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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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verschwunden schien. Wie das in bezug auf die Runzel sich verhielt, hat schon Milo richtig erkannt. Aber Robert war keine Runzel. Solche hatte man übrigens im letzten Dorf unten bei einem kurzen Halte einige gesehen, und Clayton, auf seine Art, stellte dabei gleich den Zusammenhang mit ,Old-Pēpi‘ her, ähnlich etwa wie zwischen Broubek und dem Hausmeister in Pompe-House, mit der alten Cricket-Mütze. Jene Runzeln bildeten alle zusammen eine Art Wurzelwerk, die sogenannte Bevölkerung. Diese verübte ihre Wild-Diebereien mit unfehlbar sitzender Kugel, kroch, wenn es sein mußte, auf schmalen Felsbändern über Abgründen, fürchtete sich vor rein garnichts, verdiente ihren Lebensunterhalt durch entsetzliches Rackern auf steilen Leiten und entwickelte im noch steileren Hochwald beim Holzschlag Kräfte, die einem unbefangenen Zuschauer die Grausbirnen aufsteigen ließen. Robert hatte im Dorfe nur wenige Runzeln und im Vorbeifahren viele steile Äcker gesehen. Aber ihm genügte das schon. Er entnahm daraus einiges. Er war keine Runzel. Sondern ein sehniger und langhaxiger Sohn jener von uns allen geliebten und hochgeehrten Insel, deren schlacksige Kinder eine großangelegte und kühne Neugier offenen Auges in alle Welt getragen haben (die sie ganz nebenhin dabei eroberten), sei’s in Afrika oder auf dem Matterhorn, wo sie auch als die ersten oben gewesen sind.
    Robert hatte kein einziges graues Haar (an Donald’s Schläfen konnten solche damals schon reichlich gesehen werden). Munter schritt er aus. Bei Chwostik war’s ganz offenkundig, daß er durch seine Leichtigkeit gefördert wurde, die Kontraktheit, die Dürre. Monica ihrerseits hatte in der Schweiz Bergwanderungen gemacht. Sie war nicht ungeübt. Das Trio schien gut. Sie paßten zusammen. Der Wald wurde steiler, ja, ganz steil. Zwischen den Stämmen lagen viele graue Steinbrocken, von oben hereingeschossen, nicht nur herabgekollert. Sie hörten die Quelle plätschern bei der Hütte, hart an der Waldgrenze.
    So wurde die Stille hörbar, in die man geraten war, zwei Stunden nach Passieren der Industrie-Bezirke um Wiener-Neustadt. Viel Aussicht war nicht von hier. Doch ließ an einer Stelle das Zurücktreten mächtiger Fichten sehen, wie hoch man schon gestiegen war. Fast alle Waldkuppen lagen niedriger, und in den Sonnenschleiern wie moosig. Es ging gegen Mittag. Sie waren nicht allzu früh von Wien losgefahren. Um acht erst hatte Clayton den Knopf neben Monica’s olivgrüner Wohnungstüre gedrückt.
    In diesem Augenblicke aber, beim Ertönen der Klingel, war die Lage für Chwostik erst ganz offenbar geworden. „Kommen Sie mit, Herr Chwostik, wir gehen beide hinauf!“ (So Robert, im Wagen noch, als sie in der Auhofstraße vorfuhren.) Dann stieg er rasch vor ihm die Treppen, und nahm zwei Stufen auf einmal. Damit wußte nun Chwostik, was von Milo im Garten der Villa Clayton nur gespürt oder geahnt worden war, allerdings nicht ohne es Chwostik dann zu erzählen, am Sonntag, der auf das Gartenfest folgte. Am Montag war Robert Clayton’s Brief nach England diktiert worden. Chwostik hatte ja das Schreiben in der Kanzlei liegen gesehen. So wichtig war nun, seiner Ansicht nach, die Oberaufsicht Donald’s in Chifflington beim gegebenen Anlasse nicht. Es gab dort einen Werkmeister, den Donald beim jüngst erfolgten Aufstellen der gleichen Maschinen hier gehabt und eingewiesen hatte. Jedoch, nicht Kombinationen lassen etwas wirklich sichtbar werden, in’s Gesicht springen, sondern nur Tatsachen und Sinnes-Eindrücke: in diesem Falle das rasche Hinaufgehen Robert Clayton’s über die Treppen in der Auhofstraße, zwei Stufen auf einmal nehmend.
    Damit fiel dem Pēpi vom aufgeschossenen Bäumchen seiner Erkenntnis eine Frucht von Blei auf den Kopf.
    Nachdem ihm vor kurzem erst ein Stern auf die Knie gefallen war.
    Diesen festzuhalten und also richtig nach ihm zu greifen, war unserem Chwostik gänzlich ferne gewesen, wie wir sahen. Aber nun, da er in aller Stille vorweg genommen hatte, worum es hier eigentlich gehen wollte, beschlich ihn das Gefühl einer begangenen Untreue gegen seine Chefs; gegen beide. Wir aber kommen bei solchen Gefühlen Chwostik’s dahinter, daß wir, in der Zeit von 1910 uns herumtreibend, durchaus historisch gewordene Empfindungsweisen schildern. Es ging diesem Pēpi gar nicht um das Weib. Die war vorbei und wurde geehrt, war ein Stern oder eine Göttin; es ging ihm nur um die beiden Männer, beinah möchten wir sagen: um seinen

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