnenglast und einen von den hochgestemmten Wänden herabspringenden Wind mit vollem Genusse, als ein richtiges In’s-Freie-Treten, hinweg über die klar erkannte Lage, wie man über einen Zaun oder eine Stufe steigt, was beides man dabei ja unter sich läßt.
    Eben um diese Zeit hatte – im verwichenen Sommer erst – in dieser Gegend der sogenannten ,Peilsteine‘ ein gewaltiger Bergsturz stattgefunden, wobei der eine jener Felstürme, in der Mitte und bis zum Fuße gespalten, auf die Schutthalden am Gewände herabgedonnert war. Nun stand der halbe Zahn tiefrot wie Dolomitkalk, ein leuchtender Eckturm vor dem enzianblauen Himmel, gerade dort, wo die Flanke des Bergs sich in’s Steirische hinüber wendet. Unsere drei Touristen blieben zwischen den Legföhren stehen und sahen hinauf. Hier war es das strichzarte Piepen von Bergdohlen, die eben noch über den Köpfen schatteten, nun schon entschwanden, was die Stille unterstrich. Der Berg sprach nicht mehr und schwieg jetzt vielleicht ein Jahrhundert lang hinter seinem letzten dröhnenden Worte, das allen rackernden Runzeln auf ihren steilen Äckern links und rechts vom Tale die Köpfe mit einem Ruck ihm zugewandt hatte.
    Vom Felsbruche herab zog sich ein Strom roter Trümmer. Sie kamen weit rechts davon an die Wände, welche jetzt, aus der Nähe gesehen, in vielfache Runsen und Schluchten sich aufgelöst zeigten, durch deren eine sie unter Führung Chwostik’s nach oben gelangten, ohne viel Handanlegens und schwindlige Stellen. Auch war ein Drahtseil zum Halten im Fels verankert. Beim Ausstieg betraten sie den Mattenboden der bergigen Hochfläche und sahen ein paar hundert Schritte entfernt das große Schutzhaus mitten in Schneefeldern liegen. Der Wind sprang frisch entgegen.
    A m gleichen Tage, eine Stunde nach eingenommenem Lunch, die er in seinem Zimmer am Sofa verbracht hatte, ritt Donald vom Parktore rechts weg (links ging es nach Chifflington), durch den schmalen Wald auf der Höhe, und dann den Weg hinab, an dessen Wendungen ihm der Flußlauf im Tal entgegenblitzte. Unten angelangt, und bald über die Brücke reitend, ließ er das Pferd in den Schritt fallen. Das war eine Gepflogenheit der Gegend. Niemand ritt im Trabe über die Brücke, und niemand hätte zu sagen vermocht, warum eigentlich nicht. Vielleicht wegen des Lärms. Die Brücke war von Holz und schwang sich als ein Joch über den Fluß, in der Mitte ein wenig erhoben. Das Wasser zog still und glatt darunter durch, sein Spiegel lag vielfach in fast gleicher Höhe wie die Wiesen links und rechts, das Flußbett war nur wenig eingesenkt. Gras grenzte unmittelbar an Wasser. Auf dem Hügelrücken der anderen Seite ritt Donald einen bequemen kurzen Galopp. Dann die Zone der Stille. Dann Pompe-House. Der Alte konnte noch immer recht eilfertig sich bewegen, mit dem Strohwisch in der Hand, den seine Frau ihm reichte. Diese war unverändert. Man hätte es denken können, daß sie alles und jedes überhaupt um Jahrhunderte überlebte. Donald blickte um sich, fragte das und jenes, ging durch die Zimmer und sah nach dem Rechten, wie man zu sagen pflegt.
    Natürlich suchte er etwas ganz anderes, nämlich heraus zu kriegen, was ihm eigentlich seit seiner Ankunft in Brindley-Hall von Wien her nachhing. Daß er kein leidenschaftlicher Denker ist, wissen wir schon. Bei den meisten Menschen reicht zur

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